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Cem Özdemir (Grüne) und Karl Lauterbach (SPD, rechts) präsentierten die Pläne.

© AFP/TOBIAS SCHWARZ

Update

Eckpunkte zur Legalisierung: Besitz von 25 Gramm Cannabis soll straffrei werden – zunächst keine Fachgeschäfte geplant

Die geplante Cannabis-Legalisierung beschränkt sich auf den privaten Bereich und Vereine. Cannabis-Fachgeschäfte wird es zunächst nicht geben.

In Deutschland sollen der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis und der Eigenanbau von maximal drei Pflanzen künftig straffrei sein. Außerdem will die Bundesregierung den Anbau und die Abgabe der Droge in speziellen Vereinen ermöglichen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) stellten am Mittwoch in Berlin entsprechend überarbeitete Pläne für das Legalisierungsvorhaben vor. Sie sind weniger weitreichend als die ursprünglichen Ampel-Pläne.

So wird es die geplanten Cannabis-Fachgeschäfte, in denen Rausch-Produkte frei verkauft werden können, zunächst nicht geben. Dies soll erst in einem zweiten Schritt und nur in einigen Modellregionen erprobt werden - mit wissenschaftlicher Begleitung. Darauf habe sich die Regierung nach Gesprächen mit der EU-Kommission geeinigt, hieß es.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die Cannabis-Pläne der Bundesregierung kritisiert. Die Gewerkschaft erkenne darin deutlich mehr Klientelpolitik als einen signifikanten Fortschritt mit Blick auf eine verbesserte Drogenprävention, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Alexander Poitz dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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„Die zusammengestutzte Cannabislegalisierung wirkt wie ein politisches Manöver, um die langsam ungeduldiger werdende Gruppe der Konsumenten ruhigzustellen“, sagte Poitz. „Auf den illegalen Cannabishandel auf dem Schwarzmarkt wird der Lauterbach-Entwurf keinen bedeutenden Einfluss entfalten. Das gilt ebenso für den riskanten Cannabis-Konsum von Minderjährigen“, betonte kritisierte der Polizeigewerkschafter. Auch für die Polizei ergebe sich durch die Pläne keine nennenswerte Arbeitsentlastung.

Lauterbach und Özdemir verteidigten grundsätzlich die Legalisierungspläne und bekräftigten die Argumentation der Regierung, wonach mit dem Vorhaben der Schwarzmarkt zurückgedrängt und der Kriminalität der Boden entzogen werden solle.

„Niemand soll mehr bei Dealern kaufen müssen, ohne zu wissen, was man sich da einhandelt“, sagte Özdemir. Lauterbach sprach von einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene „in klaren Grenzen (...) flankiert durch Präventionsmaßnahmen für Jugendliche“. Die bisherige Cannabis-Politik sei gescheitert.

Ein Mann hält in einem Gewächshaus in Birya, bei Safed, im Norden von Israel, am 29. Februar 2016 eine Hanfpflanze. Hier wird Cannabis für medizinische Zwecke produziert.

© dpa / Jim Hollander/dpa

Die nun präsentierten neuen Eckpunkte für das Legalisierungsvorhaben sind ein weiterer Zwischenschritt. Noch im April soll als nächstes ein erster konkreter Gesetzentwurf zur Regelung von Besitz, Eigenanbau und Vereinen - den sogenannten Cannabis-Social-Clubs - vorgelegt werden. Dieser müsste nach Abstimmung in der Regierung und Kabinettsbeschluss später noch durch Bundestag und Bundesrat.

Auch CDU-Generalsekretär Mario Czaja hat scharfe Kritik an den Legalisierungsplänen der Ampel geübt und konkrete Maßnahmen für den Kinder- und Jugendschutz gefordert. „Gesundheitsminister Lauterbach sagt selbst, dass der Konsum der Cannabis-Droge erhebliche gesundheitliche Schäden bei Kindern und Jugendlichen anrichtet“, sagte Czaja dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

CDU kritisiert fehlenden Jugendschutz

„Wie unsere Kinder vor dieser Droge in Zukunft ordentlich geschützt werden sollen, beantworten die Eckpunkte der Minister Lauterbach und Özdemir allerdings nicht“, betonte der CDU-Politiker. „Vage Andeutungen werden den Kinder- und Jugendschutz nicht stärken, es braucht konkrete Maßnahmen. Wir lehnen deshalb die jetzt vorgelegten Vorschläge zur Freigabe der Cannabis-Droge entschieden ab.“

Der Staat wird zum Dealer.

