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Ukrainische Flüchtlinge, die zur Zeit in der Metropolishalle Potsdam untergebracht sind, erzählen, wie sie Weihnachten verleben werden. V.r.: Vira Korniienko, Ruslana Hrabar und Yelyzaveta Pivtoratska.

© Andreas Klaer,PNN,Tsp / Andreas Klaer

An Weihnachten in der Notunterkunft: Wie feiern ukrainische Geflüchtete in Potsdam das Fest?

Das ukrainische Weihnachtsfest unterscheidet sich stark vom deutschen, doch dieses Jahr müssen viele Menschen auf ihre Traditionen verzichten.

Rote Vorhänge, Schneeflocken aus Papier und ein hell erleuchteter Tannenbaum: Im Foyer der Metropolishalle, die als Notunterkunft für ukrainische Geflüchtete dient, gibt es trotz der kühlen Umgebung ein paar Anzeichen für das bevorstehende Weihnachtsfest. Die Schneeflocken an den Fenstern hat Vira Korniienko zusammen mit den Kindern der Unterkunft gebastelt: „Ich habe eine kleine Bastelgruppe hier geleitet, alle haben mitgemacht“, sagt die 69-jährige Ukrainerin, die aus einem Ort nahe Odessa stammt.

Sie lebt seit vier Monaten zusammen mit ihrem Bruder in einer der 20 bis 24 Quadratmeter großen Parzellen, die in der Halle aufgestellt wurden. 85 Menschen leben hier, 16 davon Kinder. Eigentlich möchte Korniienko so bald wie möglich wieder nach Hause, doch gerade ist die Lage in ihrem Heimatort sehr schwierig: „Es gab einmal drei Tage lang keinen Strom und es ist sehr kalt in den Wohnungen. Aber die Leute sind trotzdem optimistisch.“

Gefeiert wird erst im Januar

Den 24. und 25. Dezember werden sie und die anderen Geflüchteten in der Halle ganz normal verbringen: In der Ukraine gilt für kirchliche Feiertage der julianische Kalender, daher wird Weihnachten erst am 6. und 7. Januar gefeiert. „Wir werden versuchen uns gegenseitig wenigstens ein paar kleine Geschenke zu machen und ein bisschen fröhlich zu sein“, sagt Korniienko. „Wir sind in der Unterkunft schon fast wie eine Familie.“

Die 45-jährige Rouslana Hrabar aus Charkiw erzählt, wie der sechste Januar in ihrer Region normalerweise gefeiert wird: „Wenn die ersten Sterne am Himmel stehen, setzt sich die ganze Familie zum Essen an den Tisch.“ Dann werden nacheinander zwölf Fastengerichte aufgetragen, alle ohne Fleisch. Außerdem wird Kutja gegessen, eine Süßspeise, die unter anderem aus Mehl, Nüssen, Honig, Äpfeln und Mohn besteht.

Hrabar lebt zusammen mit ihrem 17-jährigen Sohn bereits seit sechs Monaten in der Metropolishalle. „Leider können wir hier nicht selber kochen, es gibt nur ein Catering“, sagt sie. Das wird am 25. Dezember immerhin ein Weihnachtsessen mit Ente, Klößen und Rotkohl servieren. Hrabar und ihr Sohn werden an diesem Tag aber nicht da sein: „Wir wurden von einer deutschen Familie zum Weihnachtsessen eingeladen.“

„Väterchen Frost“ kommt an Silvester

In der Westukraine sehen die Traditionen nochmal etwas anders aus, als im Osten des Landes: Auch hier werden am 6. Januar zwölf Gerichte serviert, aber: „Nach jedem davon wird ein Lied gesungen“, sagt die 69-jährige Nadiia Babii aus Iwano-Frankiwsk, die seit Ende April in der Metropolishalle lebt. „Zwölf Mahlzeiten und zwölf Lieder – das kann die ganze Nacht bis zum Morgen dauern.“ Auf diese Weise kann sie dieses Jahr nicht feiern: „Nicht alle hier kennen die Lieder“, so Babii. „Wir schauen mal, wie es wird.“

Die klassische Weihnachts-Ente oder -Gans wird in der Ukraine eher am 31. Januar gegessen: „Das Neujahr wird bei uns größer gefeiert als Weihnachten, da gibt es auch mehr Geschenke“, sagt Hrabar. Am 31. Dezember kommt auch der Weihnachtsmann, der in der Ukraine „Väterchen Frost“ heißt. Weihnachten hingegen wird eher ein Fest der Besinnung: „Wir werden an unsere Liebsten in der Ukraine denken und über all jene trauern, die schon gefallen sind“, sagt Korniienko.

Große Dankbarkeit

Trotz der schwierigen Umstände: Sie und die anderen sind sehr dankbar, in der Metropolishalle sein zu können. „Es herrscht ein gutes Verhältnis hier, es ist sehr sauber und man kümmert sich um uns“, sagt Babii. „Alle Menschen haben uns mit großer Wärme aufgenommen“, sagt auch Hrabar.

Mittlerweile ist die Metropolishalle etwas ruhiger geworden, viele Familien und unbegleitete Kinder wurden in anderen Unterkünften untergebracht (siehe Kasten). Doch vor einem Monat waren noch viele von ihnen hier, weshalb die Erwachsenen den Kindern zum Nikolaus eine große Bescherung organisiert und Geschenke verteilt haben. „Als wir die Kinder gefragt haben, was sie sich zu Weihnachten wünschen, haben alle das Gleiche gesagt: Wir möchten Frieden und zurück nach Hause“, sagt Babii.

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