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Claudia Pechstein in Polizeiuniform bei ihrer Rede auf dem CDU Grundsatzkonvent

© dpa/Michael Kappeler, Bearbeitung: TSP

Tagesspiegel Leserdebatte: „Die Behauptung, durch Abschiebung wäre das Land sicherer, ist rassistisch“

Mit seinem Kommentar über Claudia Pechsteins Rede hat unser Autor Malte Lehming eine kontroverse Debatte ausgelöst. Hier antwortet er unseren Leserinnen und Lesern.

Der Tagesspiegel-Autor Malte Lehming wirft in seinem Kommentar die Frage auf, ob der Vorwurf von Rassismus und Homophobie an Claudia Pechsteins Rede auf dem CDU-Grundsatzkonvent gerechtfertigt ist. Seine Meinung erhält viel Zu-, aber auch massiven Widerspruch. Auf eine Auswahl der Leserkommentare antwortet der Autor an dieser Stelle.

Pat7: Diese 34 Prozent Straftaten durch Menschen mit Migrationshintergrund werden nicht ausschließlich von abgelehnten Asylanten begangen. Wer also behauptet, man müsse sich nicht mehr als Frau oder Ältere/r um seine Sicherheit sorgen, wenn nur alle abgelehnten Asylbewerber weg wären, der betreibt üblen Rassismus.

Malte Lehming: Ich selbst stehe der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber seit langer Zeit skeptisch gegenüber. Sofern sie integriert und nicht straffällig geworden sind, sollte man ihnen eine Chance geben. Aber ich versuche, Menschen zu verstehen, die in bestimmten Situationen Angst haben. Menschliches Verhalten gegenüber anderen ist nur selten ganz frei von Ressentiments. Um ein besonders krasses Beispiel zu konstruieren: Wenn ein Schutzsuchender aus dem Sudan, der nachts durch eine deutsche Kleinstadt läuft und dem drei glatzköpfige Skinheads mit einem Baseballschläger entgegenkommen, die Straßenseite wechselt, bezichtigt er implizit die Skinheads, gewaltbereite Rassisten zu sein. Ist ihm das zu verübeln? Natürlich nicht.

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Dr.Vogel: Wenn Frau Pechstein behauptet, dass alle Kinder Mama und Papa wollen, also auch die von gleichgeschlechtlichen Paaren, ist das einfach nur eine nette Privatmeinung? Ich finde, das ist eine bewusste Ausgrenzung gleichgeschlechtlicher Familien.

Malte Lehming: Herr Dr. Vogel, Sie haben Recht. Wenn Frau Pechstein behauptet, dass Kinder „Mama und Papa“ wollen, ist das eine bewusste Ausgrenzung gleichgeschlechtlicher Familien und wird von diesen als verletzend empfunden. Aber nicht für mich ist das eine „nostalgische“ Haltung, sondern für Teile der Union. Ich selbst setze mich seit mehr als zehn Jahren für die gleichgeschlechtliche Ehe ein.


niemandmagmusik: Die Behauptung, durch Abschiebung irregulärer Migranten würde das Land sicherer, ist rassistisch. Ebenso die Gleichsetzung von „nichtdeutsch“ und irregulären Migranten durch den Autor im Absatz darüber.

Malte Lehming: Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung (SPD, Grüne, FDP) steht: „Die Regierungsparteien haben eine Rückführungsoffensive vereinbart, um die Ausreisepflicht noch konsequenter umzusetzen.“ Gemeint sind Abschiebungen. Ich bin anderer Meinung als Frau Pechstein. Insbesondere meine ich, dass Integrationsbemühungen verstärkt werden müssen. Aber wenn der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger bei Straftaten 37,4 Prozent beträgt, können Menschen auf die Idee kommen, dass weniger Nichtdeutsche weniger Straftaten bedeuten. Obwohl natürlich nicht jeder Tatverdächtige auch ein Täter ist.


Perdue: Ob es noch erlaubt ist, ein Zigeunerschnitzel zu bestellen? Darauf geht Herr Lehming nicht ein. Wohl wissend, dass der Verband der Sinti und Roma diese Bezeichnung als diskriminierend erlebt. Wenigstens spricht er Pechstein nicht ganz vom Vorwurf der Demagogie frei. Und was Charakter betrifft: ganz offensichtlich bricht sie Regeln im Beamtenrecht.

Malte Lehming: Die Art, wie Frau Pechstein sich auf Kulturkampf-Themen wie Gendersternchen, deutscher Liederabend und eben „Zigeunerschnitzel“ bezieht, habe ich als perfide bezeichnet. Und weiter: „Pechsteins Rede war nicht frei von Demagogie.“ Ich selbst würde das Wort „Zigeunerschnitzel“ allenfalls als Zitat (wie eben hier) verwenden, sonst nicht.


CJa: Pechstein kann denken was sie will und als Privatperson innerhalb der Grenzen des Strafrechts auch sagen, was sie will. Aber in Uniform gibt sie dem Ganzen ein quasi offizielles Gewicht - und diskreditiert die ganze Polizei, nährt sie doch den Verdacht, deren Angehörigen würden in erheblichem Umfang „rechts“ ticken.

Malte Lehming: Ich bin kein Experte auf dem Gebiet des Beamtenrechts. Deshalb bezog ich mich auf die Uniform-Frage in meinem Kommentar nur in diesen beiden Sätzen: „Beamte unterliegen einer Neutralitätspflicht. Dagegen hat sie offenbar verstoßen.“ Insofern teile ich den Einwand. Das Tragen der Uniform war ein Fehler.

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