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Die AfD eilt in Umfragen von Höhenflug zu Höhenflug.

© dpa/Carsten Koall

„Gesichert extremistisch“ in Sachsen: Die AfD dürfte daraus weiter Profit schlagen

Einem Großteil der Anhänger scheint es egal zu sein, dass die AfD in Ostdeutschland rechtsextrem ist. Die hilflose Verbotsdebatte bringt die demokratischen Parteien nicht weiter.

Ein Kommentar von Felix Hackenbruch

Eine Überraschung war die Meldung nicht: Der sächsische Verfassungsschutz hat den Landesverband der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Nach den Landesverbänden in Thüringen und Sachsen-Anhalt wurde damit einem dritten ostdeutschen Landesverband der AfD unzweifelhaft nachgewiesen, verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen.

Was auch sonst? Vier Jahre hatten die Verfassungsschützer Aussagen und Forderungen von Funktionären und Mandatsträgern der Partei gesammelt und ausgewertet. Das Ergebnis der 134 Seiten: In der Migrationspolitik vertrete die AfD „typische völkisch-nationalistische Positionen“ und richte sich gegen die im Grundgesetz verankerte Garantie der Menschenwürde.

Zudem würde der Landesverband antisemitische Verschwörungserzählungen verbreiten und seit der Corona-Pandemie gegen die politische Grundordnung agitieren.

So klar das Gutachten, so zweifelhaft die Wirkung. Im kommenden Jahr wird im Freistaat ein neues Landesparlament gewählt, in Umfragen ist die AfD momentan stärkste Kraft. Jeder dritte Wähler unterstützt die Partei. Die Einstufung des sächsischen Verfassungsschutzes dürfte daran nicht viel ändern – im Gegenteil.

Der AfD in Thüringen nutzte die Einstufung sogar

In Thüringen, wo der Landesverband um ihren Vorsitzenden Björn Höcke seit 2021 als erwiesen rechtsextrem gilt, hat die Partei in Umfragen sogar noch zulegen können. Stand sie im Mai 2021 bei 23 Prozent, kann sie – weniger als ein Jahr vor der Landtagswahl – inzwischen auf 34 Prozent hoffen. Auch bei der Europawahl und den anderen Wahlen in Ostdeutschland im kommenden Jahr kann die AfD mit Rekordwerten rechnen.

Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke
Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke

© dpa/Martin Schutt

Einem Großteil der Anhängerschaft der AfD scheint es egal zu sein, welches Label der Verfassungsschutz der Partei gibt. Zumal die Rechten die Autorität und Unabhängigkeit der Institution gezielt angreifen. Die thüringische AfD will den dortigen Verfassungsschutz wegen der Einschätzung verklagen. Mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, befindet sich die AfD in einer Dauerfehde.

Gezielt sät die AfD Zweifel an den Behörden, die sie überwachen. Als vermeintliches Opfer des Systems gelingt es der AfD, weiter Profit zu schlagen. Denn für ihre Anhänger scheint die Einstufung des Verfassungsschutzes zu einer Art Gütesiegel im Kampf gegen das Establishment (zudem auch die Verfassungsschützer zählen) zu werden. Im Kampf gegen einen vermeintlich links-woken Zeitgeist verleiht der Verfassungsschutz in ihren Augen der AfD weitere Glaubwürdigkeit.

Eine Entwicklung, die für die demokratischen Kräfte in ein Dilemma führt. Lauter werden die Stimmen der Befürworter eines Verbotsverfahrens der AfD, zuletzt aus dem Arbeitnehmerflügel der CDU. Doch der politische Schaden des langwierigen Verfahrens könnte größer sein als sein Nutzen.

Statt sich nur weiter in eine hilflose Verbotsdebatte zu begeben, müssen die anderen Parteien auch endlich ein Rezept gegen den Erfolg der AfD finden. Gutes und verlässliches Regieren würde dabei helfen, aber auch die AfD noch konsequenter zu stellen und sie zu entlarven. Denn was die erwiesen rechtsextreme Partei erreichen will, ist schließlich kein Geheimnis: die Abschaffung unserer liberalen Demokratie.

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