Was ist das höchste Kompliment, dass man einer Aufnahme von Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen machen kann? Dass man bei ihr Glenn Gould vergisst.
Alle Artikel in „Kultur“ vom 16.06.2000
Gibt es etwas Erhebenderes, als an einem milden Frühsommerabend die Freitreppe zur Orangerie Sanssouci hinaufzusteigen? Statuen grüßen gravitätisch, Efeu rankt, die Palme prangt.
Der frühere Berliner Kultursenator Peter Radunski (CDU) hält weitere Einsparungen in der Kultur für sinnlos. "In Kultur und Wissenschaft arbeiten in Berlin mehr Menschen als im Energie- und Bankensektor", sagte Radunski in der FAZ vom Samstag.
In Stuttgart ist die Wagner-Welt noch so richtig in Ordnung. Brünnhilde, die "Wunschmaid", birgt ihren Busen in einem baumwollenen Dirndl, auf der Bretterbühne grüßen bewaldete Höhen und röhrende Hirsche, und Siegfried, der Held, trägt Bärenfell.
Scheinbar ist das Thema des Romans "Die Glut" von Sandor Marai (1942 erstmals in Ungarn erschienen und im letzten Jahr für deutsche Leser wiederentdeckt, als Bestseller wiedererstanden) das Privateste aller nur möglichen Themen: die Geschichte einer Freundschaft zweier Kadetten, die Offiziere werden. Der eine ist begütert und reich, stammt aus einer festen aristokratischen Ordnung, der andere muss sich den Weg in den Offiziersstand erkämpfen, seine Eltern müssen dafür entbehrungsvoll leben.
Peter hat schlechte Karten. Er wird als außerehelicher Sohn einer leichtlebigen Straßenbahnschaffnerin und eines flüchtigen farbigen Besatzungssoldaten geboren.
Was sind das nur für Töne? Das Schlagwerk von Omas Standuhr, aggressives Glockenspielen aus dem Kinderzimmer, Klangwolken aus einem indischen Tempel?
Wenn wir über Popmusik reden, über neue Platten oder alte Musiker, reden wir längst immer auch über ihre Videoclips. Täglich rauschen sie an uns vorbei im Fernsehen, das mit der Kraft der Bilder (und deren Wiederholung) aus Songs Hits macht.
Alourdes Margaux war Anfang Zwanzig, als sie Haiti 1962 verließ und nach New York kam. Die ersten Jahre in der neuen Umgebung fielen ihr schwer.
Die Oscar-Verleihung? Für ihn, so diktierte Kulturstaatsminister Michael Naumann es dem Deutschlandradio gestern früh extra noch mal ins Mikrophon, gehöre sie "zweifellos zu den langweiligsten Ereignissen der Filmbranche".
Demonstranten haben am Donnerstagabend in Wien die Container von Christoph Schlingensiefs Abschiebe-Projekt vor der Staatsoper gestürmt. Unter dem Titel "Bitte liebt Österreich - Erste österreichische Koalitionswoche" hat der deutsche Theater-Provokateur Schlingensief zwölf als "Asylbewerber" vorgestellte Schauspieler in einem Containerdorf neben der Wiener Staatsoper einziehen lassen.
Kann es denn wahr sein? Schon Robert Mapplethorpes homoerotische Fotografien gelten in Amerika als zu obszön, um mit öffentlichen Geldern ausgestellt zu werden.
Na, wenn das keine Leistung ist: dreizehn Zentimeter. Um diese Spanne weniger als vordem neigt sich eine der größten Attraktionen Europas: der Schiefe Turm von Pisa.
Inmitten von Plastiken, Werkzeug und Möbeln präsentierte die Georg-Kolbe-Stiftung der Öffentlichkeit am 18. Juni 1950 eine "Erinnerungsstätte rastlosen Arbeitens".
Gut drei Monate vor der Eröffnung des fünften art forum berlin (27. September bis 1.
Für seinen "Schizzo"-Scheck muss Zoyd Wheeler hart arbeiten. Einmal im Jahr vollbringt der Freigänger der Nervenheilanstalt von Vineland eine Wahnsinnstat: Vor laufenden Fernsehkameras springt Thomas Pynchons Romanheld durch eine Schaufensterscheibe, die in Myriaden glitzernder Scherben birst.
Der Fisch liegt auf hell gedecktem Tisch neben einer Schale mit Oliven. Starr blickt sein Auge den Betrachter an.
Die sechziger Jahren sind wahrscheinlich diejenige Epoche der modernen Kunstgeschichte, die die junge Kunst von heute am stärksten beeinflußt. Ob bewußt oder unbewußt basieren die gegenwärtigen Konzepte des Crossover und der Nivellierung von high und low auf der revolutionären Strategie der Entgrenzung, wie sie in den sechziger Jahren vor allem im Fluxus propagiert und praktiziert wurden.
Die Künstlerin Hanayo zierte 1992 als Geisha unter weißer Schminke verborgen den Umschlag des Merianheftes "Japan". Die Unterzeile verhieß: "Die abgebildete Gesellschaftsdame Hanayo Nakajiama (ist) eine der wenigen verbliebenen traditionellen - also sittsamen - Geishas zwischen den Hochhaustürmen von Tokio".
Es ist schon ungewöhnlich, wenn Kinder als Gute-Nacht-Geschichte einmal etwas Trauriges hören wollen. Doch weil der lustige Vater keinen Humor hat, ist er beleidigt und liest eben nichts vor.
Der Ehemann weiß, dass seine Frau großen Hunger hat, "doch sie wartete auf den bei ihren Landsleuten traditionellen Milchkaffee. Die Blicke aller ruhten in diesem Moment auf Marie und zeigten tiefe Enttäuschung.
Auf Mallorca liegt das Echte, Wahre, Schöne so nah - gleich hinter den Touristen-Slums, die sich in der Bucht von Palma ausgebreitet haben. Eine Viertelstunde im Mietwagen, und "Ballermann 6" ist vergessen.
Germaine Greer wollte nach "Der weibliche Eunuch" nicht mehr über den Geschlechterkampf schreiben. Nun, fast 30 Jahre danach, stellt sich die Hohepriesterin des Feminismus noch einmal auf die Kanzel.
Noch hoch droben, einige Kilometer über der Stadt, kann man das große Zetern und Schimpfen hören. Drunten stoßen Herr Peymann und Herr Barenboim abwechselnd Flüche gegen den Himmel aus und drohen mit dem Untergang ihrer Häuser, dem Berliner Ensemble und der Staatsoper Unter den Linden.
Mit einem "Literaturmarkt" auf dem Kollwitzplatz wird am Sonntag der 3. "Literatur-Ort" eröffnet.
Die Steel Guitar jault wie ein todkranker Coyote, der Moog-Syntheziser pfeift aus dem letzten Loch, in der Ferne klimpert ein Honkytonk-Klavier. Jeden Moment müsste eigentlich Clint Eastwood um die Ecke biegen, unrasiert und mit einem speckigen Cowboyhut auf dem Kopf.