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Potsdam, 19.12.2023, Lokales, Brandenburger Straße, Brandenburger Strasse, Weihnachtsmarkt Blauer Lichterglanz, Symbolfoto, Genrebild, Menschen, Besucher, Foto: Ottmar Winter PNN ACHTUNG: Foto ist ausschließlich für redaktionelle Berichterstattung der PNN und des TGSP! Eine kommerzielle Nutzung, z.B. Werbung, ist ausgeschlossen. Die Weitergabe an nicht autorisierte Dritte, insbesondere eine weitergehende Vermarktung über Bilddatenbanken, ist unzulässig.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Bürger können sich beteiligen: Neues Marktkonzept soll Potsdamer Weihnachtsmarkt-Zoff schlichten

Mehr als 90 Potsdamer Gewerbetreibende, Anwohner und Akteure diskutierten am Sonntag über den „Blauen Lichterglanz“. Gemeinsam soll ein neues Konzept erarbeitet werden.

Der Andrang beim Krisengespräch über den Potsdamer Weihnachtsmarkt war so groß, dass Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) spontan vom Potsdam Lab in einen Konferenzraum lud. Und trotzdem reichten die 90 Stühle nicht. Einzelhändler und Gewerbetreibende aus der Brandenburger Straße und den Nebenstraßen waren am Sonntagvormittag gekommen, Anwohnerinnen und Schausteller sowie Stadtverwaltung und Weihnachtsmarktveranstalter, die AG Innenstadt und die Eventfirma Coex.

Sie wollten ihre Kritik zum „Blauen Lichterglanz“ loswerden und sich austauschen – eine Reaktion auf Julia de la Chevalleries Unterschriftenliste, auf der mittlerweile mehr als 290 ansässige Ladeninhaber, aber auch Ärzte, Künstlerinnen, Handwerker, Kneiper und Dienstleisterinnen unterzeichnet haben. Das Treffen ist der Auftakt für ein Marktkonzept, das gemeinsam erarbeitet werden soll.

Oberbürgermeister Mike Schubert lädt zu einem Gespräch in den Konferenzraum.
Oberbürgermeister Mike Schubert lädt zu einem Gespräch in den Konferenzraum.

© Andreas Klaer

Kritik an AG Innenstadt und Stadt

Neben den bekannten acht Forderungen, unter anderem nach einer öffentlichen Ausschreibung, einem modernen Lichtkonzept und einem barrierefreien Weihnachtsmarkt auf Marktplätzen ohne zugestellte Schaufenster und „Fresskonkurrenz“, appellierte Cafébetreiberin Julia de la Chevallerie für „eine echte Repräsentanz, die uns informiert und unsere Interessen vertritt“, wie ein Citymanager oder „eine echte Innenstadtvertretung“.

Sie sagte: „Es ist eine verfahrene Situation. Nicht nur, weil die AG Innenstadt uns nicht mehr vertritt, sondern vor allem, weil die Stadt die Verantwortung abgegeben hat.“ Sie forderte Transparenz zu Mitgliederstruktur und Förderung der AG Innenstadt sowie Coex’ Marge.

Julia de la Chevallerie, Initiatorin der Unterschriftenliste.
Julia de la Chevallerie, Initiatorin der Unterschriftenliste.

© Andreas Klaer

Kooperative Veranstalter

Seit 1998 veranstaltet die Cottbuser Eventfirma Coex im Auftrag der AG Innenstadt den „Blauen Lichterglanz“. Für die Jahre 2024 und 2025 hat die AG Innenstadt bereits die Genehmigung der Stadt, den „Blauen Lichterglanz“ zu veranstalten. Jährlich muss Coex die Flächensondernutzungsgenehmigung für Umsetzung bei der Stadt beantragen.

Im Dialog mit Eberhard Heieck (links), Coex-Chef und Gastgeber OB Mike Schubert.
Im Dialog mit Eberhard Heieck (links), Coex-Chef und Gastgeber OB Mike Schubert.

© Andreas Klaer

Beide Veranstalter zeigten sich kooperativ. „Wir können über die Ausgestaltung selbstverständlich konstruktiv reden und Alternativen erarbeiten“, so Götz Friederich, Vorsitzender der AG Innenstadt, solange sie technisch und rechtlich realisierbar seien. Er warb für einen Kriterienkatalog, der bereits 2024 herangezogen werden könnte. Technische Hürden, etwa zur Beleuchtung des Holländischen Viertels oder der Betonfüße im Stadtbild, versuchte Coex-Chef Eberhard Heieck zu erklären. Mike Schubert gab zu bedenken: Ohne Weihnachtsmarkt, keine Sonntagsöffnungszeiten. „Wenn Sie auf den Alten Markt gehen, freuen sich die Bahnhofpassagen“, so Schubert weiter.

