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Das ehemalige Generalshotel befindet sich am früheren Flughafen Schönefeld.

© dpa/Patrick Pleul

„Die Schlinge zieht sich leider zu“: Letzter Blick ins Generalshotel am BER?

Der Villa am Schönefelder Flughafen, in der die DDR ihre Staatsgäste, Künstler und Promis empfing, droht der Abriss. Die Rettungsinitiative lud zum Vor-Ort-Termin.

Die Initiative „Generalshotel retten!“ appelliert an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Bundesregierung, ein Abriss-Moratorium für das intakte, aber akut bedrohte Baudenkmal im künftigen Regierungsflughafen am BER in Schönefeld zu ermöglichen – bis zur Klärung möglicher Alternativen zum Erhalt. „Ich bin fassungslos, dass es wegsoll. Es ist wie eine Zeitkapsel erhalten“, sagte etwa Ayhan Ayrilmaz, Vizepräsident der Berliner Architektenkammer, dem Tagesspiegel bei einem Vor-Ort-Termin.

Er sei selbst Architekt und wisse, wie schwierig es sei, langjährig erarbeitete Planungen noch einmal aufzuschnüren: „Das Gebäude ist aber keine Last, sondern eine Chance.“ In seiner architektonischen Qualität erinnere es an Schloss Schönhausen, den Amtssitz von Wilhelm Pieck, des ersten DDR-Präsidenten.

Ayhan Ayrilmaz, Vizechef Architektenkammer Berlin, bedauert den geplanten Abriss der Generalsvilla.

© Thorsten Metzner

Ein einmaliges Zeugnis

Der Bau habe 1947 begonnen, als Deutschland in Trümmern gelegen habe, „es ist ein einmaliges Zeugnis für diese Zeitschicht“, sagte Stephanie Herold, Professorin für städtebaulichen Denkmalschutz und Urbanes Kulturerbe an der TU Berlin. Im Auftrag der Sowjetischen Administration (SMAD) sei es als Empfangsgebäude errichtet worden, für den Flughafen im eigenen Sektor, da Tempelhof im Westen gelegen habe.

Herold wies auf Unwuchten im Umgang mit dem Kulturerbe hin. „In Berlin ist gerade der Weltkulturerbe-Antrag für die Karl-Marx-Allee und das Hansa-Viertel eingereicht“, sagte Herold. „Es geht um das Bauen im geteilten Berlin. Natürlich lässt sich auch dieses Gebäude da einordnen. Und wir haben zwei Westberliner Flughäfen, die unter Denkmalschutz stehen.“ Das Generalshotel im Osten aus der Frühzeit des Schönefelder Flughafens gehöre jedoch auch in diesen Kontext. „Es sagt auch etwas über unsere Perspektive auf die deutsch-deutsche Geschichte aus, wie wir mit diesem Gebäude umgehen.“

Der Kronleuchter im Foyer der Villa ist noch im Originalzustand.

© dpa/Patrick Pleul

Wie berichtet soll die zwischen 1947 und 1950 errichtete repräsentative Villa abgerissen werden. Es hatte nach Bau im Auftrag und der Nutzung durch die Sowjets seit 1961 als Empfangsgebäude für Staatsgäste der DDR, aber auch Promis, Künstler und Sportler wie Juri Gagarin, Marlene Dietrich oder Louis Armstrong gedient. Mit den Planungen für den Regierungsairport am BER sind dort Abstellplätze für Flugzeuge der Bundesregierung vorgesehen.

Bei Abriss Platz für Flieger

Da die Generalsvilla nur 50 Meter lang und 20 Meter breit ist, wäre auf der Grundfläche etwa Platz für einen Flieger. In der Nähe, in Sichtweite, steht das leer stehende alte Schönefelder SXF-Terminal aus DDR-Zeiten (zuletzt T5), das die Flughafengesellschaft jüngst ausgemustert hat. Die Zukunft dieses Gebäudes, das nicht unter Denkmalschutz steht, und der Flächen ist völlig offen.

