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Potsdam wehrt sich! Kundgebung am Alten Markt in Potsdam Anlass ist die Berichterstattung über ein Treffen in unserer Stadt Potsdam, bei dem rechtsradikale, verfassungsfeindliche Ideologen, AfD-Politiker und Unternehmer über einen Plan sprachen, wie man Migrantinnen und Migranten und deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit migrantischem Hintergrund aus Deutschland vertreiben und deportieren kann.

© Andreas Klaer

Update

Größte Potsdamer Demo seit Jahren: Tausende Menschen stellen sich auf dem Alten Markt gegen Rechts – auch Kanzler Scholz

Pläne einer Rechtsfront zur Vertreibung von Migranten rütteln die Stadtgesellschaft auf. Rathauschef Mike Schubert, Außenministerin Annalena Baerbock und der Bundeskanzler finden klare Worte.

| Update:

Tausende Menschen haben sich am Sonntag auf dem Alten Markt in Potsdam versammelt, um ein Zeichen gegen Rechts zu setzen – es handelt sich um die größte Demonstration in der Landeshauptstadt seit mehreren Jahren. Unter den Teilnehmern waren auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die beide in Potsdam leben und hier ihren Wahlkreis haben. Sie hielten jedoch keine Reden.

„Ich bin hier vor allem als Potsdamer Bürgerin, als Mutter, auch als Politikerin“, sagte Baerbock dem Tagesspiegel und den Potsdamer Neuesten Nachrichten (PNN). Die Großdemo mache deutlich: „Potsdam ist eine bunte Stadt. Wir bekennen gemeinsam Farbe gegen Nationalismus, gegen neue Nazis, gegen alte Nazis und stehen ein für die Demokratie und unsere Freiheit.“

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Laut Veranstalter „Potsdam bekennt Farbe“ kamen 10.000 Teilnehmer zu der Demonstration. „Das ist ein starkes Zeichen der Demokratie. Die Bürgerinnen und Bürger lehnen solche schlimmen Pläne, solche rechten antidemokratischen Gedanken ab. Das ist etwas, worauf wir alle uns verlassen können“, sagte Scholz dem Tagesspiegel und den PNN.

Auch Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle, Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne/v.l.) nahmen an der Demonstration teil.
Auch Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle, Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne/v.l.) nahmen an der Demonstration teil.

© Andreas Klaer

Auch die Brandenburger Landtagsfraktionschefs von SPD, CDU, Linke, Grüne kamen auf den Alten Markt, ebenso wie die ehemaligen Potsdamer Oberbürgermeister Matthias Platzeck, zugleich früherer Brandenburger Ministerpräsident, und Jann Jakobs (beide SPD). Dort zu sehen waren zahlreiche Plakate, auf denen Schriftzüge wie „Neu Fahrland wehrt sich“, „Wir halten zusammen“ oder „Welche Beweise brauchen wir noch“ zu lesen waren.

Anlässlich eines Treffens radikaler Rechter mit AfD-Politikern hatte Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) am vergangenen Freitag zu der Kundgebung aufgerufen. Anlass sei die Berichterstattung über dieses Treffen in Potsdam, bei dem über einen Plan zur massenhaften Vertreibung von Migranten gesprochen worden sei, teilte die Pressestelle der Stadt mit.

„Potsdam stellt sich gegen solche Hetzer - dagegen wehren wir uns“, sagte Schubert am Sonntag. „Was brauchen wir noch, um zu erkennen, dass es in Deutschland wieder eine Nazipartei gibt? Wer glaubt eigentlich noch, dass wenn wir sie nicht stoppen, die neuen Nazis, sie nicht das umsetzen, was sie ankündigen zu tun. Die Verharmlosung muss enden.“

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Potsdam wehre sich seit zwei Jahrzehnten gegen jeden rechten Aufmarsch, so der Rathauschef: „Wir zeigen: Potsdam hält nicht still, Potsdam überlässt den Rechten nicht die Straßen und die Köpfe.“ Er versprach, dass sich die Stadt weiterhin gegen Rechts zur Wehr setzten werde. „Wir haben heute die letzten bunten Schals aus den Lagern geholt, wir werden neue herstellen lassen - denn wir werden sie brauchen, um Farbe zu bekennen“, sagte er. Die Schals sind seit Jahren das Markenzeichen des Bündnisses „Potsdam bekennt Farbe“.

Tausende Menschen strömten am Sonntag zu der Demonstration auf dem Alten Markt.
Tausende Menschen strömten am Sonntag zu der Demonstration auf dem Alten Markt.

