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Mandy Thiel feiert Weihnachten im Kinderheim „Heimatstern“ in Potsdam.

© Andreas Klaer

Heiligabend im Potsdamer Kinderheim: Ein Fest mit der Ersatzfamilie

Mandy Thiele verbringt im Potsdamer Kinderheim „Heimatstern“ Heiligabend mit einem Siebenjährigen, der nicht nach Hause kann. Abends kommen noch drei Kinder dazu.

Gleich ihr erstes Weihnachten im neuen Job verbringt die Erzieherin Mandy Thiel aus Werder (Havel) nicht zu Hause bei ihren eigenen beiden Kindern, sondern im DRK-Kinderheim „Heimatstern“ in Potsdam. Freiwillig und sehr gerne, wie sie betont. Denn ihr eigenes Fest wird diesmal ohnehin auf den ersten Feiertag verschoben und so kann sie sich ganz dem einen Jungen widmen, der Heiligabend nicht bei seiner Mutter feiern wird.

27 Kinder leben im „Heimatstern“, das jüngste ist dreieinhalb Jahre alt, die ältesten sind in der Jugendwohngruppe untergebracht. 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, neben Erzieherinnen auch Azubis, Bürokräfte und Hauswirtschafterinnen, kümmern sich darum, dass es allen gut geht.

Als Sportassistentin die Arbeit mit Kindern für sich entdeckt

In einer der drei Regelgruppen arbeitet seit Februar dieses Jahres auch Mandy Thiel. „Ich bin da reingewachsen“, sagt die 35-Jährige. In ihrem früheren Job als Sportassistentin habe sie die Arbeit mit Kindern für sich entdeckt und sich dann für eine Ausbildung als Erzieherin entschieden. Ihre beiden eigenen Kinder sind mittlerweile elf und 15 Jahre alt.

In ihrer Gruppe, die sie gemeinsam mit sechs anderen Erzieherinnen, einem Praktikanten und einem Azubi betreut, sind neun Schützlinge im Alter von sieben bis 16 Jahren. Sie alle werden den Weihnachtsabend bei ihren Familien verbringen, weshalb in der Einrichtung auch schon am Freitag vorgefeiert wurde.

Mir kamen natürlich die Tränen, als ich hörte, dass ein Kind alleine hier zu Weihnachten sitzt.

Mandy Thiel, Erzieherin im DRK-Kinderheim „Heimatstern“

Nach Bowling und einem gemeinsamen Burger-Essen im Restaurant gab es eine Bescherung auch hier im familiären Rahmen mit weihnachtlicher Deko, Lichtern und Musik. „Jedes Kind durfte sich um 52 Euro etwas aussuchen“, sagt die Erzieherin. „Sie wissen also, was sie bekommen. Da sind aber wirklich auch große Wünsche dabei.“ Bei manchen waren sogar zwei Geschenke für das Geld drin, verrät sie.

Nur ein Kind bleibt über Weihnachten im Heim

An Heiligabend feiert dann die letzte der drei Gruppen am Vormittag noch ihre Weihnachtsfeier, die restlichen Kinder verlassen das Haus. „Die Aufregung wegen Weihnachten ist groß, auch weil sie nach Hause gehen“, berichtet Mandy Thiel. Nur ein Kind bleibt zurück, ein siebenjähriger Junge aus einer anderen Gruppe. Sein Besuch bei der Familie klappt in diesem Jahr zu Weihnachten einfach nicht.

„Mir kamen natürlich die Tränen, als ich hörte, dass ein Kind alleine hier zu Weihnachten sitzt“, sagt die Erzieherin. Da sie aber ab 14 Uhr Dienst hat, möchte sie es ihm möglichst schön machen. „Er fragt schon jeden Tag, wie oft er noch schlafen muss“, erzählt sie. Lange habe sie überlegt, was sie Besonderes mit ihm unternehmen könnte, doch vieles sei am 24. Dezember geschlossen. Nun soll es entweder ein Besuch im Weihnachtszirkus oder ein entspannter Kinobesuch des aktuellen Films „Wonka“ werden.

Am frühen Abend werden dann voraussichtlich drei Kinder von ihren Familien in die Einrichtung zurückkehren – darunter auch eines aus ihrer Gruppe –, dann gibt es einen entspannten Weihnachtsabend im Haus. „Ich möchte die Kinder komplett entscheiden lassen, es soll ein gemütlicher Abend werden“, sagt die Erzieherin. Sie denkt an Brettspiele, vielleicht ein bisschen Zeit an der Playstation. Jedes Kind bekommt einen bunten Teller mit Keksen und Süßigkeiten, Orangen und Nüssen. Weihnachtsmusik wird laufen und möglicherweise gibt es noch einmal einen Film.

Weihnachten zu Hause findet am nächsten Tag statt

„Ich mache es sehr gerne, freue mich schon darauf, mit den Kindern zusammen zu sein“, sagt Mandy Thiel, die das Heim inzwischen als eine zweite Familie betrachtet. Ihr eigener Sohn verbringt Heiligabend beim Vater, ihre Tochter wird bei der Oma sein. Und so findet zu Hause Weihnachten dieses Jahr erst am 25. Dezember statt.

„In der Früh stehen dann schon die Geschenke vor dem Baum und den ganzen Tag ist Weihnachten“, sagt die Erzieherin. Zum Essen gibt es Entenbrust mit Grünkohl und Kartoffelklößen, es werden Spiele gespielt, Glühwein und Kinderpunsch getrunken, Musik gehört und vielleicht auch gesungen – gemeinsam mit dem besten Freund, der sonst allein wäre.

Damit, dass noch Kinder überraschend von ihren Familien zurückkommen, rechnet sie nicht. Der „Heimatstern“ ist keine therapeutische Einrichtung. „Wir haben nicht solche Fälle, die einen noch zu Hause beschäftigen“, sagt Mandy Thiel. Es seien eher freudige Momente, die sie mitnehme, etwa dass sie unlängst gemeinsam beim Eislaufen Spaß hatten. Da habe sie sich gedacht, dass sie so etwas auch mit ihren eigenen Kindern wieder einmal machen könnte.

Auch die Elternarbeit funktioniere wirklich gut. Die meisten Kinder gingen jedes zweite Wochenende nach Hause. Weihnachten sei natürlich eine besondere Situation, weil oft auch andere Verwandtschaft dazu komme und viele Kinder erst am Ende der Ferien zurückkämen. Generell ist Mandy Thiel aber optimistisch: „Die Kinder sind hier und zu Hause glücklich“, sagt sie.

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