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Weihnachtsmarkt in Potsdam.

© Foto: PNN / Ottmar Winter

„Ich borge euch meinen Muff ...“: Frivole Entdeckung auf dem Weihnachtsmarkt

Betrachtungen über das vergessen geglaubte Dingens mit Strippe, das frau sich um die Hals hängt, um die Hände zu wärmen. Und nicht nur die.

Eine Kolumne von Hella Dittfeld

Punkt 16 Uhr geht der blaue Lichterglanz auf dem Potsdamer Weihnachtsmarkt an. So sieht er gleich viel heimeliger aus und die Baustelle am Entree Brandenburger Straße kann sich in die Dämmerung zurückziehen. Zwei schöne Weihnachtsbäume zieren Anfang und Ende der weihnachtlichen Meile und der Rummel hat auf dem Bassinplatz einen guten Standort gefunden. Angebote an den Ständen gibt es reichlich. Nur der Gewürzhändler fehlt leider. Was mich schwer enttäuscht. Keiner war so preiswert wie dieser Gehilfe vom Weihnachtsmann.

Aber dann habe ich etwas entdeckt, dessen Anblick mir das Herz höher schlagen lässt. Ein Muff! Ich dachte schon, die jüngeren Damen kennen so ein Utensil gar nicht mehr. Ein Muff ist ein Dingens, das man sich an einer Strippe um den Hals hängt. Er hat ein Loch inmitten wärmenden Futters und da steckt man die Hände hinein. Herrlich.

Und auch ein bisschen unanständig, wenn ich an den altfranzösischen Chansontext denke. Aber wer kennt den schon noch? Doch plötzlich höre ich hinter mir beim Bestaunen der pelzigen Kostbarkeit eine Stimme leise singen: „Ich borge Euch meinen Muff, borge Euch meinen kleinen Muff ...“ Wer weiß, wie es weitergeht, wundert sich sicher nicht, das ich leicht erröte.

Zu Hause habe ich im Internet nachgeschaut, ob man die erotischen Chansons, zu denen auch der verborgte Muff gehört, noch bekommt. Und siehe da, sie werden auch weiterhin als Schallplatte und mit Helen Vitas wunderbar lasziver Stimme angeboten. Sehr nostalgisch und herzerwärmend - und ich kann außer einer gewissen Frivolität nichts Abwertendes dabei finden, dass die Weiblichkeit ansagt, wie sie auf ihre Kosten kommt.

Den Muff habe ich nicht gekauft, denn er ist leider unpraktischer als ein paar ganz unspektakuläre Handschuhe. Über die fehlenden Gewürze habe ich mich sehr international mit polnischen Würstchen, italienischen Bonbons und schwedischem Punsch hinweggetröstet. In bin Riesenrad gefahren und habe versucht, das Staudenhof-Gebäude auszumachen. Es gibt ja schon wieder Bestrebungen, den Betonkoloss zu erhalten und umzubauen. Wenn das gelingt, glaube ich an den Weihnachtsmann und kauf mir einen Muff, den hübschen kleinen Muff. Verborgen tu ich den aber nicht.

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