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Anschein des Offiziellen. Claudia Pechstein spricht in ihrer Rede über Vereinssport und Abschiebungen.

© dpa/Michael Kappeler, Bearbeitung: TSP

Rede in Uniform : Was steckt hinter Pechsteins Auftritt beim CDU-Konvent?

Die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein trat bei einer CDU-Veranstaltung in ihrer Polizeiuniform auf. Drei Experten nehmen dazu Stellung.

Es ging um das Grundsatzprogramm der Partei, als die Sportlerin und Bundespolizistin Claudia Pechstein beim CDU-Konvent am Wochenende in Berlin in ihrer Uniform ans Rednerpult trat, um für eine Stärkung des Vereins- und Schulsports zu werben und nebenbei die Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber anzumahnen. Ihr Auftritt hat für eine heftige Debatte gesorgt.

Wir haben drei Experten zu einer Einschätzung des Falls befragt. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Wer Uniform trägt, suggeriert, im Dienst zu sein

Jeder kann selbst beurteilen, ob die Rede von Claudia Pechstein wirklich „brillant“ war, wie CDU-Chef Friedrich Merz meint. Was die sportlich hochdekorierte Eisschnellläuferin seiner Partei zu sagen hatte, wird Linken und Liberalen weniger gefallen, dafür manchen Konservativen aus der Seele gesprochen haben. Aber darum geht es nur am Rande. Es ist durchsichtig von Merz, nun allein auf den Inhalt abzustellen und die Form des Auftritts, nämlich in der Uniform der Bundespolizei, kleinzureden.

Gerade die so staatstragenden Christdemokraten hätten es besser wissen müssen: Wer Uniform trägt, suggeriert, im Dienst zu sein, für den besondere Regeln der politischen Betätigung gelten. Sie mögen für die Bundespolizei etwas weniger eindeutig formuliert sein als für die Bundeswehr – ihr Ziel aber ist politische Zurückhaltung. Schließlich soll der Sicherheitsapparat keine Voreingenommenheit erkennen lassen.

Bei der Wahl 2021 als CDU-Kandidatin in Berlin-Treptow war Pechstein denn auch als Privatperson angetreten. Ihr Auftritt am Wochenende hätte keinen offiziellen Anstrich erhalten dürfen. Welche Rolle die CDU dabei gespielt hat, ist unklar. Dass ein solcher Auftritt bei einer CDU-Veranstaltung aber überhaupt möglich war, war alles andere als brillant.


Pechsteins Uniform-Auftritt ist ein Regelverstoß, der Aufmerksamkeit erzeugen soll

Klimakleben geht auch auf der politisch anderen Seite. Claudia Pechsteins Uniform-Auftritt ist ein Regelverstoß, der Aufmerksamkeit erzeugen soll. Ziviler Ungehorsam in Nichtzivil. Darauf muss man erstmal kommen. Neben einem Verstoß gegen Vorschriften zur Dienstkleidung könnte es sich hier auch um eine Verletzung beamtenrechtlicher Grundpflichten nach Paragraf 60 des Bundesbeamtengesetzes handeln. Insbesondere des so genannten Mäßigungsgebots, das bei „politischer Betätigung“ gilt.

In ihrer Freizeit darf die Beamtin zwar als die Bundespolizistin herumlaufen, die sie ist. Möglicherweise hätte sie damit am Rande einer CDU-Veranstaltung auch mal Winke-Winke machen dürfen. Ein Rede-Auftritt in Dienstkleidung, in dem es, wie hier beim Thema Abschiebung, dazu noch um Befugnisse und Zuständigkeiten ihres Dienstherrn geht, führt dagegen weit in die kritische Zone.

Mäßigung? Nicht bei jemandem, der mal nach Bestleistungen strebte. Interessanterweise hat Pechsteins Behörde sogleich von dienstrechtlicher Prüfung gesprochen. Mal sehen, was sich ergibt. Vielleicht rettet die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit die Frau oder sie beruft sich auf einen Irrtum. Möglicherweise wird aber Härte gefordert. Fest steht: Präventivgewahrsam droht keiner.


Warum diese Aufregung um Ihren Rede-Auftritt?

Claudia Pechstein ist Polizeihauptmeisterin, fünf blaue Sterne prangen auf ihren Schulterklappen und am linken Arm der Bundesadler. Über die Sportförderung wurde die fünffache Olympiasiegerin im Eisschnelllauf Beamtin. Warum also diese Aufregung über ihren Auftritt beim Grundsatzkonvent der CDU?

Es hat seine guten – auch historischen – Gründe, dass Beamte sich im Privaten bei ihrem politischen Engagement zu mäßigen haben. Und dass die Uniform der Vertreter der Staatsgewalt im politischen Meinungsstreit nichts zu suchen hat. Beamte müssen ihre Rollen trennen – und auf Stil und Wortwahl bei ihrem privaten politischen Engagement achten, dürfen kein Abfärben auf ihr Amt zulassen.

Das ließ Pechstein vermissen, sie schadet damit vor allem der Bundespolizei. Pechstein ist Aushängeschild der Behörde – ihr Ausfall könnte den Anschein erwecken, dass Bundespolizisten wie sie ihr Amt nicht unparteiisch und ausschließlich am Gemeinwohl orientiert ausüben. Dabei sollen sie dem Staat, dem Volk dienen, nicht einer Partei.

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