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Was kommt?/ Olympia

© Bearbeitung: Tagesspiegel/Mike Egerton/dpa

Streitthema Olympia : Gibt es eine Chance für Spiele in Deutschland?

Deutschland und die Olympischen Spiele, das war immer ein Politikum. Zuletzt wurden Stimmen laut, eine neue Bewerbung solle angestrebt werden. Doch ist das sinnvoll? Drei Experten geben ihre Einschätzung.

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Seit den Olympischen Sommerspielen von München 1972 gab es sieben deutsche Anläufe, sich für Olympische Spiele im Winter oder Sommer zu qualifizieren. Entweder scheiterten sie am Internationalen Olympischen Komitee (IOC) oder am Votum der Bürgerinnen und Bürger. Die Bewerbung und erst recht die Spiele stellen erhebliche Kostenfaktoren dar.

Es müsste massiv in Infrastruktur investiert werden. Ist das angesichts der Lage der Bauwirtschaft realistisch? Und wie steht es um die deutschen olympischen Sportlerinnen und Sportler? Olympia und Paralympische Spiele in Deutschland, das wäre für den Sport-Nachwuchs sicher ein Anreiz. Aber sind das genug Gründe für eine Bewerbung? Drei Experten schätzen die Lage ein. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Neue Vorzeichen, die Mut machen

Nach sieben erfolglosen Olympiabewerbungen erfordert ein neuer Anlauf sicherlich Mut, trotzt veränderter Rahmenbedingungen national wie international. Das IOC hat einen Reformprozess in die Wege geleitet, die Vergabekriterien und der Bewerbungsprozess wurden komplett überarbeitet. Die „neuen“ Spiele passen sich dem jeweiligen Gastgeber an, nicht mehr der Gastgeber den Spielen.

Das harmoniert perfekt mit dem neuen strategischen Ansatz des DOSB. Wir legen von Anfang an Wert auf die Partizipation der Bevölkerung und haben klare Leitplanken für eine mögliche Bewerbung definiert: Zum Beispiel setzen wir ausschließlich auf bereits vorhandene Sportstätten und somit auf Olympische und Paralympische Spiele in mehr als einer Stadt oder Region.

Neben Mut braucht es auch Zuversicht. Die Zuversicht, dass uns Multisportevents wie Olympia in Zeiten mannigfaltiger Krisen die Chance bieten, gemeinsam in die Zukunft unseres Landes zu investieren. Durch Olympia können wir den Sport wieder in der Mitte der Gesellschaft verankern und nachhaltige Mehrwerte für viele Menschen in Deutschland schaffen.


Umsichtige Planung und nachhaltige Durchführung als Grundlage

Die Olympischen und Paralympischen Spiele sind in vielerlei Hinsicht ein großes Projekt. Diese einzigartige Veranstaltung repräsentiert den Höhepunkt sportlicher Leistung und bietet Athletinnen und Athleten eine unvergleichliche Bühne und den Fans unvergessliche Momente. Ein seltenes, für manche einmaliges Ereignis, das Menschen aller Länder zusammenbringt.

Für den heimischen Sport kann die Ausrichtung der Spiele einen erheblichen Schub bedeuten. Berechtigte Kritik muss sorgfältig geprüft werden, bietet der Bewerbungsprozess und die mögliche Durchführung die Chance, einen bleibenden positiven Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung, den sozialen Zusammenhalt und die sportliche Landschaft Deutschlands zu hinterlassen. Eine umsichtige Planung und nachhaltige Durchführung sind die Grundlage.

Moderne Spiele brauche eine Checkliste mit festen Zielen dieses Sportfestes: ökologische Spiele, ökonomisch nachhaltige Spiele, Spiele für die Bürger*innen, achtsame Spiele und transparente Spiele. Eine Bewerbung Deutschlands für die Olympischen und Paralympischen Spiele wäre ein durchaus ambitioniertes Unterfangen, aber mit enormem Potenzial. Eine Entscheidung über eine deutsche Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Spiele muss und wird nach sorgfältiger Abwägung aller notwendigen Informationen und Argumente getroffen werden.


2036 – Party oder Demut?

Berlin und Olympia, das ist ein leidiges Thema. Es hat die Propagandaspiele 1936 und die hochnotpeinliche Bewerbung für die Sommerspiele 2000 gegeben. Es verwundert daher nicht, dass der Berliner oder die Berlinerin nicht vor Freude aufschreit, wenn eine Bewerbung in Erwägung gezogen wird. Dabei sein ist alles? Ick weeß nich. Das alles muss aber nicht heißen, dass Olympia und Berlin für alle Zeiten nicht mehr zusammenfinden.

Die Spiele haben nach wie vor ihren Reiz. Sie wären teuer, aber man bekäme auch etwas dafür, vor allem eine bessere (Sport-)Infrastruktur. Und dennoch: Eine Bewerbung für 2036 müsste schon sehr sorgfältig abgeklopft werden. In der Vergangenheit hat es keine Ausrichterstadt geschafft, die Ausgaben für Olympia unter Kontrolle zu halten. Die Kosten explodierten überall. Und Berlin ist nun wahrlich nicht bekannt dafür, große Projekte effizient und sparsam zu stemmen. Hinzu kommt das schwierige Datum 2036.

Ist dies nun ein Argument für die Spiele in der Hauptstadt, wie es von den Befürwortern einer Bewerbung immer angeführt wird? Oder wäre nicht vielmehr geboten, das 100-Jährige der Nazispiele in Demut zu begehen, anstatt eine Olympia-Party zu feiern?

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