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Die Polizei sichert den Frankfurter Opernplatz.

© AFP/KIRILL KUDRYAVTSEV

Update

Nach Protest von Stadt und jüdischer Gemeinde: Propalästinensische Demo in Frankfurt nun doch verboten

Eine halbe Stunde vor Beginn der Demonstration bestätigte das Verwaltungsgericht den Eilantrag der Stadt. Zuvor hatte die jüdische Gemeinde auf eine zwischenzeitliche Genehmigung „entsetzt“ reagiert.

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Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern hat längst auch in Deutschland direkt spürbare Auswirkungen. In mehreren Städten sind geplante propalästinensische Demonstrationen wegen Sicherheitsbedenken, möglicher antisemitischer Ausrufe oder Gewaltverherrlichung verboten worden. In mehreren Städten musste die Polizei außerdem eingreifen, weil Israel-Flaggen entwendet und angezündet wurden.

Die für Samstagnachmittag angesetzte propalästinensische Demonstration in der Frankfurter Innenstadt bleibt verboten. Das hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel nach einem entsprechenden Eilantrag der Stadt kurzfristig entschieden. 

Zur Durchsetzung der Verbotsverfügung sei die Polizei laut eigenen Angaben mit zahlreichen Kolleginnen und Kollegen am Opernplatz im Einsatz. Zu der Demonstration waren bis zu 1.000 Teilnehmende erwartet worden.

Das Verwaltungsgericht in Frankfurt am Main hat zuvor das Verbot der geplanten Demonstration aufgehoben, wie der Hessische Rundfunk online berichtete. Die Richter erklärten die Untersagung der auf dem Opernplatz geplanten Kundgebung „Ein freies Palästina“ für „offensichtlich rechtswidrig“, wie das Gericht am Freitag einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP zufolge mitteilte. Die von der Stadt vorgebrachten Argumente für das Verbot hätten der gerichtlichen Prüfung nicht standgehalten.

Die Verherrlichung der barbarischen Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung durch die feiernden Hamas-Anhänger auf deutschen Straße muss mit voller Härte des Gesetzes bestraft werden. In Frankfurt jedoch, scheinen sie belohnt zu werden.

Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main

Ursürünglich hatte die Stadt die Versammlung mit Verweis auf vorherige propalästinensische Kundgebungen verboten, bei denen die Angriffe der radikalislamischen Hamas auf Israel bejubelt worden waren. Demnach waren Straftaten wie Volksverhetzung, Billigung von Straftaten und die öffentliche Aufforderung zu Straftaten zu befürchten. Auch israelfeindliche und antisemitische Äußerungen seien zu befürchten, argumentierte die Stadt dem Gericht zufolge.

Der Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main hatte scharf gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts protestiert. Trotz des Schabbat-Feiertags (jüdischer Ruhetag) müsse man völliges Unverständnis über die Entscheidung des Frankfurter Verwaltungsgerichts zum Ausdruck zu bringen, hieß es in einer Mitteilung.

Blick in die Tesler-Synagoge im Chabad Haus in Frankfurt am Main.

© Imago Images/Michael Schick

„Wir sind inzwischen mehr als enttäuscht oder irritiert. Wir sind entsetzt. Wir können das Ignorieren der Gefahren, das Überhören der Alarmsignale, das Tabuisieren dieses Hasses der pro-palästinensischen Organisationen durch die Justiz nicht verstehen und in keiner Weise nachvollziehen“, schrieb der Vorstand und forderte ein Verbot der Demo.

Warnung vor „Hass-Tsunami“

Die durch ihre Initiatoren und Demonstrationsaufruf „glasklar zu erkennende antisemitische und den Terrorismus verherrlichende Kundgebung“, dürfe nun durch die Frankfurter Innenstadt ziehen, kritisierte die Gemeinde. Die bereits für den Freitag angekündigte Hass-Welle auf Jüdinnen und Juden „wird durch eine derartige Erlaubnis zu einem Hass-Tsunami“.

