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Claudia Pechstein beim ISU World Cup Speedskating Erfurt 2018.

© imago/Karina Hessland

Trotz Erfolgen und Rekorden: Claudia Pechstein ist die Ich-AG im Eisschnelllauf

Die Berlinerin sorgt als Hobby-Politikerin für Irritationen. Aber auch rund um das Eis ist Pechstein eine umstrittene Persönlichkeit.

Ein Kommentar von Benedikt Paetzholdt

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz bezeichnete die aufsehenerregende Rede von Claudia Pechstein auf dem Parteitag als „brillant“. Er bezog sich dabei weniger auf ihre Ausführungen zum Gendersternchen und zu einem bestimmten Fleischgericht, sondern auf ihre Sätze zur Bedeutung des Schul- und Vereinssports, die motiviert hätten, „in diese Richtung weiterzuarbeiten“.

Pechsteins Nähe zur Partei ist bekannt. 2021 trat sie beim Bundestagswahlkampf in Treptow-Köpenick für die CDU an, auch wenn sie kein Mitglied ist. Ansonsten muss man sich aber schon die Frage stellen, weshalb ausgerechnet die Eisschnellläuferin für visionäre Ideen im Sport stehen sollte. Ihre sportlichen Leistungen stehen mit neun olympischen Medaillen, davon fünf in Gold, sowie 42 Medaillen außer Frage. Dennoch taugt sie nicht gerade als Identifikationsfigur. Vielmehr bewegt sie sich seit Jahren als Ich-AG auf dem Eis.

Pechstein befindet sich seit fast 15 Jahren in einem Kampf um Gerechtigkeit

Seit mittlerweile fast 15 Jahren befindet sich die Sportlerin und Hobby-Politikerin in einem Kampf um Anerkennung und Gerechtigkeit, nachdem der Internationale Weltverband sie 2009 gesperrt hatte – weil eine Blutanomalie als Dopingvergehen bewertet wurde. Mit Matthias Große an ihrer Seite, der mittlerweile nicht nur ihr persönlicher Bodyguard und Unternehmer, sondern auch Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft ist.

Zahlreiche Weggefährtinnen berichteten immer wieder von unliebsamen Begegnungen mit diesem Gespann. Ein Bundestrainer musste gehen, nachdem er es 2020 gewagt hatte, die heute 51-Jährige zu kritisieren. Erst bei ihren achten Olympischen Spielen im Vorjahr wurde die Berlinerin erstmals zur Fahnenträgerin bestimmt. Auch das zeigt ja die Vorbehalte gegenüber der Person Pechstein.

Bei einer Athletin ihrer Klasse würde man sich wünschen, dass sie nun in die Phase der Karriere übergeht, in der sie dem Nachwuchs Ratschläge erteilt. Und der kommenden Generation dabei hilft, eine erfolgreichere Ära im deutschen Eisschnelllaufen einzuläuten. Nicht nur nach den jüngsten Ausführungen kann man sich nur schwer vorstellen, wie Fairness und Weltoffenheit als wesentliche Werte vermittelt werden sollen. Und dabei soll es beim Sport ja gerade gehen.

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