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Hans-Jürgen Scharfenberg, Die Linke

© Andreas Klaer

Spaltung bei Potsdams Linken: Scharfenberg stellt sich hinter Jäkel

Weiter Krise in der Linke-Fraktion: Rathauskooperation begrüßt Distanzierung von Jäkel nach dessen Votum mit der AfD. Der spricht von einer „Intrige“.

Die Krise bei der Potsdamer Linke-Stadtfraktion hält an: Angesichts der Pläne für eine Spaltung der Fraktion stellt sich Partei-Urgestein Hans-Jürgen Scharfenberg hinter den Stadtverordneten Ralf Jäkel. Dieser wirft seinen Parteifreunden wiederum eine „Intrige“ vor. Beim Kreisverband und den Partnern in der rot-grün-roten Rathauskooperation begrüßt man unterdessen die Distanzierung von Jäkel. Die Linke war über den Umgang mit dem Stadtverordneten in Streit geraten, nachdem dieser im Stadtparlament einem Antrag der AfD zugestimmt hatte.

Wie berichtet hatten die bisherigen Fraktionsgeschäftsführer Sigrid Müller und Stefan Wollenberg nach einem gescheiterten Anlauf für einen Fraktionsausschluss von Jäkel am späten Montagabend überraschend angekündigt, eine neue Fraktion formieren zu wollen. Alle Linke-Fraktionsmitglieder seien aufgerufen, sich der neuen Formation anzuschließen. Am Mittwoch wolle man den Namen und die Mitglieder der neuen Fraktion bekannt geben, sagte Stefan Wollenberg den PNN am Dienstag. In Parteikreisen war man davon ausgegangen, dass sieben oder acht der bislang zehn Linke-Stadtverordneten in die neue Fraktion wechseln.

Jäkel spricht von einer „von langer Hand vorbereiteten Intrige“

Jäkel sprach am Dienstag gegenüber den PNN von einer „von langer Hand vorbereiteten Intrige gegen mich“, die nun gescheitert sei. Er werde auf jeden Fall an seinem SVV-Mandat festhalten, betonte er. Wie genau es mit seiner Fraktionsarbeit weitergeht, hänge davon ab, wie sich die anderen Mitglieder zur Einladung in die neue Fraktion positionieren: „Ich werde nicht alleine dastehen, soviel ist gewiss.“

Ralf Jäkel

© Promo

Sein Ortsverband und seine Wähler stünden hinter ihm, sagte Jäkel, der als Parteiloser seit 1994 für die Linke im Stadtparlament sitzt und auch Ortsvorsteher von Eiche ist. Er habe sich bei der hinter verschlossenen Türen tagenden Fraktionssitzung am Montagabend erneut für seinen Fehler entschuldigt, sagte er.

Der langjährige Linke-Stadtverordnete und frühere Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg stellte sich auf PNN-Anfrage hinter Jäkel. Dessen „schwerer Fehler“ müsse zwar „aufs Schärfste verurteilt“ werden, betonte er. Er kenne Jäkel aber lange genug und sei sich sicher, „dass er diesen Fehler nicht wiederholen wird“, sagte er den PNN. Die Frage, in welcher der beiden Fraktionen er künftig arbeitet, ließ er offen. Er habe „alles getan, damit die Fraktion, in die ich für 32 Jahre meine ganze Kraft reingesteckt habe, nicht in die Bedeutungslosigkeit sinkt“ und werde auch weiter dafür kämpfen, dass das nicht geschehe, betonte der Lokalpolitiker.

Hans-Jürgen Scharfenberg.

© Andreas Klaer

Scharfenberg kritisierte das Vorgehen in der Fraktionssitzung am Montagabend, in der sein eigener Beschlussantrag gar nicht mehr zur Abstimmung gestellt wurde. Sein Antrag habe eine Missbilligung von Jäkels „schwerem Fehler“ beinhaltet, ergänzt um die Perspektive, dass Jäkel bei einer Wiederholung aus der Fraktion ausgeschlossen wird. „Dem hätte ich zugestimmt“, sagte Scharfenberg.

Kreisverbandschef Gehrmann begrüßt die Distanzierung von Jäkel

Linke-Kreisverbandschef Roland Gehrmann sagte den PNN am Dienstag, er sei „dankbar dafür, dass ein Großteil der Fraktion Konsequenzen gezogen hat“. Jäkel habe mit seinem Abstimmungsverhalten einen Tabubruch begangen, „der inakzeptabel war“, bekräftigte Gehrmann. Er gehe davon aus, dass die neue Fraktion bitten werde, als reguläre Fraktion der Linke in Potsdam anerkannt zu werden, sagte der Kreischef. Sobald ein entsprechender Antrag vorliege, werde der Kreisverband mit den Ortsverbänden darüber entscheiden.

Bei den Partnern in der rot-grün-roten Rathauskooperation beobachtet man die Entwicklung zurückhaltend. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Sarah Zalfen sagte den PNN, sie bedauere, „dass die betroffenen Akteure nicht einen sanfteren Weg wählen“. Die Neubildung der Fraktion sei aber „konsequent“. Sie hoffe auf eine vertrauensvolle weitere Zusammenarbeit mit der neuen Fraktion und gehe davon aus, dass nach der Entscheidung im Kreisverband Klarheit herrscht.

Die Grünen-Fraktionschefs Saskia Hüneke und Gert Zöller begrüßten auf PNN-Anfrage, dass die Linke-Stadtverordneten „angesichts des unerträglichen Redebeitrags und des Stimmverhaltens von Herrn Jäkel“ Konsequenzen ziehen. Man gehe davon aus, „dass der überwiegende Teil der Stadtverordneten der Linken in der Rathauskooperation bleiben wird“.

Schadenfreude beim politischen Gegner: „Die Woche läuft gut an“, twittert AfD-Mann Hohloch

Mit Schadenfreude wurde die Entwicklung beim politischen Gegner aufgenommen. „Linke spaltet sich im Potsdamer Stadtparlament, weil eines ihrer Mitglieder mit der AfD stimmte. Die Woche läuft gut an“, twitterte der AfD-Kreischef und -Landtagsabgeordnete Dennis Hohloch.

Jäkel hatte im Stadtparlament einem Antrag der AfD zugestimmt, wonach die Bundesregierung aufgefordert werden soll, zur Verhinderung einer Gasmangellage im Winter die russische Pipeline „Nord Stream 2“ in Betrieb zu nehmen - trotz des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Freilich hat ein Votum der Stadtverordneten darüber überhaupt keine konkreten Wirkungen.

Die Positionierung zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sorgt bei der Linken auch auf Bundesebene für Turbulenzen. Nach wiederholten Äußerungen der Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht, die unter anderem von einem „Wirtschaftskrieg“ des Westens gegen Russland sprach und die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 forderte, gab es in den vergangenen Wochen auch Parteiaustritte.

Die Vorgänge wecken auch Erinnerungen an den innerparteilichen Streit in der Potsdamer CDU vor mehr als zehn Jahren: 2011 überwarfen sich Peter Schultheiß und Wolfgang Cornelius mit dem Rest der CDU-Stadtfraktion, gründeten die Wählergruppe Potsdamer Demokraten und saßen als Zwei-Mann-Fraktion im Stadtparlament.

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