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 Bündnis "Brandenburg zeigt Haltung!" ruft für Demokratie und Zusammenhalt auf. Fotos: Katharina Golze
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© Tagesspiegel/Katharina Golze

„Brandenburg zeigt Haltung!“: So will das Bündnis die Zivilgesellschaft gegen rechts stärken

Mehr als 110 Organisationen und 190 Menschen haben den Aufruf „Brandenburg zeigt Haltung!“ bereits unterzeichnet. Welche weiteren Aktionen das Bündnis plant.

Brandenburg zeigt Haltung. Das ist Botschaft auf dem Banner, das die Vertreterinnen und Vertreter aus der Brandenburger Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft auf dem Alten Markt in Potsdam, wo vor eineinhalb Wochen 10.000 Menschen gegen rechts demonstrierten, in die Luft halten. Das gleichnamige Bündnis „Brandenburg zeigt Haltung!“ erneuert im Superwahljahr und nach Bekanntwerden von Abschiebeplänen von Rechtsextremen und AfD seinen Aufruf für Demokratie und Zusammenhalt. Mehr als 110 Organisationen und 190 Menschen, darunter auch einige Prominente sowie Kooperationspartner der Initiative „Tolerantes Brandenburg“, haben bereits unterzeichnet.

Das Podium am Dienstagvormittag in der Nikolaikirche war voll.

© Tagesspiegel/Katharina Golze

Die schweigende Mehrheit sichtbar machen

„Wir wollen, dass die schweigende Mehrheit sichtbar wird“, sagt Daniel Wetzel vom Potsdamer Toleranzedikt, Initiator der Kampagne. Es sei keine politische Aktion, sondern eine zivilgesellschaftliche, spendenfinanzierte Initiative. „Wir kommen aus der Mitte der Gesellschaft“, sagt Wetzel. „Die Correctiv-Enthüllungen haben etwas ins Rollen gebracht. Wir müssen die Mehrheit mobilisieren“, sagt er. Hunderttausende hatten am Wochenende deutschlandweit und auch in Brandenburg demonstriert. „Nach den Demos muss man ins konkrete Handeln gehen“, fordert Wetzel.

Das Bündnis soll eine Plattform sein und den Menschen, die rechtsradikale Positionen leid sind, eine weitere Artikulationsmöglichkeit bieten, so Jann Jakobs, ehemaliger Potsdamer Oberbürgermeister und Vorstandsmitglied. Zum Start gäbe es die Unterschriftenaktion. Zudem sollen lokale Initiativen im Land unterstützt und miteinander vernetzt werden. Zudem seien Aktionstage im Gespräch, so Wetzel.

Rückhalt für lokale Initiativen

„Es sind die Menschen vor Ort gewesen, die die DVU und NPD dorthin gebracht haben, wo sie hingehören – in die Bedeutungslosigkeit“, sagt Winfriede Schreiber, ehemalige Leiterin des Verfassungsschutzes Brandenburg. Dafür brauche es einen breiten Rückhalt und zwei Mutige, die sich in die Gemeindevertretung gehen.

Winfriede Schreiber, ehemalige Leiterin des Verfassungsschutzes Brandenburg, spricht bei der Pressekonferenz zum Aufruf ·Brandenburg zeigt Haltung!.

© dpa/Britta Pedersen

Für die Kirchengemeinden im ländlichen Raum sei der Rückhalt durch das Bündnis wichtig, sagt Pfarrer Martin Vogel von der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Er berichtet von einem Molotowcocktail-Angriff auf den Spremberger Kirchturm und von Ökonazis in Lüchen.

Diskurs in den Unternehmen führen

„Das Bündnis kann nur ein Signal, eine Hoffnung sein. Wir müssen den Diskurs bei uns selber führen“, sagt Andreas Kaczynski, Vorsitzender der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege. Das heißt: Haltung zeigen nach außen – und auch innerhalb von Unternehmen und im Familien- und Freundeskreis, meint Dieter Hütte, Geschäftsführer des Tourismus-Marketings Brandenburg. Jens Warnken von der IHK Cottbus appellierte stellvertretend für alle drei Handelskammern, in die Betriebe zu gehen und dort auch junge Menschen zu erreichen.

