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Bundeskanzler Olaf Scholz (v.l.n.r.), Präsident Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich,  Joe Biden, US-Präsident und der indische Premierminister Narendra Modi

© dpa/ LEON NEAL

Erste Eckpunkte bekannt: G20-Gipfelerklärung sieht Verurteilung Russlands vor

Russlands Außenminister Lawrow kündigte jedoch einen Gegenentwurf. Auch die fragile Weltwirtschaft treibt die Regierungschefs um.

Die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer könnten Russland wegen seines Angriffs auf die Ukraine scharf verurteilen. In dem Entwurf der Abschlusserklärung des G20-Treffens auf Bali wird eine deutliche Kritik vorgeschlagen.

„Die meisten Mitglieder haben den Krieg in der Ukraine auf das Schärfste verurteilt und haben betont, dass er unermessliches menschliches Leid verursacht und bestehende Schwachstellen in der Weltwirtschaft verschärft“, heißt es in dem Text, der auf dem Gipfel unter indonesischer Präsidentschaft am Mittwoch beschlossen werden soll und vorliegt.

Allerdings kündigte Russlands Außenminister Sergej Lawrow einen Alternativentwurf an. Lawrow verließ zudem den Gipfel noch vor dem Ende.

Zugleich sollen sich die wichtigsten Industriestaaten etwa auf die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels in der Klimapolitik und zum freien Welthandel bekennen. Der Gastgeber, Indonesiens Präsident Joko Widodo, appellierte an die Teilnehmer, gemeinsam die Weltwirtschaft zu stärken.

Russlands Krieg steht im Zentrum

Russlands Angriff auf die Ukraine am 24. Februar überschattet das zweitägige Treffen auf Bali. „Stürzen Sie die Weltwirtschaft nicht in den Abgrund“, sagte Kanzler Olaf Scholz an Russlands Präsident Wladimir Putin gerichtet am Dienstag beim Gipfel.

An dem Treffen nehmen auch US-Präsident Joe Biden und Chinas Präsident Xi Jinping teil, die sich zuvor zu einem dreistündigen Gespräch getroffen hatten. Die G20-Teilnehmer vertreten Staaten mit mehr als 80 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts, 75 Prozent des internationalen Handels und 60 Prozent der Weltbevölkerung.

Putin war nicht angereist, sondern ließ sich von Außenminister Lawrow vertreten. Dieser war im Saal, als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj virtuell zum Gipfel zugeschaltet wurde und ein Ende des Krieges forderte. Scholz wies eine Aussage Lawrows zurück, dass es ein Gespräch zwischen ihnen beiden gegeben habe. „Er stand in meiner Nähe und hat auch zwei Sätze gesagt. Das war das Gespräch“, sagte der Kanzler.

ergej Lawrow, Außenminister von Russland, spricht zu russischen Journalisten nach seinem Treffen am Rande des G20-Gipfels.

© Foto: dpa/Russian Foreign Ministry/AP Press Service/ / -

Der Kanzler zeigte sich zuversichtlich, dass die G20 zumindest die Warnung vor einem Atomwaffenseinsatz in der Ukraine beschließen werden. Dafür zeichne sich ein Konsens ab und dies wäre ein wichtiger „Haltepunkt“ für Moskau.

In dem Entwurfstext heißt es wegen des erwarteten Widerstands einiger G20-Staaten an zu deutlicher Kritik an Russland vorsorglich: „Es gab andere Ansichten und unterschiedliche Einschätzungen der Situation und der Sanktionen. Wir erkennen an, dass die G20 nicht das Forum ist, um Sicherheitsfragen zu lösen, aber wir erkennen an, dass Sicherheitsfragen erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben können.“

Ein US-Vertreter sagte, die Vereinigten Staaten erwarteten eine deutliche Verurteilung Russlands. Die chinesische Regierung forderte nur allgemein einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. Dies habe Präsident Xi in Gesprächen mit Biden und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betont, berichteten chinesische Staatsmedien.

Fragile Weltwirtschaft und Sorgen über hohe Schulden

In dem Entwurf wird darauf verwiesen, dass der Krieg das weltweite Wachstum einschränke, die Inflation antreibe, die Versorgungsketten unterbreche, die Energie- und Ernährungsunsicherheit verstärke und die Risiken für die Finanzstabilität erhöhe.

„Das wirksamste Mittel für die Erholung der Weltwirtschaft ist das Ende des russischen Krieges gegen die Ukraine“, sagte Scholz. Das Sinken der Nahrungsmittelpreise nach der Wiederaufnahme der Getreidelieferungen aus der Ukraine zeige, dass der Krieg für die Preisturbulenzen auf den Weltmärkten verantwortlich sei.

Olaf Scholz auf dem G20-Gipfel in Bali

© Foto: Reuters/WILLY KURNIAWAN

Die USA und Europa hätten UN-Generalsekretär Antonio Guterres zugesichert, russischen Getreideexporten keine Steine mehr in den Weg zu legen, sagte der russische Außenminister nach einem Gespräch mit Guterres.

Russisches Getreide und Düngemittel sind nicht direkt von den westlichen Sanktionen betroffen. Aber Moskau beklagt sich seit Monaten, dass ihre Ausfuhr effektiv eingeschränkt sind, weil die Sanktionen den Zugang zu Häfen, Finanzen und Versicherungen beschränken. Russland wiederum hatte ukrainische Lieferungen blockiert.

Die G20-Staaten zeigen sich beunruhigt wegen des hohen Schuldenstands vieler Entwicklungs- und Schwellenländer. „Wir sind besorgt über die sich verschlechternde Schuldensituation in einigen gefährdeten Ländern mit mittlerem Einkommen“, heißt es in dem Entwurf.

Ohne dass China namentlich erwähnt wird, heißt es darin, es sei wichtig, dass alle offiziellen und privaten bilateralen Gläubiger zusammenarbeiten sollten. Zudem wird mehr Transparenz gefordert, die für private und staatliche Gläubiger gelten soll. Hintergrund sind Sorgen, dass China über die Regierung, Provinzen und Privatfirmen riesige Kreditsummen an mittlerweile hoch verschuldete Entwicklungsländer vergeben hat, aber selbst keinen Überblick mehr über das Volumen hat.

Die G20 wollen sich laut Entwurf zudem zum freien Welthandel verpflichten und zusammenarbeiten, damit Lieferketten nicht unterbrochen werden und es zu keinen Handelsunterbrechungen kommt. Die G20-Zentralbanken sollen zudem ihre Arbeit stark auf den Kampf gegen die hohe Inflation ausrichten. (Reuters)

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