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Ricarda Lang und Omid Nouripour sind unterschiedlicher Meinung.

© picture alliance/dpa / Thomas Banneyer

„Ergebnis ist weit von Positionen unserer Partei“: Grünen-Spitze distanziert sich von Asylkompromiss

Außenministerin Annalena Baerbock und weitere Minister der Grünen stimmten der EU-Asylverschärfung zu. Vor dem Parteitag der Grünen nehmen die Partei-Chefs Abstand.

Wenige Tage nach der Einigung der EU-Innenminister für ein verschärftes gemeinsames europäisches Asylsystem (GEAS) mit der Zustimmung der Ampel-Regierung übt nun auch die Grünen-Spitze Kritik an der Einigung.

„Das vorliegende Ergebnis ist von den Positionen unserer Partei weit entfernt“, heißt es in einem überarbeiteten Antrag des Bundesvorstands der Grünen für den kleinen Parteitag am Wochenende.

Bevor Innenministerin Nancy Faeser (SPD) der Einigung zugestimmt hatte, hatte Außenministerin Annalena Baerbock dem Kompromiss zugestimmt. Das wiederum hatte die Grünen-Politikerin in der sogenannten Secherrunde ihrer Partei abgestimmt, wo auch Vizekanzler Robert Habeck sowie die Fraktionsvorsitzenden Britta Haßellmann und Katharina Dröge und die Parteichefs Omid Nouripour und Ricarda Lang sitzen.

Lang und Dröge, die dem linken Flügel der Partei zugerechnet werden, hatten das Vorhaben abgelehnt. „In der Gesamtschau bewerten wir das Ergebnis unterschiedlich“, heißt es nun im Beschluss des Bundesvorstands. Doch die Kritik an der Einigung teilen sowohl der Realo Nouripour wie auch seine Co-Vorsitzende Lang.

„Obwohl die Verschärfung von Grenzverfahren, die wir kritisch sehen, geeint wurde, gibt es keinen verpflichtenden Verteilmechanismus und keine grundsätzliche Ausnahme für Familien mit Kindern in diesen Grenzverfahren“, heißt es in dem Antragstext. Es handle sich daher nicht um einen „historischen Erfolg“, wie die Innenministerin die Einigung bezeichnet hatte.

Wir diskutieren gemeinsam, wir streiten gemeinsam, wir kämpfen am Ende aber auch gemeinsam.

Grünen-Chefin Ricarda Lang erwartet „lebendige“ Debatten auf dem Parteitag.

„Die erzielte Einigung kann zentrale Anforderungen nicht erfüllen, die wir an eine Asylpolitik der Humanität und Ordnung stellen – gerade weil sie im EU-Kontext weitestgehend restriktiverer Mitgliedstaaten nicht durchsetzbar waren“, heißt es weiter in dem Text, über den die Delegierten der Grünen am Samstag im hessischen Bad Vilbel, in der Nähe von Frankfurt, abstimmen sollen.

Es wird jedoch erwartet, dass es zahlreiche Proteste und Änderungsanträge zu dem Thema gibt. „Es wird sicherlich lebendige Debatten geben“, sagte Ricarda Lang am Montag in Berlin. Die unterschiedlichen Positionen würden quer durch die Partei gehen. Man wolle in Bad Vilbel einen Debattenort schaffen. „Wir diskutieren gemeinsam, wir streiten gemeinsam, wir kämpfen am Ende aber auch gemeinsam“, sagte Lang.

Vor allem der linke Parteiflügel fordert jedoch Konsequenzen nach der Zustimmung der Grünen-Spitze für die Asylverschärfungen. „Zur Asylreform in dieser Form ja zu sagen, war ein Fehler. Das sollten eigentlich alle, die bei uns dafür verantwortlich waren, mittlerweile auch so sehen“, sagte der Europaabgeordnete Erik Marquardt dem „Stern“. Die Grünen-Spitze habe in Bad Vilbel die Chance, diesen Fehler einzugestehen. „Wenn das nicht passiert, werden wir um einen Sonderparteitag wohl kaum herumkommen.“

Die Grünen-Spitze hofft, dies noch abwenden zu können. Sie setzt nun auf inhaltliche Änderungen im parlamentarischen Verfahren auf EU-Ebene. Im Antrag der Parteispitze heißt es dazu: Im weiteren Verfahren im Trilog zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission setzen wir uns daher für Verbesserungen ein, etwa für den besseren Schutz von Familien mit Kindern und verpflichtende Verteilung.“

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