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Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Gruene) Mitte November im Deutschen Bundestag in Berlin

© picture alliance / Flashpic/Jens Krick

Exklusiv

Sozialreform der Grünen: Bundesregierung prüft neuen Zeitplan für die Einführung der Kindergrundsicherung

Die massive Kritik am Entwurf der Kindergrundsicherung zeigt Wirkung. Die Bundesregierung will den Ländern entgegenkommen. Einen Teil der Vorwürfe aber weist sie zurück.

Die Bundesregierung prüft die Einführung der Kindergrundsicherung zu einem späteren Zeitpunkt. Das geht aus ihrer Gegenäußerung zu einer Stellungnahme des Bundesrats hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Die Kindergrundsicherung sollte zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. Daran gab es massive Kritik. Laut der Bundesagentur für Arbeit ist die vollständige Umsetzung des Reformvorhabens bis zum 1. Januar 2025 nicht realistisch. Auch der Bundesrat hatte Bedenken angemeldet.

Das Gesetz solle zum 1. Januar 2025 in Kraft treten, heißt es in der Stellungnahme der Regierung. „Die Bundesregierung prüft, u.a. gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, das Anliegen des Bundesrates, ob und gegebenenfalls wie, auch in Ansehung notwendiger Vorlaufzeiten für die IT-Umsetzung, Anpassungen an diesem Datum nötig sind“, heißt es weiter.

Die Kindergrundsicherung soll aus einem feststehenden Garantiebetrag in Höhe des bisherigen Kindergelds und einem einkommensabhängigen Kinderzusatzbetrag bestehen. Die Reform ist umstritten, SPD und Grüne setzten sich in der Vergangenheit für Leistungsverbesserungen ein, die FDP wollte eine Verwaltungsreform.

Bundesregierung widerspricht Kritik – doch nur in Teilen

Die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats wurde vom federführend zuständigen Familienministerium erarbeitet und am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet. Die Bundesregierung ging auch auf die Kritik von Kommunen und Ländern ein, die befürchten, die Reform könne zu einer höheren bürokratischen Belastung für betroffene Familien führen. In der Stellungnahme des Bundesrates hieß es, es sei laut dem Entwurf möglich, dass „sich Familien zur Beratung und Antragstellung von Leistungen an bis zu fünf verschiedene Stellen wenden müssen“.

Demnach müssten sich Familien für „bestimmte Bildungs- und Teilhabe-Leistungen“ an kommunale Behörden wenden; für das Bürgergeld, für Mehr- und Sonderbedarfe an die Jobcenter; und an Wohngeldstellen für zusätzliche Leistungen für Unterkunft und Heizung.

Dem widersprach das Familienministerium in Teilen. Aus Kreisen des Ressorts hieß es, die Stelle für alle Leistungen müsse erst geschaffen werden. Dabei bezieht sich das Ministerium auf die „Familienservice“-Behörde, die Leistungen bündeln und Familien beraten soll und aus der Familienkasse hervorgehen soll. Zudem würde die Kritik, wenn überhaupt, dann nur auf Familien zutreffen, die Bürgergeld beziehen.

Schnittstelle soll „so friktionsfrei wie möglich“ gestaltet werden

In der Gegenäußerung der Bundesregierung klingt das konzilianter. Dort hieß es, die Regierung strebe eine „einfache und unbürokratische Verwaltung“ an. Familienservice und Jobcenter sollten „eng zusammenarbeiten“. Denkbar seien „Mitarbeiteraustausche und wenn möglich die Nutzung räumlicher Synergien“. Die Schnittstelle zwischen Kindergrundsicherung und Bürgergeld solle für Familien nicht zu „zusätzlichem Aufwand und Mehrbelastung“ führen. Die Schnittstelle müsse „so friktionsfrei wie möglich ausgestaltet sein“.

Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, alle Leistungen für Bildung und Teilhabe durch den Familienservice auszahlen zu lassen. Diesen Vorschlag prüft die Bundesregierung nun. Das dürfe aber „nicht zu Mehrbelastungen für den Bund“ führen, hieß es.

Das Bundesfamilienministerium rechnet mit einem Personalbedarf von rund 5000 neuen Stellen für den Aufbau der Familienservice-Behörde. Diese seien notwendig, weil es eine engmaschige Beratungsstruktur brauche. Diese war auch vom Bundesrat angemahnt worden.

Die Kosten für die Kindergrundsicherung belaufen sich zunächst auf 2,4 Milliarden Euro. In Zukunft könnte dieser Betrag aber höher sein, insbesondere, wenn alle Familien, denen der Kinderzusatzbetrag zusteht, ihn auch beantragen. Das Familienministerium will Familien künftig proaktiv darüber informieren, dass ihnen Kindergrundsicherung zustehen könnte.

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