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Scholz und Erdogan.

© AFP/TOBIAS SCHWARZ

„Alles wurde dem Erdboden gleichgemacht“: Erdogan bekräftigt seine Kritik am israelischen Vorgehen im Gazastreifen

Am Freitagnachmittag landete der türkische Präsident Erdogan in Berlin. Erst traf er Bundespräsident Steinmeier, dann Kanzler Scholz.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist am Freitagnachmittag auf dem militärischen Teil des Flughafens Berlin-Brandenburg (BER) gelandet. Es ist sein erster Besuch in Deutschland seit fast vier Jahren. Am Abend traf er Bundeskanzler Olaf Scholz.

Olaf Scholz betonte in seinem Statement vor Pressevertretern, dass er die „barbarischen Angriffe der Hamas aufs Schärfste verurteilt“. Das Existenzrecht Israels sei für ihn unumstößlich. „In unserem Land ist kein Platz für Antisemitismus“, so Scholz. Israel habe ein völkerrechtlich verbrieftes Recht auf Selbstverteidigung. Gleichzeitig sei jedes Leben gleich viel wert und auch „das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza bedrückt uns“.

Deshalb sei Deutschland einer der größten Geber humanitärer Hilfe für Gaza. Dennoch gebe es teilweise „sehr unterschiedliche Ansichten zum Konflikt im Nahen Osten. Doch gerade in schwierigen Augenblicken brauchen wir das direkte Gespräch.

Gleichzeitig lobte Scholz die Rolle der Türkei im Getreideabkommen mit der Ukraine. Man wolle daneben europäisch-türkische Beziehungen, den Handel zwischen beiden Ländern, sowie die irreguläre Migration besprechen.

Erdogan wiederum sagte: „Der 7. Oktober wird als Anfang dargestellt und was danach geschah, wird weniger dargestellt. Wir sprechen von 13.000 Menschen, darunter Alte und Kinder, die getötet wurden. Heute gibt es kaum noch einen Ort, den man Gaza nennen könnte, alles wurde dem Erdboden gleichgemacht.“

„Wir sind nicht durch den Werdegang des Holocaust gegangen“ und man schulde niemanden etwas, so der türkische Präsident. Als Ministerpräsident habe er sich stark gegen Antisemitismus eingesetzt, behauptete Erdogan.

Die Maschine des türkischen Präsidenten Erdogan nach der Landung am BER
Die Maschine des türkischen Präsidenten Erdogan nach der Landung am BER

© dpa/Christoph Soeder

Man könne die Hamas mit Hinsicht auf seine Bewaffnung und militärischen Fähigkeiten nicht mit Israel vergleichen, da es auch über Atomwaffen verfüge. Das Land zerstöre Gotteshäuser und Krankenhäuser, obwohl beides in der Tora verboten sei.

„Versuchen wir gemeinsam die humanitäre Waffenruhe zu gewährleisten“, sagte Erdogan. Die Türkei sei auch bereit, bei Geisel-Verhandlungen zu helfen. Mit Verweis auf in Israel inhaftierte Verurteilte sagte Erdogan, man müsse ebenfalls bedenken, dass auch Palästinenser in Israel als Geisel gehalten würden. Die Türkei würde ebenfalls humanitäre Hilfe leisten, Verletzte aus Gaza zur Behandlung aufnehmen und setze sich für eine Zwei-Staaten-Lösung ein.

Neben den von Scholz erwähnten anderen Themen, wollte er mit dem Kanzler auch über eine Vereinfachung der Visaverfahren für Türken in Europa sprechen.

Vor dem Treffen mit Scholz stattete Erdogan Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einen Besuch ab. Steinmeier und Erdogan begrüßten sich mit Handschlag, danach trug sich der türkische Präsident in das Gästebuch von Schloss Bellevue ein.

Noch am Freitagabend, nach dem Treffen mit Scholz, soll der türkische Präsident die Rückreise antreten.

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Der Kanzler hatte Erdogan bereits nach dessen Wiederwahl als Präsident im Mai nach Berlin eingeladen. Nach dem Terrorangriff auf Israel mit rund 1200 Toten hatte der türkische Präsident mit mehreren Äußerungen zum Gaza-Konflikt für Empörung gesorgt. Die Hamas verteidigte er als „Befreiungsorganisation“ und Israel verurteilte er als „Terrorstaat“. Für Deutschland ist die Sicherheit Israels dagegen Staatsräson und die Hamas eine Terrororganisation.

In der Hauptstadt waren wegen des türkischen Gasts rund 2800 Polizisten im Einsatz, wie es von der Polizei hieß. Diese hatte die Anzahl kurzfristig deutlich erhöht. In umliegenden Häusern des Schloss Bellevue postierten sich so beispielsweise Scharfschützen.

Während Erdogans Besuch gab es nur vereinzelt Proteste. Mitglieder der Gesellschaft für bedrohte Völker standen am Mittag nahe dem Schloss Bellevue und zeigten ein Transparent mit der Aufschrift: „Kein roter Teppich für den Islamisten Erdogan“. Einige von ihnen trugen Masken mit den Gesichtern von Steinmeier, Scholz und Erdogan. Eine große Demonstration von Kurden ist erst für Samstag angemeldet. (dpa, Tsp)

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