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Specialhockey ist eine der vielen Sportarten bei den Special Olympics World Games.

© Imago/foto2press

Berliner wollen Medaille bei den Special Olympics: Alles fing mit einer Schul-AG in Lankwitz an

Die Peter-Frankenfeld-Schule bietet als Projekt Specialhockey an. Mehrere Spieler sind nun für das Nationalteam nominiert.

Von Daniel Goldstein

Marius Schwahn, Lucas Lenzner und Mujtaba Altameemi sind die Aushängeschilder eines besonderen Schulhockeyprojekts. Während die ersten beiden kurz davor stehen, die Früchte ihrer wöchentlichen Arbeit, die ihnen natürlich auch und vor allem Spaß macht, zu ernten, ist Letzterer mit 15 Jahren ein paar Monate zu jung, um an den Special Olympics World Games teilzunehmen.

Schwahn und Lenzner aber sind nominiert und werden für das Team Deutschland im Specialhockey auflaufen. Sie sind sowohl Teil der Specialhockey-AG an der Peter-Frankenfeld-Schule in Lankwitz als auch des Specialhockey-Teams Berlin-Brandenburg.

So unterschiedlich die Sportarten bei den Special Olympics World Games in Berlin (17. bis 25. Juni) auch sein mögen, eines haben alle gemeinsam. Neben dem großen Engagement der Sportler*innen ist bei geistig- und mehrfach behinderten Menschen viel Unterstützung von Eltern, Lehrkräften, Erzieher*innen und Ehrenamtlichen notwendig. Manche Athlet*innen können z.B. nicht alleine mit der U-Bahn zum Training fahren oder sich Schläger und Ausrüstung organisieren.

Der Start einer Arbeitsgemeinschaft passiert wie an jeder anderen Schule auch als eine Idee aus dem Kollegium. „Vor 20 Jahren haben wir hier an der Schule angefangen Hockey zu spielen“, erzählt Klaus Heinemann, Sportlehrer an der Peter-Frankenfeld-Schule. „Eine Kollegin hatte früher selbst gespielt und schlug es vor.“

Heinemann selbst hatte mit Hockey vorher gar nichts zu tun, war aber schnell Feuer und Flamme für das Projekt. „Ich habe dann gesehen, mit welcher Begeisterung alle dabei waren, mit viel Ausdauer und Kraft. Inzwischen spielen sie auch wirklich gut zusammen.“

20
Jahre wird an der Peter-Frankenfeld-Schule inzwischen Hockey gespielt.

Anfangs war es nicht ganz so einfach die Schläger, Trikots und Hosen oder Ausrüstung für die Torhüterinnen und Torhüter aufzutreiben. Irgendwann aber traf der 65-Jährige durch Zufall jemanden, der einen Kontakt zur Schulhockey-Initiative Diagonal Berlin e.V. herstellte. Dieser organisiert seit über zehn Jahren Hockey als Schulsport und wird von der Hockey-Ikone Berlins schlechthin, Natascha Keller, als Schirmherrin unterstützt.

Von da an nahm die Hockey-AG an der der Schule mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung noch mal richtig Fahrt auf. Denn 2016 kam über die Initiative Diagonal auch Gudrun Kauschke dazu. Die 59-Jährige spielt selbst seit 1972 mit dem Krummstock und das bis zur zweitklassigen Regionalliga, war in drei Vereinen aktiv, auch als Trainerin.

Sie suchte eine neue Herausforderung und ist mit ganzem Herzen dabei. Kauschke gründete das Specialhockey-Team Berlin-Brandenburg und sorgt auch dafür, dass sich die Spieler*innen – die Specialhockey-Teams treten immer gemischt an – abseits des Trainings treffen.

Trainerin Gudrun Kauschke, die Spieler Mujtaba Altameemi und Marius Schwahn sowie Lehrer Klaus Heinemann (v. li.).

© Lothar Kauschke

„Wir haben auch schon viele Reisen in diesem Jahr zu Wettkämpfen nach Hamburg, Essen oder Köthen unternommen, darauf sind wir richtig stolz“, erzählt sie. Nur gute Worte hat Kauschke für den Berliner Hockey-Verband übrig. „Wir bekommen von dort auch finanzielle Hilfe.”

Die Freude am Hockey ist allen Beteiligten anzusehen. Nicht nur auf dem Parkett in der Halle beim Training, auch wenn sie einfach nur über Hockey sprechen. Und die Athlet*innen haben Freunde gefunden. Mujtaba Altameemi im eigenen Team, wo er mit vielen älteren zusammen spielt.


Die Freundschaft ist beim Sichtungslehrgang entstanden

Marius Schwahn sogar darüber hinaus. Yannick Stojanovic kommt aus München und wird im Juni ebenfalls das deutsche Nationaltrikot bei den Weltspielen tragen. „Beim Sichtungslehrgang im Oktober haben wir uns das erste Mal getroffen“, erzählt Schwahn über Stojanovic. „Wir sind jetzt sowas wie beste Freunde, schreiben ganz oft und telefonieren gefühlt jeden Tag miteinander.“ Im Specialhockey ist die Nationalmannschaft eine klassische Auswahl, besteht also nicht aus verstärkten Vereins- oder Werkstattteams, wie z.B. im Fußball.

Schwahn, der in Zehlendorf wohnt, hat sich dem Sport verschrieben: „Hockey macht mir Spaß, ist meine Leidenschaft.“ Am meisten freut ihn das Toreschießen. Gar nicht kann er es leiden, „wenn mich mein Mitspieler anpöbelt, obwohl ich alles getan habe, was ich sollte.“

Bis auf das gelegentliche Rumgeschreie sieht er Specialhockey als sehr fairen Sport an. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mal meinen Gegner mit dem Schläger getroffen habe.“

Abseits all dieser leidenschaftlichen Inhalte hat Marius Schwahn ein Ziel für die World Games: „Ich will schon eine Medaille und wenn es geht, die goldene.“ Wenn es eine andere wird, fügt er an, „ist das auch nicht schlecht“. Eine Medaille – dies hätten sich auch Klaus Heinemann und Gudrun Kauschke redlich verdient.

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