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Generalsvilla auf dem Flughafen Schönefeld.

© Martin Maleschka

Generalshotel auf BER-Gelände vor Abriss: Denkmal der Ostmoderne akut bedroht

Auf dem Gelände des Hauptstadtflughafens steht das „Generalshotel“. Einst wurden hier DDR-Staatsgäste, Prominente wie Marlene Dietrich oder Juri Gagarin empfangen. Kann der Abriss noch verhindert werden?

Es ist ein herausragendes Baudenkmal der Ostmoderne, das in der Sperrzone auf dem Willy-Brandt-Airport der Hauptstadtregion steht: Das „Generalshotel“. Doch nun droht dem Bauwerk auf dem Schönefelder Flughafen in Kürze der Abriss. Errichtet von 1945 bis 1947 nach Entwürfen von Georg Hell, hatte es einst als Empfangsgebäude für Repräsentanten der Sowjetunion und später für DDR-Staatsgäste gedient, aber auch Prominente wie Marlene Dietrich, Juri Gagarin oder den Jazztrompeter Louis Armstrong. Da, wo es jetzt steht, soll ein profaner Parkplatz hin – für Regierungsflieger.

Der Abriss wird durchgezogen, obwohl der Regierungsflughafen umgeplant wird. Das bekräftigte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) auf Anfrage des Tagesspiegels: „Nach Beendigung der Nutzung durch die Bundespolizei ist der Rückbau des Generalshotels im Laufe dieses Jahres vorgesehen.“ Und zwar bald. Bereits im Juli sollen, wie die BIMA der Initiative „Generalshotel retten!“ aus Architekten, Künstlern, Denkmalschützern und Politikern mitteilte, denkmalgeschützte Objekte aus dem Gebäude geborgen und ausgelagert werden. Ende August/Anfang September ist demnach der Beginn der Abbrucharbeiten vorgesehen.

Es ist festzuhalten, dass es sich beim Generalshotel um einen bedeutsamen Träger historischer Identität handelt. 

Aus der aktuellen Dokumentation zur Geschichte des Denkmals

Welcher Verlust droht, belegt auch die dem Tagesspiegel vorliegende neue und offizielle „Historische Dokumentation“ zur Bau- und Nutzungsgeschichte, die laut BIMA in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) erarbeitet wurde. „Exponiert auf dem Gelände des Flughafens Schönefeld gelegen, ist das Generalshotel ein wichtiger Zeuge der deutschen Nachkriegsgeschichte, der die großen Umbrüche des 20. Jahrhunderts spiegelt“, lautet ein Fazit in dem Abschlussbericht. „Es ist festzuhalten, dass es sich beim Generalshotel um einen bedeutsamen Träger historischer Identität handelt.“

DDR ließ Sowjetsterne entfernen

Die Dokumentation offenbart Unbekanntes und Unerwartetes – zum Beispiel, wie die DDR 1961 von den Sowjets den Flughafen Schönefeld und damit auch das vorherige „Haus für Spezialgäste“ in eigene Regie übernahm. „Eine wesentliche Veränderung, die den Souveränitätsanspruch der DDR ausdrückte, war die Entfernung der in die Ausstattung integrierten Hoheitszeichen der UdSSR“, heißt es. So seien der Kronleuchter und die Wandleuchten in der Empfangshalle und in der Galerie, alle mit dem fünfzackigen Sowjetstern verziert, ausgetauscht worden. Auch die Sowjetsterne aus den Balkongittern seien entfernt worden.

Die Generalsvilla auf dem Flughafen Schönefeld.

© Martin Maleschka

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Sahra Damus ist empört, wie schnell jetzt alles gehen soll: „Die Sommerzeit soll offenbar genutzt werden, um das geräuscharm über die Bühne zu bringen.“ Tatsächlich wächst gerade der Widerstand, mitten in der neu entfachten Ostdebatte. Einen offenen Brief für den Erhalt des Baudenkmals der Ostmoderne haben etwa Gregor Gysi oder auch die Brandenburger Bundestagsabgeordneten Michael Kellner (Grüne) und Simona Koß (SPD) unterzeichnet. Am Mittwoch findet eine Expertenanhörung im Kulturausschuss des Potsdamer Landtages statt.

„Die Erfordernis zum Rückbau des Generalshotels besteht fort“, argumentiert hingegen die BIMA. „Das Gebäude befindet sich auf planfestgestellten Flugbetriebsflächen.“ Zudem habe sich mit dem Beschluss zum Umzug der gesamten Flugbereitschaft von Köln nach Schönefeld der Bedarf an Abstellpositionen für Luftfahrzeuge weiter erhöht.

Doch der soll der erst bis 2034 vollzogen werden. Und die Planungen für den Regierungsflughafen werden ohnehin gerade verändert: Der Neubau eines Regierungsterminals wurde verworfen, das 2018 errichtete Interimsgebäude soll nun dauerhaft genutzt werden.

Die sogenannte Generalsvilla auf dem Flughafen Schönefeld vor den Bauten des künftigen Hauptstadtflughafens BER. Die DDR-Regierung nutzte das Haus für Staatsgäste, die mit dem Flugzeug kamen oder auf den Abflug warteten.

© dpa/Soeren Stache

„Die Hochbauzone wird derzeit überarbeitet. Es sind Hangars, Stabs- und Dienstgebäude vorgesehen“, bestätigt die BIMA. Nach BIMA-Angaben vom Oktober 2022 sollen zwölf neue Gebäude errichtet werden. Eine Integration der „Generalsvilla“ und eine Verlegung der Abstellpositionen soll angeblich nicht möglich sein: „Für die planfestgestellte Flugbetriebsfläche, auf der sich das Generalshotel befindet, sind weiterhin Abstellpositionen für Luftfahrzeuge vorgesehen.“

Inzwischen wird laut BIMA nach Möglichkeiten gesucht, Ausstattungselemente aus der Generalsvilla in Museen oder an anderen Ausstellungsorten unterzubringen und zu präsentieren. Und virtuell. „Die Ergebnisse der denkmalpflegerischen Dokumentation und der zeithistorischen Forschung werden außerdem in Form einer interaktiven Computeranwendung (Panoramabilder für die interaktive Präsentation des Gebäudes, Kurzfilmdokumentation der Bestandsnutzung, Zeitzeugeninterviews) medial aufbereitet“, erklärt die BIMA.

„Die geplante interaktive Computeranwendung wird in Abstimmung mit dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und den noch auszuwählenden Museen und Institutionen erarbeitet“, heißt es weiter. Das „Generalshotel“ wird das alles nicht ersetzen.

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