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Dietmar Woidke, SPD, Ministerpräsident seit 2013

© IMAGO/Andreas Franke/imago

Woidke lehnt Verbot der AfD ab: Brandenburgs Regierungschef ist für Kampf der Argumente

Es ist seine dritte Brandenburg-Wahl, die Chancen sind schlecht wie nie. Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) startet kämpferisch ins Superwahljahr.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) will die AfD nicht verbieten, sondern im Wahlkampf schlagen. Vor der Landespressekonferenz am Freitag in Potsdam sprach sich der Regierungschef, dessen Partei in Umfragen wenige Monate vor der Landtagswahl am 22. September bislang abgeschlagen hinter der AfD liegt, am Freitag strikt gegen ein AfD-Verbotsverfahren aus.

„Ich halte diese Debatte für vollkommen falsch“, sagte Woidke. „Sie hilft nur den Falschen.“ Dabei verwies er auf die hohen rechtlichen Hürden, die das gescheiterte NPD-Verbotsverfahren in seiner Zeit als Innenminister gezeigt habe. Zudem profitiere politisch allein die AfD. „Allein der Eindruck, wir versuchen, diese Partei auf diesem Weg aus der politischen Debatte auszuschließen, ist verheerend“, sagte Woidke.

Woidke widersprach damit SPD-Bundesparteivorsitzenden Saskia Esken und auch dem früheren SPD-Bundestagsvize-Präsidenten Wolfgang Thierse, die ein AfD-Verbot prüfen wollen. Woidke plädiert dafür, die AfD stärker inhaltlich zu stellen. „Ich gebe zu, dass wir als SPD in Teilen große Fehler gemacht haben“, sagte er. Wie vorher bei der rechtsextremen DVU, die von 1999 bis 2009 Teil des Landtags war, habe man lange die inhaltliche Auseinandersetzung mit AfD nicht intensiv genug gesucht.

Die AfD ist wie ein Ölfleck in der Pfütze. Er sieht bunt aus. Aber wenn man hineingreift, ist da nur brauner Matsch.

Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident Brandenburgs

Woidke selbst fährt seit einigen Monaten einen offensiveren Kurs, greift die AfD direkt an. So klage die AfD gegen das „Brandenburg-Paket“ im Umfang von zwei Milliarden Euro, das in der Krise Kommunen und Krankenhäusern helfe, habe aber im Landtag selbst einen Drei-Milliarden-Rettungsschirm gefordert, sagte er. „Die AfD ist wie ein Ölfleck in der Pfütze. Er sieht bunt aus. Aber wenn man hineingreift, ist da nur brauner Matsch.“

AfD hat SPD in Umfragen abgehängt

Der 63-jährige Lausitzer ist seit 2013 Ministerpräsident, der dritte Brandenburgs seit der Wiedervereinigung. Die SPD regiert das Land seit 1990 ununterbrochen. Diesmal ist die Ausgangslage für die SPD jedoch schlechter als je zuvor: Die AfD ist nach der letzten Umfrage mit 28 Prozent aktuell die stärkste Kraft – weit vor der SPD mit 20 Prozent und der CDU mit 18 Prozent. Trotzdem zeigte sich Woidke zuversichtlich, den Trend noch zu drehen.

Er erinnerte an 2019, als die SPD zu Jahresbeginn hinter AfD und CDU gelegen hatte, und daran, dass es vor Landtagswahlen nie Rückenwind vom Bund gegeben habe. Diesmal seien die Herausforderungen allerdings „deutlich größer“, sagte Woidke. Es gehe bei der Richtungswahl um „politische Stabilität“, ohne die es keine wirtschaftliche und soziale Stabilität und Sicherheit gebe.

Woidkes Wahlziel: AfD-Sieg verhindern

Dabei machte Woidke klar, dass er nicht als Zweitplatzierter eine Regierung bilden will, sondern auf Sieg setzt. „Ich habe mit gewisser Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass wir die einzige Partei mit dem Ziel sind, dass die AfD nicht stärkste Kraft in diesem Bundesland wird“, sagte Woidke. Er spielte darauf an, dass CDU-Herausforderer Jan Redmann bislang lediglich erklärt hat, die SPD schlagen und Ministerpräsident in Brandenburg werden zu wollen. Das wäre auch möglich, wenn die CDU zweitstärkste Kraft hinter der AfD, aber vor der SPD werden würde.

Ich weiß, es ist ein hartes Wort: Der offene Streit, der auf Bundesebene läuft, ist Demokratie-zersetzend.

Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident Brandenburgs

„Ich habe nicht gehört, dass die CDU Brandenburg den Anspruch erhoben hat, stärkste Partei in diesem Land zu werden“, sagte Woidke. „Ich kenne das aus anderen Wahlkämpfen anders. Ich bin ja schon ein Weilchen dabei. Ministerpräsident sollte man doch nicht werden, wenn man nur Dritter oder Vierter wird und hinterher versucht, sich an die Macht zu mogeln.“ Auf die Frage, welche Konsequenzen er im Falle eines AfD-Sieges ziehen würde, antwortete Woidke ausweichend. Er gehe mit „Optimismus, Engagement und guter Laune“ in den Wahlkampf. Was passiere, würde am Ende zu sehen sein.

Woidke schließt Kenia 2.0 nicht aus

Eine Neuauflage des Kenia-Bündnisses aus SPD, CDU und Grünen hält Woidke nach eigenen Aussagen für möglich. „Ich schließe nicht aus, mit einem oder beiden Partnern weiter zusammenzuarbeiten“, sagte er. „Das unterscheidet mich von anderen.“ Redmann hatte zuvor erklärt, nicht wieder mit den Grünen koalieren zu wollen. Zwar sei es eine Notheirat gewesen, „das gab es früher auf Brandenburger Dörfern des Öfteren“, sagte Woidke. Doch die Bilanz der Koalition könne sich sehen lassen.

Unzufriedenheit über Schulbilanz

Zur Bildungspolitik, bei der Brandenburg regelmäßig miserabel abschneidet und der Landeselternrat jüngst sein Eingreifen forderte, sagte Woidke, dass er mit den Ergebnissen nicht zufrieden sei. Regelmäßig sei er mit Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) im Gespräch. Er habe einen Plan aufgelegt, um die Kompetenzen und Grundfähigkeiten in Deutsch, Mathematik und den Naturwissenschaften zu erhöhen.

Woidke stellte sich zudem hinter Finanzministerin und Vizeparteichefin Katrin Lange (SPD), die jüngst die Ampel scharf angegriffen hatte, unter anderem wegen der Migrationspolitik. „Dass wir uns blind verstehen, ist das eine. Sie spricht Dinge aus, die ausgesprochen werden müssen“, sagte Woidke.

Er betonte, dass die Kenia-Koalition in Brandenburg im Unterschied zur Ampel-Koalition in Berlin Konflikte weitgehend intern kläre. Er mahnte diesen Stil auch für die Koalition im Bund an, unter Verweis auf das deutschlandweite Erstarken der AfD: „Ich weiß, es ist ein hartes Wort: Der offene Streit, der auf Bundesebene läuft, ist Demokratie-zersetzend.“

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