© Sabine Schicketanz

Das Medienhaus Correctiv hatte Rechercheergebnisse zu einem Treffen radikal rechter Kreise mit Extremisten und AfD-Funktionären in der Potsdamer Villa Adlon in Neu Fahrland veröffentlicht. Bei dem Treffen stellte der Taktgeber der rechtsextremen Identitären Bewegung, der Österreicher Martin Sellner, Ideen dazu vor, wie erreicht werden könne, dass mehr Ausländer Deutschland verlassen und wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte zur Assimilation gedrängt werden könnten.

„Potsdam bleibt bunt“: Tausende Menschen stellten sich am Sonntag in der Landeshauptstadt gegen rechte Umtriebe.
„Potsdam bleibt bunt“: Tausende Menschen stellten sich am Sonntag in der Landeshauptstadt gegen rechte Umtriebe.

© dpa/Sebastian Gollnow

Carmen Klockow, Ortsvorsteherin von Neu Fahrland, sagte, sie habe der Bericht fassungslos gemacht. „Ich kenne den Eigentümer vom Landhaus Adlon persönlich. Ich habe ihn gefragt, was dort geschehen ist: Er sagte, ein Zahnarzt hat Räume gebucht, es habe kein Geheimtreffen gegeben. Reicht uns diese Antwort? Nein!“, sagte Klockow vor den Demonstranten.

Fereshta Hussein, die Vorsitzende des Potsdamer Migrantenbeirats, richtete einen Appell an die Menschen. „Wir alle müssen immer genau hinschauen, wir alle müssen wachsam sein. Wir dürfen die Vergangenheit nicht vergessen, die Geschichte – es ist Zeit, dass wir jetzt handeln.“

Brandenburgs Wissenschafts- und Kulturministerin Manja Schüle nahm die Bürgerinnen und Bürger in die Pflicht. „Es kommt auf uns an, auf jeden einzelnen von uns, auf unsere Antworten und unsere Haltung“, sagte die SPD-Politikerin und stellte klar: „Wir sind die Mehrheit in diesem Land, die wohlmeinenden und demokratischen Menschen.“

Auch diese Demonstranten brachten ihre Haltung klar zum Ausdruck.
Auch diese Demonstranten brachten ihre Haltung klar zum Ausdruck.

© REUTERS/LIESA JOHANNSSEN

Es handelt sich um die größte Potsdamer Demonstration seit vielen Jahren.
Es handelt sich um die größte Potsdamer Demonstration seit vielen Jahren.

© REUTERS/LIESA JOHANNSSEN

„Die demokratische Mehrheit hat zu lange geschwiegen“

„Wir stehen alle zusammen“, sagte Brandenburgs CDU-Chef Jan Redmann. „Es ist eine Schande, dass nach den Berichten der vergangenen Woche Menschen Angst haben mussten.“ Redmann hatte am Wochenende für Aufsehen gesorgt, weil er die Parteien im Bundestag aufforderte, der AfD einen Vizeposten im Präsidium zuzugestehen. Widerspruch kam umgehend von den Brandenburger Grünen – Regierungspartner der CDU in der märkischen Kenia-Koalition – und der FDP. Polarisierung sei die größte Gefahr für die Demokratie, so Redmann. „Wir nennen Rassisten Rassisten, aber wir kämpfen für die Demokratie.“

Die Pläne einer Rechtsfront, Migranten millionenfach abzuschieben, haben bei vielen Potsdamerinnen und Potsdamern für Empörung gesorgt.
Die Pläne einer Rechtsfront, Migranten millionenfach abzuschieben, haben bei vielen Potsdamerinnen und Potsdamern für Empörung gesorgt.

© Andreas Klaer

Aus der Empörung über die Pläne der Rechtsfront leitete Brandenburgs Linke-Fraktionschef Sebastian Walter eine Forderung ab. „Wir müssen daraus endlich Handlungen erwachsen lassen!“ Nationalsozialisten habe man schon in den 1930er Jahren nicht damit bekämpft, dass man ihre Inhalte, Sprache und Forderungen übernommen habe, so der Co-Landesvorsitzende.

Die demokratische Mehrheit habe zu lange geschwiegen – und die AfD habe diese Zeit des Schweigens genutzt, erklärte Brandenburgs Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke. „Das gute Gefühl, das wir heute haben, etwas getan zu haben, das können wir jeden Tag haben - lasst uns morgen weitermachen!“ Raschke und Walter forderten ein AfD-Verbotsverfahren. (mit dpa)

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