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Baerbock und Scholz

© IMAGO/Political-Moments

Debatte über China-Reise des Kanzlers: SPD sauer auf Außenministerin Baerbock

Die SPD hat angesäuert auf Annalena Baerbocks Ratschläge zur China-Politik von Bundeskanzler Scholz reagiert. Einige Mitglieder beobachten ihr Agieren zunehmend kritisch. 

Mit Argwohn beobachtet die SPD die Positionierung von Außenministerin Annalena Baerbock in der China-Politik. Baerbock hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) kurz vor seiner China-Reise an den Koalitionsvertrag erinnert. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nannte Baerbocks Einlassungen daraufhin „unhöflich und undiszipliniert“. Dafür bekommt er nun weitere Unterstützung.

„Ich fand die Aussage der Außenministerin gegenüber dem Bundeskanzler zu diesem Zeitpunkt falsch“, sagte der SPD-Abgeordnete Adis Ahmetovic dem Tagesspiegel. Er könne verstehen, dass die Reise symbolisch als falsch empfunden werde, politisch sei sie aber richtig. Nach wie vor bestünden große gegenseitige Abhängigkeiten mit China.

Im Kanzleramt beobachtet man Baerbock zunehmend skeptisch

Auf einer Reise nach Zentralasien hatte Baerbock gesagt, der Bundeskanzler habe „den Zeitpunkt seiner Reise entschieden“. „Jetzt ist entscheidend, die Botschaften, die wir gemeinsam festgelegt haben im Koalitionsvertrag, die Botschaften, die ich auch hier mit nach Zentralasien gebracht habe, auch in China deutlich zu machen“, sagte sie.

Auch im Kanzleramt und Regierungskreisen beobachtet man das Agieren der Außenministerin zunehmend skeptisch. Baerbock wird eine eher auf das Heimatpublikum abzielende Außenpolitik attestiert, die zwar in Deutschland durch ihre klare Kante Beifall finde, aber die Welt da draußen sei komplizierter. Dass die Grünen mit ihren Warnungen vor einer zu starken Energieabhängigkeit von Russland recht behalten haben, werten sie als Beleg für die Stärke ihrer außenpolitischen Strategie.

Doch in Gesprächen mit Regierungskreisen wird gefragt, wo denn die konkrete, neue China-Strategie des Außenamtes bleibe. Das Außenministerium ist hauptsächlich mit der Erarbeitung der neuen China-Strategie befasst, andere Ressorts sind daran beteiligt. Sie wird nach Tagesspiegel-Informationen im Frühjahr 2023 erwartet.

Scholz gehe es darum, Putin von nuklearer Eskalation abzuhalten

Scholz ist mit seiner China-Strategie, die er in der „FAZ“ skizziert hatte, gar nicht weit weg von Baerbock, etwa wenn er von China als wichtigem Partner etwa in Fragen der Klima- und Sicherheitspolitik, bei Wirtschafts- und Handelsfragen spricht, aber auch die zunehmende Rivalität nicht verschweigt, den Abbau von Abhängigkeiten etwa im Bereich seltener Erden anstrebt, und einen zu starken Einfluss auf die kritische Infrastruktur verhindern will.

Doch in der konkreten Politik sind die Grünen China gegenüber deutlicher. Das Auswärtige Amt hatte in einer Protokollnotiz in der vergangenen Woche ungewohnt deutlich gegen den Teilverkauf eines Containerterminals am Hamburger Hafen an einen chinesischen Staatskonzern protestiert. Der Erwerb erweitere „den strategischen Einfluss Chinas auf die deutsche und europäische Transportinfrastruktur sowie die deutsche Abhängigkeit von China unverhältnismäßig“ hieß es in der Notiz.   

Im Kanzleramt wird jenseits dieser umstrittenen innenpolitischen Fragen betont, dass es eine schwierige Gratwanderung sei - und es besser sei miteinander, statt übereinander zu reden. Auch wenn der Zeitpunkt der Scholz-Reise kurz nach dem umstrittenen Parteitag der Kommunistischen Partei für Debatten sorgt, ihm geht es aktuell vor allem auch darum, dass China den russischen Präsidenten Wladimir Putin von einer nuklearen Eskalation abhält – letztlich ist die Reise auch eine Vorbereitung für den brisanten G20-Gipfel am 15./16. November auf Bali, zu dem neben Scholz und Xi Jinping auch Putin erwartet wird.

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