Die Jüdische Gemeinde fragte, wie könne man angesichts der Tatsache, dass die Organisatoren denselben Organisationen und Netzwerken angehören würden, die in Berlin Freudentänze aufgeführt hätten, nachdem die Gräueltaten an israelischen Babys, Kindern, Frauen, Männer und Schoa-Überlebenden bekannt geworden waren, ein Recht auf Versammlungsfreiheit zugestehen?

„Die Verherrlichung der barbarischen Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung durch die feiernden Hamas-Anhänger auf deutschen Straße muss mit voller Härte des Gesetzes bestraft werden. In Frankfurt jedoch, scheinen sie belohnt zu werden“, hieß es in der Mitteilung weiter.

Das Gericht hatte erklärt, die zuständige Kammer halte die Einschränkungsmöglichkeiten der Versammlungsfreiheit nach dem entsprechenden hessischen Gesetz tatbestandlich für „nicht erfüllt“. Danach könne eine Versammlung nur dann verboten werden, wenn nach den erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist. Bei dieser Prognoseentscheidung seien „strenge Maßstäbe anzulegen, Verdachtsmomente reichten nicht aus“.

Bei Straftaten könne reagiert werden, so das Gericht

„Auch der Hinweis auf die hohe Emotionalität und Belastung der Gesellschaft durch den Nahostkonflikt“ könne „zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führen“, fuhr das Gericht fort. Sollte es während der Versammlung zu möglichen Straftaten und Gefährdungen Dritter kommen, so könne die zuständige Behörde hierauf immer noch jederzeit reagieren.

Die Jüdische Gemeinde kritisierte, anstatt „die Demonstration des Antisemitismus und des Israel-Hasses“ zu verbieten, anstatt Solidarität zu zeigen mit den Opfern dieses an Brutalität nicht zu überbietenden Massakers, welches an „die schlimmsten Pogrome erinnert“, sehe das Verwaltungsgericht nicht genügend Anhaltspunkte für eine Gefährdung.

„Wir laden Sie, liebe Verwaltungsrichter, dazu ein, einmal einen Tag in unserem Gemeindezentrum zu verbringen. Denn während Sie solche Demonstrationen erlauben, müssen sich jüdische und israelische Institutionen verstärkt schützen und jüdische Gemeindemitglieder mit Angst vor Angriffen und Anschlägen leben“, schreibt die Jüdische Gemeinde weiter.

Propalästinensische Demo in München aufgelöst

„Was muss passieren, damit Sie diesen brutalen Terrorunterstützern endlich Einhalt gebieten? Wie kann man die Augen davor verschließen, dass es hier eben nicht um Meinungsfreiheit geht, sondern um puren, zu Gewalt aufrufenden Antisemitismus.  Wir fordern, dass der Beschwerde der Stadt stattgegeben wird und die Demonstration verboten wird“, so die Mitteilung.

Die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main appelliert dann an die Menschen, um 15 Uhr gemeinsam friedlich auf dem Paulsplatz für Solidarität mit Israel zu demonstrieren und gegen Israel-Hass und Antisemitismus ein Zeichen zu setzen.

In Berlin wurde eine für den heutigen Samstag geplante Kundgebung von der Polizei verboten. Es bestehe die Gefahr, dass es dabei unter anderem zu „volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen“ sowie „Gewaltverherrlichungen“ und „Gewalttätigkeiten“ kommen könne, erklärte die Polizei der Hauptstadt zur Begründung. Für die nun verbotene Versammlung waren den Angaben zufolge 150 Teilnehmende angemeldet worden.

In München hatten am Freitag trotz eines gerichtlichen Verbots nach Polizeiangaben rund 300 Menschen an einer pro-palästinensischen Demonstration teilgenommen. Die Kundgebung sei von Einsatzkräften aufgelöst worden, teilte die Polizei am Abend mit. Es seien einige Menschen in Gewahrsam genommen worden, „denen die Teilnahme an einer verbotenen Versammlung vorgeworfen wird“. (lem)

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