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Neben der Baustelle des Garnisonkirchturmes, hier im Hintergrund, wächst das künftige Kreativquartier.

© Andreas Klaer

Update

Umfeld der Garnisonkirche: Potsdamer Stadtverordnete stimmen nicht über Machbarkeitsstudie ab

Der für Mittwoch geplante Beschluss wird verschoben. Die Stadtpolitik will nun doch eine Sondersitzung des Kuratoriums der Stiftung Garnisonkirche abwarten.

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Der Stadtverordnetenbeschluss für die von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) vorangetriebene Machbarkeitsstudie zum Umfeld von Garnisonkirche und Rechenzentrum wird auf die März-Sitzung des Kommunalparlaments verschoben. Das erfuhren die PNN nach den Fraktionssitzungen am Montagabend aus Kreisen der Rathauskooperation.

Damit warten die Stadtpolitik und auch Schubert nun doch, wie vielfach gefordert, eine mit Spannung erwartete Sondersitzung des Kuratoriums der Stiftung Garnisonkirche ab. In der Sitzung geht es unter anderem um die Frage, ob sich die Stiftung von der Idee eines kompletten Wiederaufbaus des Gotteshauses in ihrer Satzung verabschiedet.

Das wäre Voraussetzung für Schuberts Plan, ein „Haus der Demokratie“ zwischen dem Turm der Garnisonkirche und dem eigentlich dem Abriss geweihten Rechenzentrum zu errichten. In diesem Fall könnte das Kreativhaus erhalten und saniert werden. Für dieses „Forum an der Plantage“ soll die bis zu 500.000 Euro teure Machbarkeitsstudie die Grundlagen liefern.

Landesbischof äußerte Sympathie für Schuberts Weg

Allerdings stehen die Zeichen auf Kompromiss. Der Landesbischof der evangelischen Kirche, Christian Stäblein, hatte vor einigen Tagen gegenüber der Nachrichtenagentur dpa grundsätzlich Sympathie für Schuberts Weg bekundet – und sich offen für die nötige Satzungsänderung der Stiftung Garnisonkirche gezeigt, deren Kuratorium er führt. Das trifft sich am 17. und 18. Februar zu einer Sondersitzung, zu der auch die Stadtpolitik eingeladen ist. Auf der Tagesordnung steht dabei nach PNN-Informationen auch der Punkt „Satzungsänderung“.

Die Anhänger eines originalgetreuen Wiederaufbaus der einstigen Militärkirche reagieren darauf schon jetzt alarmiert. Die Fördergesellschaft für die Garnisonkirche hatte bereits weitere Aktivitäten des Vereins infrage gestellt, sollte die Stiftung ihre Satzung ändern. Der Stiftungsvorstand wiederum hatte den Fraktionen im Stadtparlament empfohlen, vor einem Beschluss der Machbarkeitsstudie zunächst die Sondersitzung abzuwarten.

Die Garnisonkirche in Potsdam befindet sich im Bau.

© Andreas Klaer

Im Dezember noch hatte Schubert mithilfe der rot-grün-roten Rathauskooperation einen knappen Beschluss dazu im Hauptausschuss erwirkt, der jetzt im Stadtparlament bestätigt werden sollte. Allerdings hatte es dagegen – wegen der noch anstehenden Sondersitzung des Kuratoriums – Widerstand in den Reihen der Kooperation gegeben. Schubert hätte eine Abstimmungsniederlage gedroht.

Juristische Unsicherheiten

Ein Jurist im Auftrag der Bürgerinitiative „Mitteschön“ kam sogar zudem Ergebnis, dass ein Beschluss ohne Grundlage rechtswidrig wäre, weil dann Grundsätze der sparsamen Haushaltsführung bedroht seien. Andere mit der Materie vertraute Verwaltungsrechtler sagten den PNN dagegen, Gerichte hätten in früheren Urteilen erklärt, dass zum Beispiel Kommunalaufsichtsbehörden ihre Wirtschaftlichkeitsvorstellungen nicht an die Stelle der gemeindlichen Überlegungen setzen dürften. Ferner habe der Bundesgerichtshof geurteilt, dass das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nur „einen äußeren Begrenzungsrahmen des bestehenden Entfaltungs- und Gestaltungsspielraums“ für Kommunen darstelle.

Nach gut fünf Jahren Bauzeit ragt der Rohbau des Garnisonkirchenturms in der Innenstadt bereits rund 50 Meter in die Höhe. Der neue barrierefrei erreichbare Aussichtsturm soll nach Angaben der Stiftung Garnisonkirche im Frühjahr 2024 eröffnet werden. Die gut 30 Meter hohe Turmhaube werde dann aber wohl noch nicht aufgesetzt sein, hieß es zuletzt aus dem Kuratorium. Der millionenschwere Wiederaufbau ist seit Jahren umstritten, unter anderem wegen der Geschichte der einstigen Militärkirche. Gegen das inzwischen zu größeren Teilen mit Steuermitteln finanzierte Großprojekt engagieren sich gleich mehrere Initiativen.

Die Andere nimmt Stadtverordnete gegen Angriffe in Schutz

Wie verhärtet die Fronten zwischen Gegnern und Befürwortern der Kirche sind, zeigen auch aktuelle Äußerungen aus dem Umfeld der Bürgerinitiative „Mitteschön“ gegenüber Sara Krieg von der Bürgerinitiative gegen den Wiederaufbau. Diese hatte zuletzt erklärt, man wolle für einen „so unvollständigen Bau wie möglich“ sorgen.

Dieses Zitat setzte die Mitteschön-Sprecherin Barbara Kuster zusammen mit einem Kopfbild von Krieg in das öffentliche Facebook-Forum der Initiative – versehen mit der Anmerkung „Sara Krieg ... ihr Name ist Programm! Ohne dieses Klientel wäre die Garnisonkirche durch Spenden schon erbaut, da keiner in die Schusslinie dieser Leute kommen will“. Es folgten Dutzende abwertende Kommentare gegenüber der Stadtverordneten, die für die Fraktion Die Andere auch den städtischen Kulturausschuss führt.

Die Fraktion selbst teilte den PNN dazu auf Anfrage mit, die Anfeindungen würden zurückgewiesen: „Wir sind es durchaus gewöhnt, dass aus dem Kreis der Garnisonkirchenbefürworter:innen viele unversöhnliche und mitunter auch übergriffige Äußerungen gegen unsere Wählergruppe getätigt werden.“ Doch dies stelle eine „neue Qualität der verbalen Verrohung“ dar, sagte Die-Andere-Fraktionschefin Laura Kapp. Die Andere werde sich weiter dafür einsetzen, dass „so wenig wie möglich von der Garnisonkirchenkopie aufgebaut wird und dass so wenig Menschen wie möglich ihr Geld in dieses unsympathische Aufbauvorhaben stecken“. Dass inzwischen auch Mitteschön anerkenne, „dass unser Engagement erfolgreich ist, bestärkt uns darin“.

Strafanzeige führt nicht zu weiteren Ermittlungen

Auch hatten Gegner des Projekts Mitte des vergangenen Jahres gegen die Stiftung eine Strafanzeige wegen Betrugs gestellt, Hintergrund war die Generalkritik des Bundesrechnungshofs an der Finanzierung des Projekts vornehmlich durch Steuergelder. Doch eine Sprecherin der Potsdamer Staatsanwaltschaft erklärte jetzt den PNN auf Anfrage, hier sei von der Aufnahme von Ermittlungen wegen Betrugs abgesehen worden, weil „Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat nicht bestanden“. (mit dpa)

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