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Der Rundfunkbeitrag soll nach dem Willen der CDU nur noch dann erhöht werden dürfen, wenn es für die Erfüllung des Auftrags zwingend ist.

© IMAGO/U. J. Alexander

„Sonst schaffen sich ARD und ZDF selbst ab“: So will die CDU das Öffentlich-Rechtliche reformieren

Zusammenarbeit statt Doppelstrukturen, Information statt Live-Sportberichterstattung, eine neue Fehlerkultur: Die Umsetzung des Reformpapiers würde ARD und ZDF grundlegend verändern.

Die einen regen sich auf, wenn für den Rundfunkbeitrag von derzeit 18,36 Euro pro Haushalt und Monat ein Festival der Volksmusik das andere jagt. Andere beklagen, dass sie bei wichtigen Weltereignissen zu den angelsächsischen Sendern BBC oder CNN wechseln müssen, weil ARD und ZDF nicht live berichten. Im eher rechten politischen Spektrum wird schon lange über einen „Staatsfunk“ gelästert, der die politische Meinungsvielfalt im Land angeblich nicht abbildet.

Weitgehend unbestritten ist Veränderungsbedarf nicht erst seit der Affäre um die frühere rbb-Intendantin Patricia Schlesinger. „Wenn sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht grundlegend reformiert, schafft er sich selbst ab – wir brauchen ihn aber als Pfeiler unserer Demokratie“, sagt die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann, die auch Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) von CDU und CSU ist: „Die Beharrungskräfte sind groß, der Anstoß muss von außen kommen.“

Das versucht die CDU nun bei ihrer Jahresauftaktklausur, die an diesem Freitag in Heidelberg beginnt. Beschlossen werden soll dort unter anderem ein Positionspapier mit einer Fülle von Reformvorschlägen. Es geht auf die Arbeit einer parteiinternen Kommission unter der Leitung des Magdeburger Ministerpräsidenten Reiner Haseloff zurück.

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Nicht nur ein unbedeutender Wunschzettel

Weil mehrere Staatskanzleien CDU-geführter Länderregierungen mitgewirkt haben, die für den Rundfunk zuständig sind, ist es mehr als ein unbedeutender Wunschzettel einer machtlosen Oppositionsfraktion im Bundestag. „Für die CDU ist das ein Paradigmenwechsel“, so Connemann, „weil erstmals Bund und Länder gemeinsam einen Reformpfad beschreiben.“ Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Am Donnerstag nächster Woche präsentiert eine „Zukunftskommission“, von der Rundfunkkommission eingesetzt, ihre Ideen. Spätestens dann dürfte die Reformdebatte Fahrt aufnehmen.

Für die CDU ist das ein Paradigmenwechsel, weil erstmals Bund und Länder gemeinsam einen Reformpfad beschreiben. 

Gitta Connemann, Mitglied im CDU-Bundesvorstand

Ganz so radikal, wie es Connemanns MIT im Jahr 2021 bereits zu Papier gebracht hatte, fallen die Reformvorschläge nicht aus. „Wir haben ursprünglich eine Fusion von ARD und ZDF vorgeschlagen – insofern hätte ich mir auch mehr vorstellen können. Aber auch der jetzige Vorschlag wird den öffentlich-rechtlichen Rundfunk deutlich verändern.“

Im Textentwurf, der dem Tagesspiegel vorliegt und dem Vernehmen nach nur noch geringfügig verändert werden soll, spielt die Kosteneffizienz eine zentrale Rolle. Das gegenwärtige Finanzvolumen von gut zehn Milliarden Euro im Jahr soll nur dann erhöht werden dürfen, wenn es für den Auftrag zwingend ist und nicht an anderer Stelle eingespart werden kann. Vor allem soll nicht dasselbe doppelt gemacht werden, es soll eine „Pflicht“ zu Absprache und Kooperation geben.

