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Die Baustelle des Turms der Garnisonkirche.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Update

Nach Beschluss des Kuratoriums: Kontroverse Debatte um Umfeld der Garnisonkirche

Die Wiederaufbaustiftung positioniert sich für einen Teilerhalt des Rechenzentrums. Das sorgt für Zustimmung, aber auch für Zweifel.

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Pro Forum an der Plantage, Toleranz gegenüber einem Teilerhalt des Rechenzentrums und voraussichtlich kein originalgetreues Kirchenschiff: Diese weitreichenden Beschlüsse des Kuratoriums der Stiftung Garnisonkirche sorgen für kontroverse Diskussionen. Wohlwollend äußerten sich am Sonntagabend führende Vertreter der rot-grün-roten Rathauskooperation. Damit scheint nun auch der Beschluss für eine bis zu 500.000 Euro teure Machbarkeitsstudie zum Umfeld des Turms wahrscheinlich.

Nach Ansicht der Rathauskooperation gebe es mit dem Beschluss des Kuratoriums nun „viele Möglichkeiten für ein Gelingen des sogenannten Forums an der Plantage“, zu dem neben dem Turm der Garnisonkirche und einem Teil des Rechenzentrums auch ein Bauwerk mit einem Plenarsaal für die Stadtverordneten gehören soll, das auf dem Platz des ehemaligen Kirchenschiffs entstehen würde.

Dass die Existenz des Rechenzentrums als Nachbar jetzt offiziell vom Kuratorium anerkannt werde, sei ein wichtiger Schritt, lobte Sozial.Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg in einer Mitteilung. Allerdings mahnte er auch, dass nun seitens der Stiftung die schnelle Zustimmung für verlängerte Mietverträge im Rechenzentrum nötig sei, auch als wichtiger Beitrag für ein stärkeres Vertrauen.

Bündnis „Stadt für alle“ extrem skeptisch

Skeptisch zum Einigungswillen der Stiftung äußerte sich hingegen das linksalternative Bündnis „Stadt für alle“. So würden die Forderungen des Kuratoriums - wie „ein angemessener Abstand“ zwischen Turm und Rechenzentrum - den Abriss des Künstlerhauses bedeuten, hieß es in einer Erklärung. Zugleich sehe die Stiftung nun die Chance, dass die Stadt ein Kirchenschiff baue - obwohl dafür laut mehreren Beschlüssen und Bürgerhaushaltsvorgaben kein städtisches Geld fließen dürfe.

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Zu diesen Befürchtungen, die Stadt lasse sich von der Stiftung benutzen, verweist das Bündnis auf den Beschlusspassus vom Wochenende, wonach für das Gebäude mit Plenarsaal die Kubatur des einstigen Schiffs der „Ausgangspunkt der Überlegungen“ sein müsse. Nicht thematisiert sei bisher auch, wie die Stadt an das Kirchenschiffgrundstück gelange, so das Bündnis: „Dies sollte aber eine Vorbedingung der Stadt sein! Bauen auf eigenem Grund.“ Wie berichtet müsste die Stiftung für eine Abkehr von einem originalgetreuen Kirchenschiff ihre Satzung ändern - dies war am Wochenende nicht geschehen, es stand auch nicht auf der Tagesordnung.

Ähnliche Kritik kam von der Fraktion Die Andere. Diese monierte via Twitter: „Diese Stiftung verkauft ihre Zustimmung zum Teilerhalt des Rechenzentrums als großes Zugeständnis, obwohl sie das ohnehin gar nicht verhindern könnte.“ Die Stadtverordnete Sara Krieg (Die Andere) sprach von einem durchsichtigen Versuch, den Abriss des Rechenzentrums voranzutreiben. „Wir fordern die Stiftung auf, endlich auf den Bau des Kirchenschiffes zu verzichten und die nicht mehr benötigten Grundstücksteile unverzüglich an die Stadt zurückzugeben“.

