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Günter Nooke (l.) und Matthias Platzeck waren gegen die Fusion von Bündnis 90/Die Grünen.

© Manfred Thomas/TSP

30 Jahre Bündnis 90/Grüne in Brandenburg: Fusion trotz Abtrünniger

Ostdeutsche Bürgerrechtsbewegung und westdeutsche Ökopartei – wie geht das zusammen? In der Mark war die Vereinigung zum Landesverband nicht einfach, es gab prominente Gegner.

Brandenburgs bekannteste Grüne schlüpft durch den Seiteneingang in den Saal. Annalena Baerbock kommt am Montagabend – offiziell nicht angekündigt – nicht als Außenministerin zur Geburtstagsparty in den Potsdamer Treffpunkt Freizeit, sondern als das, was sie von 2009 bis 2013 war: Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in Brandenburg, die meiste Zeit gemeinsam mit dem jetzigen Fraktionschef im Landtag, Benjamin Raschke.

Der Mann, der Brandenburgs bekanntester Grüner hätte werden können, feiert den 30. Geburtstag des Landesverbandes nicht mit: Matthias Platzeck, Promi der Brandenburger SPD, von 2002 bis 2013 Ministerpräsident, Langzeit-SPD-Landeschef und kurzzeitig auch Bundesvorsitzender. Als am 19. Juni 1993 in Cottbus die Fusion von Bündnis 90 und Grünen auf Landesebene vollzogen wird, die Einheit der Ost-Bürgerrechtsbewegung und der westdeutschen, als sehr links geltenden Ökopartei, schlägt Platzeck demonstrativ einen anderen Weg ein.

Matthias Platzeck und Günter Nooke lehnten die Fusion ab

Der damalige Umweltminister von Bündnis 90 in der ersten Ampelkoalition von SPD, FDP und Bündnis 90 unter Manfred Stolpe lehnt die Fusion ebenso ab wie der Bündnis-90-Fraktionschef, der DDR-Bürgerrechtler Günter Nooke.

930 Mitglieder mit und ohne Parteibuch gehören 1993 zum neu gegründeten Landesverband, rekapituliert die aktuelle Landesvorsitzende Alexandra Pichl, davon 689 von Bündnis 90 und 241 von den Grünen. Platzeck zählt nicht mehr dazu. Nach seiner Fusionsablehnung ist er Mitbegründer des Bürgerbündnisses freier Wähler, ehe er 1995 in die SPD eintritt.

Hanna Große Holtrup (l.) und Alexandra Pichl führen den Landesverband.

© dpa/Soeren Stache

Diese schwierige Gründungsphase wird nicht ausgeklammert bei der Geburtstagsfeier. „Nooke hat damals die Geschäftsstelle dominiert“, erinnert sich das Potsdamer Parteimitglied Frank Otto, der im Neuen Forum engagiert war. Es sei schwierig gewesen, Informationen über die Vorteile einer Fusion zu versenden, aber die dann deutlich dafür ausgefallene Urabstimmung habe gezeigt, dass der Zusammenschluss der richtige Weg gewesen sei.

2652
Mitglieder hat Bündnis 90/Die Grünen in Brandenburg

Viele Jahre in der außerparlamentarischen Opposition

Doch erst 2009, als die in Hannover geborene, aber seit Langem in Potsdam lebende Annalena Baerbock den Vorsitz übernahm, gelang nach Jahren der außerparlamentarischen Opposition der Einzug in den Landtag. Seit 2019 regieren Bündnis 90/Die Grünen gemeinsam mit SPD und CDU. Die Partei, die früher in Brandenburg fast nur in städtischen Gegenden punkten konnte, holte mit 10,8 Prozent das beste Ergebnis ihrer Landesgeschichte. Aktuell zählt die Partei laut Pichl 2652 Mitglieder – mehr als eine Verdopplung in 30 Jahren.

Und dennoch ist nicht alles im grünen Bereich: Je näher der Landtagswahlkampf 2024 rückt, desto mehr zeigen sich Risse in der Kenia-Koalition. Vor allem mit der CDU gibt es Uneinigkeit, etwa beim Thema Asyl. Und dann sind da die internen Verwerfungen. Im Februar trat die Co-Landeschefin Julia Schmidt auf Drängen des Parteivorstands zurück, nachdem ihr „untragbares Fehlverhalten“ vorgeworfen worden war. Inzwischen führt Pichl den Landesverband in einer neuen Doppelspitze mit der 26 Jahre alten Hanna Große Holtrup, die sich erst noch einen Namen machen muss.

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