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Unter Druck: Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) hat sich nach der umstrittenen Millionenförderung für die Biotechnik-Firma Human Biosciences (HBS) in Widersprücche verstrickt.

© Oliver Mehlis/dpa

Brandenburgs Wirtschaftsminister unter Druck: „ wird Folgendes vereinbart“

Ein interner Vermerk der märkischen Förderbank ILB bringt Minister Christoffers im HBS-Skandal unter Druck. Hat er gelogen? Am Montag fehlen ihm Erinnerungen - oder der Wille zur Auskunft.

Potsdam – Er hat es versucht. Ralf Christoffers, 57, Brandenburgs erster Linke-Wirtschaftsminister, hat Dinge dementiert, die ihm nie vorgeworfen worden sind. Weisungen habe er nicht erteilt, Druck nie ausgeübt im „Fall Human Biosciences“  – behauptet hat das nie jemand wirklich. Ihm war nur vorgehalten worden, sich einmal mehr in einen Förderfall eingeschaltet zu haben, der am Ende Millionen kostete.

Die Dinge, die ihm vorgeworfen werden, hat er nicht aus der Welt geräumt. Immer wieder musste er Dinge richtigstellen. Nun hat er am Sonntag auch noch Offensichtliches dementiert: nämlich dass unter seiner Regie Millionen an Fördergeldern an mutmaßliche Betrüger geflossen sind – obwohl er als Minister von erheblichen Zweifeln an der Seriosität der Investoren wusste. Auch am Montagmorgen blieb er auf Nachfragen dabei. An eintscheiden Punkten aber, verweigerte er Antworten - oder verwies die Journalissten auf die Akteneinsicht, die Landtagsabgeordneten gewährt werden soll. Ansonsten: kaum eigene Erinnerungen.

Doch dass unter seiner Regie entscheidene Vereinbarungen getroffen wurden, belegen Unterlagen, die bei der Investitionsbank des Landes (ILB) in den HBS-Akten lagern – und die den PNN vorliegen. Der Minister will sie am Montag noch selbst veröffentlichen. Er liest dort anderes heraus. Demnach ist erst in einem von Christoffers mit den HBS-Investoren geführten Gespräch vereinbart worden, dass ein zuvor von der ILB verhängter Förderstopp gegenüber HBS aufgehoben wird. Das hat Christoffers bisher dementiert. Zuletzt ließ er dies seinen Sprecher am Sonntagabend gegenüber den PNN dementieren. Ein Fehler? Am Montag jedenfalls weicht Christoffers an enstcheidenden Punkten aus.

Warum? Aus einem mit „Aktenvermerk Human Biosciences GmbH (HBS)“ überschriebenen Dokument geht anderes hervor. Gefertigt haben es ILB- und Ministeriumsvertreter als Protokoll über das auf Veranlassung des Ministers organisierte Gespräch mit HBS-Managern am 26. September 2012 am Rande einer Landtagssitzung. Daraus geht nicht nur deutlich hervor, dass erst bei diesem Minister-Gespräch mit den Investoren Gelder lockergemacht wurden. Es wird auch deutlich, dass HBS Fördergelder missbrauchen will.

Im Vermerk stehen Sätze wie: „Nach Austausch der Argumente wird folgendes vereinbart“ oder „Die Auszahlung bis 28.09.2012 wird angestrebt“, „Die ILB () zahlt den möglichen Zuschuss auf die bereits getätigten Investitionen (auch Anzahlungen für die Gefriertrockner) aus“. 

HBS-Manager werden in dem Papier so zitiert: „Würde der Zuschuss nur auf die Bauleistungen ausgezahlt, wäre der z.Z. zu zahlende Betrag an Züblin in Höhe von 3 Mio EUR nicht darstellbar.“ Dierk Homeyer, Wirtschaftsexperte der CDU-Landtagsfraktion: „Damit muss auch dem Minister klar gewesen sein, dass hier der Förderzweck nicht erfüllt werden soll!“ Denn: HBS hatte damit klargemacht, dass man Landesgelder für Gefriertrockner und andere Geräte umleiten will, um offene Rechnungen des Baukonzerns Züblin, der die HBS-Fabrik errichten sollte, zu bezahlen. Homeyer: „Der Minister hätte die gesamte Förderung stoppen müssen – der Betrug lag offen vor ihm.“ Schließlich hatte HBS auch noch erklärt, dass das Geld vier Tage später benötigt wird: Sonst werde die Baufirma den Vertrag kündigen und die bis dahin ebenfalls nicht bezahlten Subunternehmen die Arbeiten einstellen.

Schließlich hatte die ILB, die am Ende doch mitmachte, auch noch all ihre alten Bedenken wieder vorgetragen: Die ILB berichtete von einer „anonymen Anzeige“, einer „kritischen 2. Stellungsnahme der ZAB“, die im Land für die Investorenbetreuung zuständig ist. Die ILB entdeckte „für deutsche Verhältnisse ungewöhnliche Finanzströme und das Fehlen einer deutschen Hausbank“. Von einem eingeschalteten externen Gutachter wird in dem Gespräch vor dem Minister ebenfalls berichtet. Dessen „Gutachten sowie die zu prüfenden und immer wieder zu neuen Fragen Anlass gebenden Unterlagen“ der HBS werden ebenfalls erwähnt.

Christoffers bleibt trotz alldem dabei: Er trägt keine Verantwortung, er hat nichts entschieden, an nichts wirklich mitgewirkt. Wollte er ablenken von dem, was tatsächlich geschehen ist? Wollte er vertuschen, dass er sich wieder einmal in einen Vorgang eingeschaltet hat, in dem am Ende wieder brandenburgische Förder-Millionen sonstwo gelandet sind – nur nicht bei brandenburgischen Arbeitnehmern? Egal. Nun steht er als einer da, der erhebliche Schwierigkeiten mit der Wahrheit hat. Er hat sich nur tiefer hineinmanövriert in das, was seit wenigen Wochen „HBS-Skandal“ heißt.

Homeyer nennt den Minister am Sonntagabend gegenüber den PNN offen so: „Ein Lügner.“ Wenn der Minister behaupte, im Fall HBS nicht an Entscheidungen mitgewirkt zu haben, so sei dies eine „glatte Lüge“ – wenn die Unterlagen, die den PNN vorliegen, authentisch seien. Das sind sie.

Es gibt viele offene Fragen in dem Fall. Eine davon ist eine ganz einfache, die Homeyer an den Minister stellt: „Wann wird man als Investor in Brandenburg zum Fall für einen Minister? Warum kümmert sich ein Minister persönlich um Investoren, die von der landeseigenen Förderbank ILB des Betrugs verdächtigt werden, gegen die die Bank Anzeige erstattet, einen Förderstopp erlassen und auch noch die Finanzbehörden eingeschaltet hat?“ Warum, fragt Homeyer weiter, kümmert sich ein Minister um Typen, von denen einer in den USA schon wegen Fördermittelbetrugs verurteilt war und denen ein externer Gutachter der ILB nachwies, dass sie Geräte zu Mondpreisen abrechnen, dass diese Geräte zudem auf dubiosen Wegen und über merkwürdige Zwischenhändler nach Deutschland kommen sollen.

Fest steht für Homeyer eines: „Bis zum 26. September gab es einen Förderstopp. Dann lädt der Minister zum Gespräch. Darin werden die Modalitäten zur Auszahlung der gesperrten Gelder vereinbart. Zwei Tage später haben die Investoren das Geld, das der Minister hätte stoppen müssen.“ Für ihn ist klar: „Auch das Treiben des Ministers ist ein Fall für den Staatsanwalt.“

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