Die Generalsvilla steht seit den 90er Jahren unter Denkmalsschutz. Auch jetzt noch. Gegen den Abriss, der 2011 mit einer Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für den BER ermöglicht wurde, hatte das Landesdenkmalamt eine fast tausend Seiten umfassende ablehnende Stellungnahme vorgelegt – vergeblich. „Es blutet uns das Herz. Es ist ein Bau der Superlative aus der unmittelbaren Nachkriegszeit und der frühen DDR“, sagte Haiko Türk vom Landesdenkmalamt. „Es hat sich in einer unglaublichen Ursprünglichkeit überliefert. Der Bau ist einmalig, so etwas haben wir in der brandenburgischen Denkmalliste mit 14.000 Objekten nicht noch einmal.“

Beim Rundgang offenbart sich viel Originalsubstanz – außer dem noblen Foyer mit Marmorwänden und dem Kronleuchter etwa auch Holzvertäfelungen und Stofftapeten in Räumen, Original-Leuchter oder Heizungsabdeckungen mit Sowjetsternen, Dreh-Lichtschalter oder Telefonzellen. Manches ist schon markiert für die Sicherung und Verwahrung, um es nach dem Abriss irgendwo museal zu präsentieren.

Blick in vergangene Zeiten: die sogenannte „Generalswohnung“.

© dpa/Patrick Pleul

Den Vor-Ort-Termin mit Medien, Politikern, Gemeindevertretern und Behörden hatte die Initiative „Generalshotel retten“ organisiert, um über die Öffentlichkeit noch einmal Druck für den Erhalt zu machen. Der Aufruf hat inzwischen fast 300 Unterzeichner. Schon im August sollen wohl die Abrissarbeiten beginnen. Zuletzt war es von der Bundespolizei genutzt worden, die vor einigen Monaten auszog. Bundespolizei und BIMA hatten, wie es von dieser Seite hieß, ermöglicht, die Generalsvilla „noch mal anzusehen“.

Die dem Bundesfinanzministerium unterstehende BIMA argumentiert, dass die Fläche gebraucht, dass am Regierungsflughafen mehr Platz benötigt wird, weil nach einer neueren Entscheidung der Bundesregierung die Flugbereitschaft der Bundeswehr vollständig von Köln/Bonn nach Schönefeld umziehen soll. Allerdings erst bis 2034.

Das Generalshotel wurde zwischen 1947 und 1950 erbaut.

© Thorsten Metzner

Da müsse man nicht jetzt in zwei Monaten die Villa dem Erdboden gleich machen, wirbt Sahra Damus, Grünen-Landtagsabgeordnete in Brandenburg und in der Rettungsinitiative aktiv, für ein Moratorium. „Das ist unser Appell, damit nicht im Juli ausgeräumt wird und im August die Bagger anrollen.“ Allerdings gebe es bisher von den beteiligten Bundesministerien für Finanzen, Verteidigung und Bauen nur Pingpong, keine Bereitschaft zum Dialog.

Nach Angaben eines BIMA-Vertreters wird diese „Flugbetriebsfläche“ am Standort nicht erst 2034, sondern früher gebraucht, in der Umgebung würden auch Altlasten eines alten Tanklagers beseitigt, um das Areal 2027 zu übergeben. Die Baustelle ist bereits eingerichtet, die Generalsvilla ist weiträumig mit einem neuen Stacheldraht-Bauzaun eingezäunt. Ein Bauschuttcontainer steht bereits neben dem Haupteingang.

„Es sieht alles nach Abrissvorbereitungen aus“, sagt Martin Maleschka, Architekt und Fotograf, der sich für den Erhalt der „Ostmoderne“ engagiert. „Die Schlinge zieht sich leider zu.“ Für ein Moratorium durch die Bundesregierung sprachen sich am Donnerstag auch Erhard Gundl, kulturpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, und die beiden Brandenburger SPD-Bundestagsabgeordneten Simona Koß und Matthias Papendieck aus.

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