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Wann finden sie wieder zueinander? DB-Personalvorstand Martin Seiler beantwortet eine Frage im Beisein von GDL-Chef Claus Weselsky.

© AFP/Andreas Arnold

Tagelange Streiks bei der Bahn?: Weselsky muss die Verhältnismäßigkeit wahren

Gewerkschaftschef Claus Weselsky und Bahn-Personalvorstand Martin Seiler beharren auf Maximalforderungen. Das kann nicht gut gehen. Sie sollten besser heute als morgen verhandeln.

Ein Kommentar von Caspar Schwietering

Millionen Menschen bringt die Deutsche Bahn derzeit für die Feiertage zu ihren Liebsten. Weihnachtsfrieden nennt das DB-Personalchef Martin Seiler pathetisch. Danach aber, wohl ab dem 10. Januar, droht tagelanger Stillstand.

Auslöser ist ein anderer Stillstand – der in den Verhandlungen zwischen Seiler und Claus Weselsky, dem Chef der Lokomotivführergewerkschaft GDL. Schuld daran trägt nicht nur Weselsky. Seiler weigert sich bisher, über die Kernforderung der Lokomotivführer – einer Arbeitszeitverkürzung für Schichtarbeiter ohne Gehaltseinbußen – auch nur zu reden.

Ein Lokführermangel droht wirklich

Das ist zunächst verständlich. Nur zur Erinnerung: Vor vier bis fünf Jahren gab es schon mal einen großen Lokführermangel. Damals konnten die Lokführer zwischen mehr Gehalt oder mehr Freizeit wählen. Die Branche war überfordert, als sich viele für mehr Freizeit entschieden. Diesmal soll die Arbeitszeit für den gesamten Berufsstand gekürzt werden. Seilers Zweifel, ob der Arbeitsmarkt das nötige zusätzliche Personal hergibt, sind gut begründet.

Nur wird der DB-Personalvorstand seine Blockade nicht durchhalten können. Mit Netinera hat bereits der erste Privatbahn-Betreiber den Forderungen der GDL zugestimmt, der größte Wettbewerber Transdev ist zumindest gesprächsbereit.

Hinzu kommt: Die Lokführer können mit tagelangen Streiks Deutschlands Industrieproduktion aus dem Takt bringen. Spätestens dann muss Seiler verhandeln. Also sollte er es lieber gleich machen. Am Ende dürfte ein langsamer, schrittweiser Einstieg in die 35-Stunden-Woche stehen.

Die Verantwortung des Claus Weselsky

Dafür muss aber Weselsky deutliche Zugeständnisse bei den Lohnsteigerungen machen. Ansonsten würde der defizitäre Staatskonzern finanziell überfordert. Anders als Netinera fährt die DB nicht nur im Auftrag der Länder im Regionalverkehr, sondern auch im Wettbewerb mit der Straße im Fern- und Güterverkehr. Für die Milliardenverluste des Konzerns stehen schlussendlich die Steuerzahler gerade – also auch viele Menschen mit schlechteren Gehältern als die Lokführer.

Weselsky muss die Verhältnismäßigkeit wahren. Mit seinen Lokführern hat er eine teilweise Kontrolle über eine kritische Infrastruktur. Geht er mit dieser Macht nicht verantwortlich um, dürften die Rufe nach einer Reform des Streikrechts lauter werden.

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