Zu Unrecht zum Kinderbuch verharmlost - obwohl es, auch, eines der wunderbarsten Kinderbücher, ein Reisebuch in fantastische Länder ist -, darf man in Jonathan Swifts 1726 erschienenem vierteiligen Roman "Gullivers Reisen" die gewaltigste Satire auf die Menschheit und das Menschsein sehen. Eine Satire auf die physischen und gesellschaftlichen Konditionen des Menschen, der sich in den Reisen des Kapitäns Gulliver auf viererlei Weise geprügelt sieht: zum Zwerg verkleinert in seiner hybriden notorischen Eitelkeit; zum Riesen vergrößert wegen seiner plumpen, ja ekligen Beschaffenheit und seines klobigen Wesens; zum Gelehrten verzerrt, dessen Weltfremdheit die vorgebliche Klugheit zu Narretei entstellt; und schließlich zum Tier verfremdet, dem die edlen Pferde an Menschentum, Sauberkeit und Würde unendlich überlegen sind.
Alle Artikel in „Kultur“ vom 09.06.2000
Wo sind wir hier? Tatsächlich im Berliner Schiller-Theater?
Irgendwie trifft es immer die Schlagzeuger. Sie können Genies sein wie der verstorbene Tony Williams, aber als Bandleader sind sie nicht so interessant.
Der Romancier als faustischer Experimentator - das könnte ein Selbstentwurf nach dem Geschmack des Alban Nikolai Herbst sein. Er ist belesen, und das sowohl in alter Mythologie wie in den Zeichencodes der Gegenwart.
Marlene Streeruwitz balanciert immer auf schmalem Grat. Der weibliche Alltag ist ihr Thema und das heißt, oft genug, die Banalität.
Der in Mainz lebende Schriftsteller Christoph Peters erhält den mit 12 000 Mark dotierten Georg-K.-Glaser-Literaturpreis für seinen Text "Der Krieg".
Ein Mann geht durch den Wald. Den Hut mit Gamsbart auf dem Kopf, das Gewehr geschultert, schreitet er frohen Mutes auf die Jagd.
Seit zehn Jahre laufen auf der Auguststraße die Touristenströme durch die Galerien. Nina Sidow, die hier wohnt und arbeitet, fragt sich schon lange, was mit der Kunst im Überfluss eigentlich geschieht.
Es ist immer wieder erstaunlich, womit sich Wissenschaftler so alles beschäftigen. Zum Beispiel Professor Marc Levoy von der Universität Stanford.
Im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit ist die Pornographie in den neuen medialen Formen heute ständig und überall verfügbar. Was früher verschämt unter dem Ladentisch gehandelt oder im neutralen Umschlag versandt wurde, verbreiten heute Fernsehen und Internet rund um die Uhr.
Unsterblichkeit als "holder Jüngling sanft und schön" ist dem Menschen nicht gegeben. Peter Schreiers Tamino hat dennoch bis zu seinem Bühnenabschied etwas von der Wesenswahrheit der Rolle bewahrt, das in der Erinnerung Bestand haben wird: Es hat mit der Kindheit im Dresdner Kreuzchor, erworbener Stilsicherheit, dem Typus des strebenden, sagenden Sängers, dem Timbre aus Jugend und Weisheit, dem Humanitätsbegriff des Märchenstücks zu tun.
Das Chansonbüchlein des spätmittelalterlichen Komponisten Matteo da Perugia war aufgrund seiner verrätselten Notation lange Zeit ein Rätsel. Jetzt hat der argentinische Musikwissenschaftler Pedro Memelsdorff Matteos Notensprache entschlüsselt und das Ergebnis mit seinem Ensemble Mala Punica eingespielt: Das Resultat ist ein faszinierendes Zeugnis spätgotisch überfeinerter Musik voller graziöser Liebesmelancholie und erotischer Vieldeutigkeit.
In seinem ersten Leben war Tommy Guerrero Skateboard-Profi. Er war der Star der Szene, als vor 20 Jahren das Skateboard die Welt eroberte.
Deutschland und Frankreich haben sich am Freitag in Mainz auf die Einzelheiten ihrer gemeinsamen Filmakademie geeinigt. Staatspräsident Jacques Chirac und Bundeskanzler Gerhard Schröder werden am 26.
Noch kann er kaum laufen, schon ist der Knirps in weißem Satinfrack Sieger eines Babyschönheitswettbewerbs. In der einen Hand der Pokal, auf dem Kopf eine überdimensionale Krone: So wird er vor die Kamera gezerrt.
Eine Szene aus einem Berliner S-Bahnhof, kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Vor dem Kontrollhäuschen, in dem ein Beamter den Zugang zum Bahnsteig überwacht, steht ein Mann und findet seine Karte nicht.