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Schüler Ron Bulgrin aus Potsdam und Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) stellen die Pläne für das neue Brandenburger Jugendgesetz vor.

© Marion Kaufmann

Von Kindern für Kinder: Brandenburg verbessert Jugendschutz

Mit einem Kinder- und Jugendgesetz betritt Brandenburg Neuland. Nicht nur die breite Beteiligung Jugendlicher an dem Entwurf ist bundesweit einmalig, auch die Ausgestaltung der Schutzvorschriften.

Bei der Sprache fängt es an. „Viele Jugendliche verstehen das Verwaltungsdeutsch nicht“, sagt Ron Bulgrin. Nicht jeder habe wie er einen Zollbeamten als Vater, den er fragen könne, was denn gemeint sei mit manchen Gesetzestexten. Das müsse beim neuen Kinder- und Jugendgesetz des Landes anders laufen, findet der Schüler des Potsdamer Leibniz-Gymnasiums. „Es muss verständlich sein für diejenigen, die es betrifft.“

Dafür will der 15-Jährige, der sich in seiner Heimatstadt im Jugendhilfeausschuss engagiert, sorgen. Der Schüler ist einer von bislang rund 500 Brandenburger Jugendlichen, die sich daran beteiligt haben, das Gesetz zu erarbeiten, per Onlinebefragung oder wie Ron in Workshops mit Fachleuten aus Ministerium, Jugendhilfe und Verbänden.

Brandenburg ist Vorreiter

Wobei die eigentlichen Experten die Kinder und Jugendlichen selbst sind, wie Brandenburgs neuer Jugendminister Steffen Freiberg (SPD) betont. „Sie haben ein sehr gutes Gespür dafür, was für sie gut und wichtig ist“, sagt er. Brandenburg betritt mit diesem Vorgehen Neuland. Nicht nur die breite Beteiligung Jugendlicher vor Verabschiedung eines Gesetzes ist bundesweit einmalig, auch bei der Ausgestaltung des im Entwurf mehr als 200 Seiten starken Regelwerks sei Brandenburg Vorreiter.

Die Pläne gingen weiter als das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz des Bundes, Brandenburg räume Jugendlichen mehr Rechte und Schutz ein, so Freiberg. Der bisherige Staatssekretär führt nach dem Rücktritt von Britta Ernst (SPD) als Bildungsministerin Mitte April eines ihrer Kernanliegen fort: Kinderrechte und Jugendbeteiligung zu stärken, ist auch Ziel im rot-schwarz-grünen Koalitionsvertrag.

Ein Beispiel ist die Einrichtung von flächendeckenden, unabhängigen Beratungsstellen, die allen Jugendlichen bei Problemen beispielsweise mit den Eltern helfen, auch wenn sie – und das geht über die Bundesregelung hinaus – keine Sozialleistungen beziehen. Wichtig aus Sicht der Jugendlichen: „Die Beratung soll auf keinen Fall im Jugendamt oder der Schule stattfinden, um Stigmatisierung zu vermeiden“, sagt Brandenburgs Kinder- und Jugendbeauftragte Katrin Krumrey. Geeignetere Orte seien Jugendtreffs und Familienzentren.

Bei Konflikten mit dem Jugendamt sollen Familien zudem Ombudsstellen aufsuchen können, die unvoreingenommen vermitteln, führt Volker-Gerd Westphal, Abteilungsleiter im Bildungsministerium, aus. Bei Anträgen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung sollen Verfahrenslotsen assistieren. Für die Kosten in nicht bezifferter Höhe, die durch die Umsetzung des Gesetzes bei den Trägern der örtlichen Jugendhilfe entstehen, will das Land gemäß dem Konnexitätsprinzip aufkommen.

Schutz vor Extremismus

Umfassend sind die Regelungen zum Kinder- und Jugendschutz. Dem Schutz vor Extremismus – nach rechtsextremen Vorfällen an einer Schule in Burg (Spree-Neiße) hochaktuell – ist ein eigener Paragraf gewidmet. Extremismus wird in dem Gesetz als kindeswohlgefährdend angesehen. Die Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg soll Schulen und Jugendeinrichtungen bei Extremismusfällen unterstützen.

Auch die Stärkung der Medienkompetenz junger Menschen wird als Ziel genannt. Weitreichende Folgen hat das Gesetz für private Anbieter wie Ballettschulen oder Reiterhöfe: Sie müssen Kinderschutzkonzepte entwickeln. Bislang galt das nur für öffentliche Träger oder Kitas.

Dass das Land Kinder und Jugendliche in den Blick nimmt, hat auch einen messbaren Grund: Ihre Zahl steigt. Lag der Jugendquotient, das Verhältnis der Personen bis 19 Jahren zur Bevölkerung im erwerbstätigen Alter, 2012 noch bei 25, liegt er nun bei 31,2. Der Gesetzestext beginnt entsprechend mit folgenden Worten: „Das Land Brandenburg ist ein kinder- und jugendfreundliches Land“.

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