Jens Warnken, Präsident der IHK Cottbus, zeigt am Rande der Pressekonferenz zum Aufruf ·Brandenburg zeigt Haltung!

© dpa/Britta Pedersen

Bei Brandenburgs Wohlfahrtsverbänden wie AWO, Caritas und DRK suchen die Leitungen mit den insgesamt 70.000 Mitarbeitenden aktiv das Gespräch zu dem Thema, berichtet Andreas Kaczynski. Seit Jahren gäbe es Schulungen zu rechter Sprache und Argumentationstrainings. Für die im Ausland angeworbenen Fachkräfte hätten sie eine Willkommenskultur etabliert, doch müsse man den Diskurs immer wieder führen. „Wir werden uns als Wohlfahrtsverbände in den Wahlkampf einmischen und zu Veranstaltungen einladen“, sagt Kaczynski.

Andreas Kaczynski (M), Vorstand Der Paritätische, Landesverband Brandenburg.

© dpa/Britta Pedersen

Wahlkampf mitbestimmen, Fakes News entlarven

Beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Berlin Brandenburg habe man sich seit der Prognosen zu den drei Landtagswahlen bereits mit dem Bundesverband eine Taskforce gebildet, auch um lokale Bündnisse zu unterstützen, Schulungen und Bildungsangebote zu schaffen und um Strategien zu entwickeln, „wie wir die Rechten und die AfD entzaubern können“, so Nele Techen, Vize-Vorsitzende DGB Berlin Brandenburg. Ähnlich zur Faktencheck-Seite „AfDnee“ soll es auch eine Analyse des AfD-Programmes in Brandenburg geben. „Wir müssen ein Stück weit die Leute ermutigen, Gesicht zu zeigen“, sagt Nele Techen. Am Dienstag rief der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften auf, an Demonstrationen teilzunehmen.

Hinter das Bündnis stellen sich auch Köpfe aus der Brandenburger Wissenschaft und dem Sport. Karl-Heinz Hegenbart, Präsident Landessportbund Brandenburg, verweist auf die Integration und das „Wir“-Gefühl in den 3000 Sportvereinen des Landes. Er wisse von vielen Vereinsmitgliedern, die auf Demonstrationen gegen rechts waren.

Susanne Buiter, Wissenschaftliche Vorständin des Helmholtz-Zentrum Potsdam.

© dpa/Britta Pedersen

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehen ihre Verantwortung zum Beispiel beim Aufklären über Fake News, sagt Susanne Buiter vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam. Jüngst hatten rechte Akteure behauptet, dass weitaus weniger Teilnehmer an den bundesweiten Demos teilgenommen hatten. „Die Wissenschaft hat eine Rolle: Hier sind die Fakten“, betont Buiter. Es sei wichtig, auch in den Sozialen Medien Präsenz zu zeigen und Widerspruch in die Timeline zu spülen, ergänzt Daniel Wetzel vom Potsdamer Toleranzedikt.

Jeder kann unterschreiben

Die Unterschriftenaktion sei offen für alle, sagt Wetzel. Die Website ist seit Dienstag online. „Ich hoffe, dass möglichst viele Unternehmen und Verbände unterzeichnen.“ Günther Jauch, Kai Dieckmann, aber auch eine Erzieherin aus Neuruppin hätten bereits unterschrieben, so Wetzel.

Auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ruft zur Beteiligung auf: „Machen Sie mit, stehen Sie auf gegen Rechtsextremismus und Intoleranz!“ Er danke den Initiatoren für diese weit über Brandenburg hinaus sichtbare Aktion. Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke appelliert im Rahmen des Bündnisses: „Haltung zeigen – darauf kommt es jetzt an!“

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