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 Der rote Schriftzug «Sparkasse» ist über dem Eingang zur Filiale der Mittelbrandenburgischen Sparkassen neben dem Staudenhof zu sehen.

© dpa/Soeren Stache

Neuer Vorwurf an Brandenburgs Sparkassen: Vorstand verdient Millionen, Rentner müssen blechen

Der Sparkassenverband weist die Vorwürfe der Verbraucherzentrale zurück. Diese warnt bei Vorstellung der Jahresbilanz außerdem vor skrupellosen Geschäften mit Energieverträgen.

Brandenburgs Sparkassen nehmen Rentner aus, während sich Vorstandsmitglieder Gehälter im Millionenbereich gönnen. Diese Kritik äußerte der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Brandenburg, Christian Rumpke, am Freitag bei der Vorstellung des Jahresberichts der Verbraucherzentralen in Potsdam.

„Rentnerinnen und Rentnern werden Prämiensparverträge falsch verzinst oder gekündigt, und Filialen im ländlichen Raum werden geschlossen“, sagte Rumpke. „Gleichzeitig wissen wir aus EU-Pflichtdokumenten, dass beispielsweise bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam mehrere Vorstandsmitglieder mehr als eine Million Euro pro Jahr verdienen.“

Die Brandenburger Verbraucherzentrale hatte zusammen mit den Verbraucherzentralen aus Hessen und Bayern bereits vor einigen Wochen gefordert, die Sparkassengesetze der Länder grundlegend zu verändern. So sollten die Sparkassen zu mehr Transparenz verpflichtet und ihnen gleichzeitig grundlegende Angebote, etwa ein Filialnetz im ländlichen Raum, vorgeschrieben werden.

Änderungen am Sparkassengesetz „nicht wahrscheinlich“

Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) hatte daraufhin im Sommerinterview mit dieser Zeitung gefordert, dass die Sparkassen in Brandenburg die geplanten Schließungen noch einmal überdenken sollten. Gleichzeitig schloss sie allerdings aus, dass in der laufenden Legislaturperiode das Sparkassengesetz noch einmal angefasst wird. Nonnemacher sagte am Freitag, sie halte eine derartige Gesetzesnovelle „nicht für sehr wahrscheinlich, aber auch nicht für ausgeschlossen“.

Sparkassen sind staatliche Banken, von denen man erwarten würde, dass sie den Privatbanken mit gutem Vorbild vorangehen und verbraucherfreundlich agieren.

Christian Rumpke, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Brandenburg

Mittlerweile habe sich auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) des Themas Sparkassen angenommen. Rumpke berichtete, dass die Verbraucherzentrale mittlerweile gegen mehrere Sparkassen im Land mit Musterklagen wegen falsch berechneter Prämiensparverträge vorgehe. „Sparkassen sind staatliche Banken, von denen man erwarten würde, dass sie den Privatbanken mit gutem Vorbild vorangehen und verbraucherfreundlich agieren“, sagte Rumpke.

Das Instrument einer Sparkasse mache nur Sinn, wenn sie sich qualitativ und quantitativ von einer Aktionärsbank unterscheide. „Hier ist die Empfehlung nicht, möglichst viel Geld an eine Kommune auszuschütten, um Löcher im Haushalt zu stopfen“, sagte Rumpke. „Hier ist die Aufgabe, ein großes Filialnetz bereitzustellen und ein gutes Angebot zu schaffen.“

Sparkassenverband weist die Kritik zurück

Der Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbands, Ludger Weskamp, wies die Kritik der Verbraucherzentrale indes zurück. „Vertreter der Verbraucherzentrale Brandenburg erheben immer wieder dieselben Vorwürfe und versuchen so, die Sparkassen des Landes Brandenburg zu diskreditieren“, sagte Weskamp dieser Zeitung.

Es sei das gute Recht der Verbraucherzentralen, zu kritisieren. „Eine Organisation, die, im wesentlichen durch öffentliche Mittel finanziert wird, sollte dabei aber ein Mindestmaß an Klarheit und Wahrheit beachten“, so Weskamp.

Sparkassenverband: Zinszahlen nicht so hoch wie von der Verbraucherzentrale behauptet

Zu Prämiensparverträgen hätten Gerichte in der Vergangenheit entschieden, dass Zinsberechnungen angepasst werden müssten. Dies habe teilweise zu höheren Zinszahlen für Kundinnen und Kunden geführt. „Diese umfassten zumeist aber nur einen Bruchteil der Beträge, die von Verbraucherzentralen behauptet wurden“, sagte Weskamp. In den Verwaltungsräten von Sparkassen säßen neben Mitarbeitervertretern demokratisch gewählte Vertreter der Träger sowie Bürgerinnen und Bürger aus den Regionen.

„Ich halte es für richtig, dass vor Ort die wesentlichen Entscheidungen, so auch zu den Gehältern der Vorstände, getroffen werden“, so Weskamp. „Ich finde es zunehmend unerträglich, wie Menschen, die sich vor Ort engagieren, von Vertretern der Verbraucherzentralen kritisiert und abqualifiziert werden.“

Energiekrise sorgt für Beratungsbedarf

Zu den Hauptthemen der Verbraucherzentrale gehörte daneben die aktuelle Energiekrise. In jeder zweiten Beratung der Brandenburger Verbraucherzentrale sei es um Energieverträge oder das Energiesparen gegangen, sagte Rumpke. „Die Abrechnungsschreiben haben mittlerweile eher Buchcharakter“, sagte Rumpke.

Auch kämen die Nebenkostenabrechnungen immer mit Zeitverzug: „Die Energiepreisbremsen wirken erst seit März dieses Jahres“, sagte Rumpke. Viele Brandenburger würden in den nächsten Monaten hohe Nebenkostenabrechnungen erhalten. „Das, was da passiert, ist nicht schön“, sagte Rumpke. „Wir sind jetzt in der Lage, den 1,27 Millionen Haushalten in Brandenburg zu helfen: Nicht in jedem Fall mit Individualberatung, aber mit Musterbriefen und Hilfe zur Selbsthilfe.“

Zudem warnte Rumpke vor skrupellosen Geschäftemachern, die Menschen etwa an der Haustür neue Energieverträge anböten. „Schwarze Schafe nutzen die Unsicherheit der Verbraucher, was Energiesteigerungen oder Preisbremsen angeht“, sagte Rumpke. Man versuche, Verbraucher „in der schwachen Sekunde der Unsicherheit“ zu erwischen und durch Fehl- und Falschinformationen dazu zu bringen, ihren Anbieter zu wechseln.

Brandenburgs Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hob hervor, dass die Verbraucherzentrale seit Oktober 2022 auch eine Energierechtsberatung anbiete. Insgesamt fördere das Land die Einrichtung, die regelmäßig auch mobile Beratungen etwa in Wittenberge, Perleberg, Pritzwalk, Fürstenberg, Templin und Prenzlau anbietet, mit 2,8 Millionen Euro im Jahr.

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