Kritiker und Fürsprecher

Das Publikum sparte nicht an Kritik, auch an Heiecks rauem Umgangston der vergangenen Jahre, der sich wiederum dafür entschuldigte. Anwohnerin Carolin Stabe berichtete, wie sie seit sieben Jahren mit Coex um jeden Zentimeter argumentiere, um die Buden vor dem Haus- und zugleich Notausgang für 100 Anwohner zu verschieben. „Es ist wirklich gefährlich“, sagte sie. Als Inhaberin von „Belmundo“ in der Jägerstraße kritisierte sie die fehlende Beleuchtung, die die Ansässigen einst mitfinanziert hatten. Nun sei der Weg vom Parkhaus, das die Weihnachtsmarktgäste nutzen, dunkel.

Der Weihnachtsmarkt sei ein Besäufnis und eine Fressmeile, der Zugang in die Dortustraße mit Karussell, Lkw und zwei Buden zugestellt, kritisierte Karin Krüger, Inhaberin von „Kinderkram“. „Wir möchten Sichtachsen in unsere Straße.“ Jahrelang sei sie auf die Veranstalter zugegangen, ohne Erfolg. Mehrfach wurden fehlende Zugänge und dunkle Nebenstraßen, Umsatzeinbußen sowie das blaue Lichtkonzept kritisiert.

Mehr als 90 Potsdamer Gewerbetreibende, Anwohner und Akteure diskutierten am Sonntag.
Mehr als 90 Potsdamer Gewerbetreibende, Anwohner und Akteure diskutierten am Sonntag.

© Andreas Klaer

Es fanden sich aber auch Fürsprechende, wie Jörg Meyer, Mitglied im Vorstand der AG Innenstadt und Budenbetreiber sowie Josefin Großer vom Juwelier Ulrich Braune in der Brandenburger. „Die Innenstadt ist zum Weihnachtsmarkt gut belebt. Das bringt uns auch Kunden“, sagte Großer. Genau das zweifelten etliche an. Die meisten kämen für Essen, Trinken und Rummel und nicht für den Cafébesuch oder um einen 150-Euro-Pulli zu kaufen, so Julia de la Chevallerie. Lieber wolle man Touristen locken, die auch wegen der Innenstadt, die Parks und Museen kommen.

Workshops für Marktkonzeption

Nach knapp einer Stunde Diskussion machte Mike Schubert den Vorschlag, gemeinsam eine Marktkonzeption zu erarbeiten, „unabhängig davon, ob wir gemeinsam entscheiden, dass wir ausschreiben oder wir für die kommenden Jahre einen anderen Weg finden“. In zwei dreistündigen Workshops können bis zu 40 Interessierte mit Claudia Nicolai vom Hasso-Plattner-Institut mittels der Design-Thinking-Methode Konzept, Gestaltung sowie Fragen zur Verortung, Ver- und Entdichtung sowie einzelne Elemente erarbeiten und Alternativen mitdenken. Die Ergebnisse werden allen Interessierten anschließend vorgestellt und gemeinsam diskutiert. Nach den Winterferien solle die erste Session im Potsdam Lab starten. Bisher haben knapp 50 Anwesende Interesse bekundet.

Bei der Marktkonzeption solle niemand ausgeschlossen werden, sagte Schubert. So sind auch die AG Innenstadt und Coex willkommen. Julia de la Chevallerie will sich beteiligen, ebenso Anwohnerin Carolin Stabe und Joe Probst vom Lausitzer Schaustellerverband. 20 bis 25 Schausteller seines Verbandes, darunter auch Potsdamer wie Stefan Köpke aus Alt Drewitz, beteiligen sich mit ein oder zwei Ständen am „Blauen Lichterglanz“. Weihnachten sei für die Schausteller das Hauptgeschäft, doch auch Julia de la Chevallerie gab er in manchen Punkten recht.

Der Austausch endete friedlich und konstruktiv. Götz Friederich hoffe für 2024 und 2025 auf einen Konsens in der inhaltlichen Ausgestaltung. Er sagte: „2026 kann jeder hier im Raum einen Antrag auf Durchführung des Weihnachtsmarktes in der Innenstadt stellen.“

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