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Die Ausstellung „Kunst ist, wenn sie trotzdem entsteht“ im Kunstraum Potsdam zeigt Werke des Künstlerpaars Ruth Wolf-Rehfeldt und Robert Rehfeldt.

© Andreas Klaer

Explosion und Formstrenge: Schau im Kunstraum

Mailart und Werke von Ruth Wolf-Rehfeldt und Robert Rehfeldt im Kunstraum

Von Richard Rabensaat

Auf zwei hydraulisch betriebenen Bühnen stehen Mitarbeiter des Kunstraums und befestigen bunte Blätter an der weißen Galeriewand. Darauf: Figuren, Ornamente, Muster, zusammen gesetzt aus getippten Buchstaben, erstellt von Ruth Wolf-Rehfeldt. Mitte der 70er Jahren hatte die Künstlerin begonnen, mit Schreibmaschinenbuchstaben eigentümliche Grafiken zu erstellen. Dies geschah zunächst mit schwarz-weiß getippten Buchstaben auf weißem, oder jedenfalls hellem Papier. Anfang der 90er Jahre stellte die Künstlerin ihre künstlerische Tätigkeit ein. Mit einem im Kunstraum aufgestellten Kopierer, neben dem einige ausgedruckte Vorlagen der Künstlerin liegen, haben die Besucher dort die Möglichkeit, die Blätterwand zu ergänzen und so den Rhythmus der Arbeiten der Künstlerin nachzuempfinden.

Bunter Wandschmuck: Figuren, Ornamente, Muster, zusammen gesetzt aus getippten Buchstaben.

© Andreas Klaer

Bereits 1975 war sie in den Verband bildender Künstlerinnen der DDR aufgenommen worden und hatte an zahlreichen Ausstellungen mit den für sie typischen Schreibmaschinengrafiken teilgenommen. Den Zirkel ihrer Werke beschloss sie mit Arbeiten, die sich, gefertigt zum Teil auf farbigem Papier, der Pop-Art annäherten. Robert Rehfeldt, ihr Mann, der 1993 verstarb, wandte sich nach dem Mauerfall ebenfalls mit seiner Malerei neuen Ufern zu. Abstrakte Formen, übermalte Figuren und zeichenhaft angedeutete Fragmenten zeigen die Leinwände im Kunstraum. Häufig hatte der Künstler keine neuen Leinwände gebaut, sondern alte übermalt. So entstehen aus vielen Schichten zusammen gesetzte Bilder, die vor Farben zu explodieren scheinen und nur gelegentlich Formen erahnen lassen.

Zahlreiche Wandarbeiten fertigte der Künstler im Auftrag der DDR. Häufig sind es geometrische Formen, angebracht auf Gebäudefassaden oder auch Fotocollagen wie am Berliner Rosa-Luxemburg Platz. In der Mitte der Plakatwand findet ein Porträt der Revolutionärin Rosa Luxemburg, daneben das Bild eines aufgebrachten Mobs, der mit hochgereckten Schildern „Schlagt ihre Führer tot! Tötet Liebknecht!“ fordert. Nach dem Mauerfall wandte sich der Künstler allerdings von der klar strukturierten, modern angewandten Collagetechnik ab und begann die im Kunstraum gezeigte Serie experimenteller Bilder. „Eruption Painting“, „Der neue Mensch“, „Yes“ betitelte er. Die meisten der Bilder allerdings blieben ohne Titel. Sie stehen im klaren Kontrast zu den zwar farbigen, aber stets streng strukturierten Blättern von Ruth Wolf-Rehfeldt.

In unmittelbaren Vergleich der beiden Persönlichkeiten wirkt es, als habe Ruth Wolf-Rehfeldt eine für sie stimmige, geschlossene Formensprache gefunden, nach der Robert Rehfeldt am Ende seines Lebens noch suchte. Das Künstlerpaar lebte in Ostberlin, obwohl Robert Rehfeldt, der aus Stargard in Pommern stammte, zunächst an der Westberliner Hochschule der Künste ein Kunststudium abgeschlossen hatte. Während er Auftragskunst im öffentlichen Raum und Grafik schuf, verfügte sie über eine Anstellung in der Ostberliner Akademie der Künste, was wohl auch durch eine in jungen Jahren abgeschlossenen Lehre als Industriekauffrau befördert worden war.

Nachdem aus der vormals immer noch offenen Ostzone durch den Mauerbau die abgeriegelte DDR geworden war, begannen sich die Rehfeldts Mitte der 70er Jahre ein Fenster zur Welt mittels Postkarten zu schaffen. Das Künstlerpaar pflegte von Pankow aus einen regen Brief- und Postverkehr mit Gleichgesinnten in aller Welt.

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