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Ursula von der Leyen wird „Günstlingswirtschaft“ bei der Vergabe eines gut bezahlten Kommissionsposten vorgeworfen. Die Ernennung wurde jetzt von EU-Parlament abgewiesen.

© IMAGO/Bihlmayerfotografie/IMAGO/Michael Bihlmayer

Update

Vorwurf der „Günstlingswirtschaft“: Europaparlament rüffelt Leyen wegen Posten für CDU-Politiker

Die Kommissionspräsidentin hatte eine gut dotierte Stelle mit dem Parteikollegen Pieper besetzt. Das EU-Parlament hat nun ein neues Bewerbungsverfahren eingefordert.

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Kritik an Ursula von der Leyen: Im Streit um die Vergabe eines gut bezahlten Brüsseler Postens an einen CDU-Politiker hat das Europaparlament die EU-Kommissionspräsidentin abgemahnt. Es stimmte am Donnerstag mehrheitlich für einen Antrag des Mitte-links-Lagers, die Ernennung des bisherigen EU-Abgeordneten Markus Pieper (CDU) zum Mittelstandsbeauftragten rückgängig zu machen. Leyen müsse „ein wirklich transparentes und offenes Verfahren“ einleiten, heißt es in dem Text.

Der nicht bindende Antrag der Grünen wurde maßgeblich von Sozialdemokraten, Liberalen und Linken im Europaparlament unterstützt. Sie werfen der CDU-Politikerin Leyen vor, ihren Parteikollegen Pieper Ende Januar zum Kommissionsbeauftragten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ernannt zu haben. Dabei lagen nach ihren Angaben Bewerbungen besser qualifizierter Frauen aus Schweden und Tschechien vor, die in den Institutionen weniger vertreten sind.

Die Kritiker werfen Leyen „Günstlingswirtschaft“ vor, wie der FDP-Europaabgeordnete Michael Kauch erklärte. Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Freund kritisierte, Pieper habe das Auswahlverfahren „auf dem letzten Platz abgeschlossen – mit Abstand – und trotzdem den Job bekommen“. Leyens Vorgehen sei „unwürdig“.

Piepers Ernennung erfolgte gut einen Monat bevor die Europäische Volkspartei (EVP) um CDU und CSU Leyen zu ihrer Spitzenkandidatin für die Europawahlen Anfang Juni kürte. Die EVP wirft den anderen Parteien ihrerseits eine politische Kampagne vor. Alle Kritiker gehörten konkurrierenden Parteien an, hieß es.

Von der Leyen will an Pieper festhalten

Parteifreunde von Pieper sowie Sprecher der EU-Kommission weisen den Verdacht der Günstlingswirtschaft als vollkommen unbegründet zurück. Sie sehen hinter dem Vorgehen der Abgeordneten eine politische Kampagne gegen von der Leyen, die nach der Europawahl im Juni erneut zur EU-Kommissionspräsidentin gewählt werden will. Dafür spreche, dass EU-Kommissare aus Reihen der nun kritischen Parteifamilien Einspruchsmöglichkeiten im behördeninternen Verfahren nicht wahrgenommen hätten, heißt es.

Ein Sprecher von der Leyens machte am Donnerstag kurz nach der Entscheidung deutlich, dass es keine Pläne gebe, die Personalentscheidung rückgängig zu machen. Er betonte, dass bei dem Auswahlverfahren alle Regeln eingehalten worden seien und dass jede EU-Institution autonom über die Besetzung von Stellen entscheiden könne.

Christdemokraten werfen Grünen Doppelmoral vor

Die christdemokratischen Abgeordneten Ivan Stefanec und Monika Hohlmeier warfen am Donnerstag insbesondere den bei dem Antrag federführenden Grünen Doppelmoral vor. In einigen Fällen hätten grüne Minister aus EU-Mitgliedstaaten Personen ohne formelle Bewerbungsverfahren eingestellt, argumentierte der Slowake Stefanec.

Die CSU-Abgeordnete Monika Hohlmeier verwies auf den Fall des wegen Belästigungsvorwürfen zurückgetretenen deutschen Europaabgeordneten Malte Gallée. Sie kritisierte, die Grünen mahnten ständig eine wirksamere Anti-Harrassment-Politik an, hätten in dem genannten Fall aber selbst nicht die offiziellen Stellen eingeschaltet.

Pieper ist laut Kommissionssprecher Mamer auf vier Jahre ernannt. Seine Besoldungsstufe ist AD15 – das entspricht einem Monatsgehalt von mehr als 18.000 Euro. Auch vier Kommissionsmitglieder dringen in dem Fall auf Aufklärung.

In einer internen Debatte der Behörde hatte Leyen die Anschuldigungen am Mittwoch zurückgewiesen, wie es von Teilnehmern hieß. Sie hielt sich am Donnerstag in Bayern auf und äußerte sich vorerst nicht zu dem Fall. In Deutschland findet die Europawahl am 9. Juni statt. (AFP, dpa)

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