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Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht liebäugelt mit eigener Partei

© imago images/Klaus W. Schmidt

„Abgehobenste, gefährlichste Partei“: Wagenknecht greift Grüne an – und liebäugelt mit Parteigründung

Sahra Wagenknecht macht Andeutungen in Richtung einer eigenen Partei, der ein hohes Potenzial bescheinigt wird. Den Grünen wirft sie vor, Deutschlands Industrie zu zerstören.

| Update:

Der Winter wird schwierig, auch politisch. Und wer neben der AfD zunehmend die Lage zu instrumentalisieren versucht, ist die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. In der Partei brodelt es, Wagenknecht liebäugelt mit einer eigenen Partei, der laut Umfragen durchaus ein größeres Potenzial eingeräumt wird.

Ein erster Versuch einer eigenen Protestbewegung endete mit der Initiative „Aufstehen“ gleichwohl kläglich. „Ich wünsche mir, dass in Deutschland eine Partei entsteht, die die Politik der Regierung verändern kann“, sagte Wagenknecht nun Bild TV. Regelmäßig ist sie nun in den sozialen Medien mit eigenen Youtube-Videos präsent, Titel: „Bessere Zeiten - Wagenknechts Wochenschau“.

Das jüngste wurde bereits fast 200.000 gesehen - dort kritisiert sie die Folgen der Sanktionen gegen Russland und vor allem die Grünen. Die Grünen würden „uns in den Krieg treiben, unsere Wirtschaft und die Natur zerstören“, meint Wagenknecht. Sie halte die Grünen „für die heuchlerischste, abgehobenste, inkompetenteste und gemessen am Schaden, den sie verursachen, auch die gefährlichste Partei im Deutschen Bundestag“.

Der Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch.
Der Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch.

© dpa/ Bernd Von Jutrczenka

Die Attacke Wagenknechts löste scharfen Widerspruch von Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch aus. „Die gefährlichste im Bundestag vertretene Partei ist und bleibt die AfD. An der Regierungspolitik der Grünen habe ich viel zu kritisieren, aber sie sind demokratische Wettbewerber.“ In der Bundestagsfraktion droht eine Spaltung, aber Wagenknecht liebäugelt angesichts des Dauer-Streits bei der Linkspartei ohnehin mit einem alternativen Weg.

Sie wolle an einer Veränderung der Politik mitwirken, sagte die frühere Fraktionschefin bei Bild TV. „Unser Land verändert sich zur Zeit sehr, sehr stark. Wenn man die Ampel nicht stoppt, habe ich große Sorgen, in welchen Verhältnissen wir in ein, zwei Jahren aufwachen werden.“

Die Ampel-Koalition betreibe eine „katastrophale Politik“. Hunderttausende Arbeitsplätze seien in Gefahr, „weil die Ampel eine völlig unsinnige Politik macht, uns abklemmt von billigen Rohstoffen, von billiger Energie, ohne Alternativen zu haben“, kritisierte sie die Russland-Sanktionen, ohne zu betonen, dass Russland es war, das die Gas-Lieferungen erst gedrosselt hat und dann die drei Pipelines von Nord Stream durch einen Sabotageakt lahmgelegt wurden.

Die Industrie sei das Rückgrat des Wohlstands. „Wenn das kaputtgeht, dann bricht hier alles weg.“ Deswegen müsse es mehr Druck geben auf diese Regierung. Bei Twitter betonte sie, Sanktionen dürfen die europäischen Staaten nicht härter treffen als die russische Führung, das habe Kanzler Scholz im März betont.

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Zu ihren hohen Zustimmungswerten sowohl unter Anhängern der Linkspartei als auch der AfD sagt Wagenknecht, viele Bürger wüssten nicht mehr, was sie wählen sollten, weil sie sich von keiner Partei mehr vertreten fühlten.

30 Prozent können sich Kreuz bei Wagenknecht-Partei vorstellen

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA können sich 30 Prozent der Wahlberechtigten vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen. 66 Prozent der derzeitigen Linkspartei-Wähler und auch 63 Prozent der AfD-Wähler fänden es gut, wenn eine solche Partei zur nächsten Bundestagswahl antreten würde.

Wagenknecht eckte immer wieder mit ihrer eigenen Partei an, so warf sie im Bundestag der Bundesregierung vor, einen „beispiellosen Wirtschaftskrieg“ gegen Russland vom Zaun gebrochen zu haben. Das hatte zu Austritten geführt.

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Konstantin Kuhle hält Wagenknecht für gefährlich: „Sahra Wagenknecht ist eine gefährliche Populistin, die das Land brennen sehen will. Mit ihrem Querfront-Kurs zwischen Links- und Rechtsextremismus ist sie mittlerweile nicht mehr als eine Art Horst Mahler im Pelzmantel“, twitterte Kuhle mit Blick auf den früheren Linksextremisten und RAF-Anwalt und späteren Rechtsextremisten.

Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken wirft CDU-Chef Merz ein Zündeln und Anheizen des angespannten gesellschaftlichen Klimas vor.
Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken wirft CDU-Chef Merz ein Zündeln und Anheizen des angespannten gesellschaftlichen Klimas vor.

© Kay Nietfeld/dpa

Während die Linke nun erneut heftig über den Umgang mit Wagenknecht diskutiert und im ZDF-Politbarometer nur noch bei 5 Prozent liegt, erreicht die AfD mit 15 Prozent den besten Wert seit vier Jahren. Das gesellschaftliche Klima wird zunehmend schwieriger, in der Union wird mit Sorge gerade der große Zulauf zur AfD gesehen, und dass dem bisher wenig entgegensetzt werden kann. Entsprechend wird um den richtigen Kurs gerungen. SPD-Chefin Saskia Esken warf nun in dem Kontext CDU-Chef Friedrich Merz vor, dieses Klima durch eine Annäherung an AfD-Positionen bis hin zu Taten selbst mit zu schüren.

Merz hatte von Sozialtourismus bei Ukraine-Flüchtlingen gesprochen, das dann aber rasch zurückgenommen. Nach dem mutmaßlichen Brandanschlag auf eine Unterkunft für Ukraine-Flüchtlinge bei Wismar sagte Esken der „Rheinischen Post“: „Die Einlassungen der letzten Zeit zur Aufnahme von Schutzsuchenden in Deutschland sind verantwortungslos - und sie bereiten den Boden nicht nur für gesellschaftliche Spaltung, sondern letztlich auch für solch kriminelle Taten.“

Wer Kriegsflüchtlinge fern aller Fakten „als Sozialtouristen verleumdet, muss sich fragen lassen, welchen Anteil er hat an Hass und Hetze, die später in Gewalt mündet“. Die CDU-Politikerin Serap Güler sprach von einer „ungeheuerlichen Entgleisung und bodenlose Unverschämtheit“ Eskens, die sich unter Demokraten nicht gehöre. Sie müsse sich bei Merz entschuldigen.

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