Stefan Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU im Bundestag

Auch die CSU kritisierte die Pläne scharf. „Die Cannabis-Legalisierung der Ampel ist ein ideologiegetriebenes Irrsinns-Projekt: gegen den Rat der Experten, gegen das Recht der EU und gegen die Erfahrungen in unseren Nachbarländern. Mit der geplanten Einrichtung von staatlich kontrollierten ,Cannabis-Clubs‘ und Modellprojekten für Anbau und Verkauf wird der Staat zum Dealer“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

Diese Politik gehe zulasten des Kinder- und Jugendschutzes und werde zum Konjunkturprogramm für Drogendealer in Deutschland. „Der Bundeskanzler muss diesen Cannabis-Irrsinn umgehend stoppen.“   Unions-Fraktions-Vize Sepp Müller (CDU) warf der Regierung ebenfalls vor, den Schwarzmarkt zu fördern. „Wieder einmal legt Bundesgesundheitsminister Lauterbach neue Eckpunkte vor, die zeigen das die letzten wohl etwas hochgegriffen waren. Dieser Vorschlag wird allerdings die Situation verschlimmern und den Schwarzmarkt weiter ankurbeln. Ist der Kontakt zum Dealer erst einmal da, wird der Zugang zu härteren Drogen leichter“, sagte Müller der Mediengruppe Bayern. „Damit laufen wir Gefahr, eine ganze Generation zu verlieren.“

Die Eckpunkte im Einzelnen – im Gesetzgebungsverfahren kann sich daran noch einiges ändern:

  • Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis bleibt straffrei, eine solche Menge darf auch in der Öffentlichkeit mitgeführt werden.
  • Maximal drei „weibliche blühende Pflanzen“ sind im Eigenanbau erlaubt - geschützt vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche.
  • „Nicht-gewinnorientierte“ Vereine mit maximal 500 Mitgliedern dürfen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben. Das Mindestalter ist 18 Jahre. Die Clubs müssen Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und dürfen nicht für sich Werbung machen. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten.
  • Maximal dürfen pro Club-Mitglied 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Unter 21-Jährige bekommen maximal 30 Gramm pro Monat, zudem soll für sie eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt festgelegt werden. Die Kosten sollen über die Mitgliedsbeiträge gedeckt werden, gegebenenfalls kommt ein zusätzlicher Betrag je abgegebenes Gramm dazu.
  • In den Vereinsräumen darf nicht konsumiert werden, auch Alkoholausschank ist verboten. Zudem gilt ein Mindestabstand für die Clubs zu Schulen und Kitas.
  • In der Öffentlichkeit ist der Konsum nahe Schulen oder Kitas verboten. In Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden.
  • Frühere Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden.
  • Minderjährige, die mit Cannabis erwischt werden, müssen an Interventions- und Präventionsprogrammen teilnehmen.
  • In einem zweiten Schritt sollen in Kreisen und Städten mehrerer Bundesländer in Modellprojekten „kommerzielle Lieferketten“ ausprobiert werden, von der Produktion über den Vertrieb bis zum Verkauf von Cannabis in Fachgeschäften. Die Projekte werden wissenschaftlich begleitet, sind auf fünf Jahre befristet und auf die Einwohner dieser Kommunen beschränkt.
  • Diese zweite Säule der geplanten Legalisierung ist aber „voraussichtlich weiterhin notifizierungspflichtig“, wie es von der Bundesregierung heißt. Das bedeutet, dass wohl die EU mitreden darf und damit im Moment unklar ist, ob daraus am Ende etwas wird.

Insbesondere die Schaffung von Cannabis-Konsumclubs eröffne laut Polizeigewerkschaft neue Möglichkeiten, unter dem Deckmantel vermeintlicher Vereinsarbeit die vorgeschriebene Abgabe von Cannabis zu unterlaufen. Es liege auf der Hand, dass mehrere Behörden mit der Kontrolle des Vereinslebens beschäftigt sein werden: „Es sollten keine Gesetze das Licht der Welt erblicken, bevor nicht völlig klar ist, dass diese auch konsequent kontrolliert werden können. Davon sind wir hierzulande, vor allem im Bereich des öffentlichen Dienstes, darunter die Polizeien, weit entfernt“, sagte Poitz dem RND.

Auch der Besitz von maximal drei Pflanzen oder 25 Gramm Cannabis pro Person sei in der Praxis „prinzipiell nicht kontrollierbar“. Eine polizeirechtliche Grundlage für das Zählen von Cannabis-Blumentöpfen in Privatwohnungen werde es sicherlich nicht geben. Die Polizeigewerkschaft zeigte sich außerdem besorgt, dass auch künftig Cannabis mit einem sehr hohen THC-Gehalt verfügbar sei.

Die GdP sieht zudem mögliche Probleme bei der geplanten befristeten Einrichtung von lizensierten Cannabis-Abgabestellen in Modellregionen. „Die lizensierten Geschäfte, wo legal Cannabis verkauft werden soll, könnten sich zu wahren Wallfahrtsorten von Konsumenten entwickeln“, sagte GdP-Vize Poitz. Dass sich dort Schwarzmärkte etablieren könnten, sei keineswegs unwahrscheinlich.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP noch verabredet, die „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ einzuführen. Lauterbach hatte dazu bereits im Herbst Vorschläge vorgelegt. Von Anfang an gab es aber Bedenken, dass die Pläne an internationalem und EU-Recht scheitern könnten. (dpa, lem)

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