Konkret schwebt der CDU eine neue Ausrichtung der beiden Sender vor. „Das ZDF soll als öffentlich-rechtlicher TV-Sender im Schwerpunkt ein nationales Programm anbieten, die ARD im Schwerpunkt ein regionales Programm.“ Vom „Aufbau einer gemeinsamen Mediathek“ statt zweier getrennter Angebote ist im Papier ebenso die Rede: „Kostenpflichtige eigene Streaming-Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wie ARD Plus lehnen wir ab.“

Das Instrument der Programmbeschwerde muss eine größere Rolle spielen als bisher. Nur mit einer echten Fehlerkultur und einer offenen Diskussion über problematische Beiträge kann die Glaubwürdigkeitskrise überwunden werden.

Christiane Schenderlein, Mitglied im ZDF-Fernsehrat und stellvertretende Vorsitzende der CDU-Reformkommission

Geht es nach der CDU, werden auch lange Wintersportwochenenden auf dem Sofa mit Biathlon und Skispringen der Vergangenheit angehören – zumindest bei ARD und ZDF. „Jenseits der im Medienstaatsvertrag als Großereignisse definierten Sportveranstaltungen“, heißt es in Bezug auf Olympische Spiele oder Fußball-WM-Begegnungen mit deutscher Beteiligung, „soll die Übertragung von Sportereignissen in voller Länge dem privaten Markt überlassen werden.“ Das Öffentlich-Rechtliche soll hier den Bieterwettbewerb um teure Rechte nicht noch anheizen.

Künftig ein Fall fürs Privatfernsehen? Die CDU will jenseits von Olympia und Fußball-WM weniger ausgiebigen Livesport im Öffentlich-Rechtlichen.
Künftig ein Fall fürs Privatfernsehen? Die CDU will jenseits von Olympia und Fußball-WM weniger ausgiebigen Livesport im Öffentlich-Rechtlichen.

© imago sportfotodienst

Auch wenn es überträgt, soll das „aus Kostenbewusstsein intensiver zwischen ARD und ZDF abgesprochen werden“, so die Bundestags- und frühere sächsische Landtagsabgeordnete Christiane Schenderlein, die von der Dresdner Landesregierung 2020 in den ZDF-Fernsehrat entsandt wurde und stellvertretende Vorsitzende der Reformkommission ist: „Doppelstrukturen etwa bei sportlichen Großereignissen müssen der Vergangenheit angehören.“

Spartensender sollen zusammengelegt werden

Für sie ist das zwar „keine Revolution“, aber doch enorm wichtig, wie sie dem Tagesspiegel sagt: „Insgesamt muss mehr aufs Geld geachtet werden, indem etwa die politische Live-Berichterstattung bei Phoenix gebündelt oder das junge Kulturangebot von ARD one und ZDF neo in einem Sender zusammengeführt wird.“ Die beiden Sender sollen zwar „auch weiter Unterhaltung bieten, sich aber stärker auf Information, Bildung und Kultur konzentrieren“.

Zentral ist für die CDU die Pluralität. „Eine Gesellschaft muss sich im öffentlich-rechtlichen Programm auch wiedererkennen“, heißt es im Papier. Seiner „Schlüsselfunktion“ und Verantwortung für die öffentliche Meinungsbildung werde das Öffentlich-Rechtliche „derzeit nicht durchgehend gerecht“. Dafür soll die Aufsicht durch die Rundfunk- und Verwaltungsräte gestärkt werden, wie das in den jüngsten Medienänderungsstaatsverträgen bereits angelegt wurde.

Vor allem sollen die Zuschauerinnen und Zuhörer, also die Beitragszahler, mehr Einfluss erhalten. „Das Instrument der Programmbeschwerde muss eine größere Rolle spielen als bisher“, sagt Schenderlein: „Nur mit einer echten Fehlerkultur und einer offenen Diskussion über problematische Beiträge kann die Glaubwürdigkeitskrise überwunden werden.“

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