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Kanzler Olaf Scholz verspricht eine neue industrielle Revolution beim SPD-Debattenkonvent, aber die Partei fragt sich, wie das finanziert werden soll.

© Foto: Imago/Chris Emil Janssen

Umstrittene Schuldenbremse: Die SPD-Basis fordert die FDP heraus – damit Scholz nicht vom Seil fällt

Nur mit Mühe kann die SPD-Spitze eine Abstimmung über die Schuldenbremse verhindern. Der Kanzler muss klären, wie die „Industrie-Revolution“ finanziert werden soll.

Ein Kommentar von Georg Ismar

Ja, sie hält noch die Geschlossenheit in der SPD. Wie ein Artist ist Olaf Scholz bisher über das Seil seiner Ampel-Koalition balanciert, manchmal war es ganz schön wacklig. Aber immer wurde irgendwie noch Geld aufgetrieben für die nächste Entlastungsmaßnahme der Koalition.

Doch wie lange kann er noch die Gegensätze in seiner Koalition in Finanzierungsfragen austarieren, in Zeiten, in denen Stromerzeuger dank der Krise gewaltige Gewinne einfahren und wohlhabende Bürger dank ihrer Vermögen von der Energiekrise kaum etwas spüren? Der Kanzler hat zugleich eine neue industrielle Revolution versprochen.

Der SPD-Debattenkonvent vom Wochenende war da ein wichtiger Seismograph: Es wird nicht ruhiger werden für den Kanzler. Scholz gibt sich zunächst sichtlich zufrieden mit seiner China-Reise, schöpft Hoffnung, dass Präsident Xi Jinping rechtzeitig zum G20-Gipfel in Bali Wladimir Putin zum Verzicht auf die nukleare Option in der Ukraine bewegen kann.

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Hoffentlich ist das kein schlechtes Omen. Nach seiner Moskau-Reise dachte er auch, dass sich ein Krieg gegen die Ukraine verhindern lässt, gut eine Woche später ging der los. Doch es ist SPD-Chef Lars Klingbeil, der Scholz zwar für die China-Reise lobt, aber deutlich formuliert, dass rote Linien für chinesische Beteiligungen in Deutschland zu definieren sind.

Viele Diskussionen, wenig Streit: Der Debattenkonvent der SPD im Vollgutlager in Berlin.
Viele Diskussionen, wenig Streit: Der Debattenkonvent der SPD im Vollgutlager in Berlin.

© Foto: Kay Nietfeld/dpa

Es ist zudem gut, dass die Partei sich auf alte Ursprünge besinnt und mit der Regierung eine Arbeitsteilung sucht: Der Kanzler kümmert sich um die Krise, die Partei um die Zukunft. In den Vorjahren lag der Fokus zu oft auf immer neuen Sozialleistungen statt auf Ideen, wie der Wohlstand künftig denn erwirtschaftet werden solle.

Die Sorge vor einer Deindustrialisierung

Nun geht es um die Frage, wie eine Deindustrialisierung durch die hohen Gaspreise verhindert und parallel der klimagerechte Umbau mit grünem Wasserstoff als künftigem Schmierstoff für die Industrieproduktion gestemmt werden kann. Diese Fragen kann die Kanzlerpartei bisher jedoch nicht beantworten. Sie weiß nicht, wie diese „Transformation“ konkret aussehen soll.

Wahrscheinlich stimmt der Befund von SPD-Chef Lars Klingbeil, dass es ohne einen stärkeren Staat nicht gehen kann. Doch für eine Mobilisierung von weiteren, noch gewaltigeren Milliardensummen für den Umbau der Industrie, die bisher 20 Prozent zur Wirtschaftsleistung beiträgt, gibt es bisher keinen klaren Plan und Konsens in der Koalition.

Die Jusos wollen das „goldene Kalb“ schlachten

Aber hier braucht es Planungssicherheit, sehr schnell. In Stahlwerken gibt es große Verunsicherung, viele Lösungen stecken in Pilotphasen fest, die Regierung hat schon mit der aktuellen Gaskrise mehr als genug zu tun. Und dieses Jahr hat schonungslos die Defizite im Land aufgedeckt, angefangen bei der Infrastruktur, dem Arbeitskräftemangel bis zu Bildungsmängeln.

Bei den Lösungsansätzen landet die SPD traditionell bei mehr Geld und Staat. Die Basis drängt immer deutlicher auf finanzielle Antworten, die Scholz aber mit der FDP nicht durchsetzen kann.

Lasst uns das goldene Kalb, die Schuldenbremse, zum Schlachter bringen, forderte die Vize-Juso-Chefin beim Konvent. Nur mit Mühe konnte eine Abstimmung über ein Aus für die Schuldenbremse auf den Bundesparteitag 2023 vertagt werden. Parteichef Lars Klingbeil will die verteilungspolitische Frage in den Mittelpunkt stellen, inklusive Vermögensabgabe.

Die SPD-Basis richtet eine Kampfansage an die FDP. Damit der Kanzler und seine Koalition nicht irgendwann vom Seil fallen, braucht es in der Koalition eine über Jahre tragfähige Übereinkunft, wie mehr Geld mobilisiert werden kann, um das Land fit für eine stürmischere Zukunft zu machen. Solche Investitionen sind besser, als mit Milliarden mehr Arbeitslosigkeit zu finanzieren.

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