Scharfenberg: Plenarsaal und Stadtverwaltung nicht trennen

Der Linken-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg wiederum sagte, er könne keine wirklich neuen Positionierungen der Stiftung entdecken. Ein Kompromissweg wäre aus seiner Sicht zum Beispiel, wenn ein vollständiger Erhalt des Rechenzentrums möglich wäre. Zudem sei er weiter der Auffassung, dass Plenarsaal und Stadtverwaltung an einen Standort gehören würden und nicht getrennt sind, so Scharfenberg - der die kleinere der beiden Links-Fraktionen im Stadtparlament führt. Die Vorbedingungen der Stiftung seien so formuliert, dass die Stadt mit der teuren Machbarkeitsstudie voll ins Risiko gehen würde.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Saskia Hüneke

© Andreas Klaer

Deutlich positiver äußerten sich Vertreter von SPD und Grünen. SPD-Fraktionschef Hagen Wegewitz sprach davon, dass ein Treffen der Stadtverordneten mit Vertretern des Kuratoriums eine „wichtige Basis für ein respektvolles Miteinander der Akteure“ gelegt habe. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Saskia Hüneke blickte voraus auf die Diskussionen zur besagten Machbarkeitsstudie: „Schon der Diskursprozess und erst recht die Belebung auf Dauer werden eine Schule sein, in der Lehren aus der Geschichte und gelebte Demokratie zusammenkommen müssen.“ Die großen Chancen, die das Areal rund um den Turm biete, gelte es zu nutzen.

CDU-Oppositionschef Matthias Finken.

© Andreas Klaer

Aus der Reihe der Befürworter eines möglichst originalgetreuen Wiederaufbaus meldete sich am Montag zunächst die CDU. Diese interpretierte die Beschlüsse des Kuratoriums nicht als Absage an ein Kirchenschiff: „Mit der Forderung nach deutlichen Abstandsflächen wird zusätzlich richtigerweise eine klare Zäsur zum Rechenzentrum gefordert und inhaltlich das Kirchenschiff mit dem Plenarsaal in den Mittelpunkt gestellt.“ Insofern lobte die CDU auch, dass die Stiftung die „touristische Attraktivität“ des künftigen Turms extra betont habe, die nicht durch benachbarte Bauten beeinträchtigt werden dürfe. In dem Kirchenschiff könne man sich „unverändert eine multifunktionale Nutzung“ vorstellen, also auch den Plenarsaal der Stadtverordneten.

Maike Dencker, Vorsitzende der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Zugleich wandte sich CDU-Fraktionschef Matthias Finken gegen einen schnellen Beschluss zur Machbarkeitsstudie: So sei der Bau eines neuen Gebäudes auf der Fläche des Rechenzentrums, "von dem letztlich aus ökologischen und bautechnischen Gründen kaum etwas übrig bleiben kann, schon allein aus städtebaulichen Gründen nicht vertretbar". Zudem müsse unter anderem die Finanzierung dargelegt werden.

Ich habe dem Beschluss nicht zustimmen können.

Maike Dencker, Vorsitzende der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche 

Skeptisch äußerte sich Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche. Deren Vorsitzende Maike Dencker erklärte am Montag, es gelte nun herauszuarbeiten, „wie die getroffenen Entscheidungen mit den Satzungen und dem eigentlichen Stiftungszweck vereinbar sind“. Dabei dürfe es keinerlei Widersprüche oder Platz für Interpretationen geben. „Aus diesem Grund habe ich auch dem Beschuss nicht zustimmen können und meine rechtlichen Bedenken zum Protokoll gegeben.“  Angekündigt wurde auch eine Sondersitzung der Fördergesellschaft mit dem Stiftungsvorstand für den 28. Februar.

Fördergesellschaft warnt vor „Haftungstatbestand“

Für das Kirchenschiff-Grundstück gebe es immer noch eine von der Satzung bestimmte Zweckbindung, betonte Denckers Vize, der Verwaltungsjurist Cord Heinichen: „Es ist daher zutiefst widersprüchlich, wenn der Oberbürgermeister von den Stadtverordneten jetzt die Freigabe von 500.000 Euro für ein Projekt verlangt, dessen Verwirklichung diesen Stiftungszweck vereiteln würde.“ Dies stelle sogar einen Haftungstatbestand dar. Im Vorfeld schon hatte der Förderverein gedroht, sollte die Garnisonkirchen-Stiftung den Kurs eines originalgetreuen Wiederaufbaus gänzlich verlassen, werde man das eigene Engagement für das Projekt einstellen.

Nun liegt der Ball bei den Stadtverordneten. Diese müssen am 1. März entscheiden, ob sie die Machbarkeitsstudie genehmigen - samt dem damit verbundenen Begleitprozess mit diversen Arbeitskreisen. Angesichts der Erklärungen ist mit einer durchaus knappen Entscheidung zu rechnen. Schon der Grundsatzbeschluss für den Kompromiss war keiner breiten Mehrheit getragen.

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