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Hans-Christoph Berndt (M), Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag von Brandenburg, geht nach einer Pressekonferenz nach einer Fraktionssitzung der AfD im Landtag Brandenburg zwischen Felix Teichner (AfD, l), Abgeordneter im Landtag von Brandenburg, und Dennis Hohloch, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD im Landtag von Brandenburg, vor einem AfD-Logo entlang.

© dpa/Sebastian Gollnow

32 Prozent der Brandenburger würden AfD wählen: Der Höhenflug der Partei ist keine Überraschung mehr

Bundesweit wird die AfD in den Umfragen seit Wochen besser, ein sich selbst verstärkender Effekt - und kein rein ostdeutscher. Was die demokratischen Parteien jetzt tun sollten.

Ein Kommentar von Sabine Schicketanz

Zwölf Monate noch bis zur Landtagswahl in Brandenburg. Zwölf Prozentpunkte liegt die radikal rechte AfD in der aktuellen Sonntagsfrage vorn, erstmals vor allen demokratischen Parteien. 32 Prozent der Märker würden sie wählen, das ist bisheriger Umfragerekord. Die SPD mit Ministerpräsident Dietmar Woidke, der seit zehn Jahren amtiert, kommt nur auf 20 Prozent.

So groß das Entsetzen über den AfD-Höhenflug, so klein die Überraschung. Bundesweit wird die AfD in den Umfragen seit Wochen besser, ein sich selbst verstärkender Effekt - und kein rein ostdeutscher.

In Hessen, wo in knapp einem Monat gewählt wird, steht die Partei jetzt bei 17 Prozent. Sechs ging es nach oben, fünf verloren die Grünen, die gleichauf liegen. Was Ost und West eint: Strategien gegen das erschreckende Erstarken der Rechten zeigen bislang wenig Erfolg.

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Der Zulauf zur AfD begründet sich, das zeigt auch Brandenburgs Sonntagsfrage deutlich, vor allem in Themen, zu denen wenig bis gar nichts in Länderparlamenten entschieden wird: Heizungsgesetz und Energiepolitik, Migration, Ukraine-Krieg, Inflation und Klimawandel. Die Landespolitik, auch die Schulpolitik, spielen kaum eine Rolle - und das, obwohl in Brandenburg Schülerinnen und Schüler in den Bildungsrankings regelmäßig zu den Schlusslichtern gehören.

Demokratische Parteien dürfen die AfD nicht unterschätzen

Die Rechte stark reden will von CDU bis Linke niemand. Aber die demokratischen Parteien dürfen die AfD nicht unterschätzen. Was in Brandenburg vor der Landtagswahl 2019 noch funktionierte, wird heute nicht mehr aufgehen.

Eine unbekannte Größe im Spiel: Die mögliche Wagenknecht-Linke, die Kräfteverhältnisse verschieben würde. Weg von der AfD? Oder weg von Linken und Freien Wählern?

Sabine Schicketanz, PNN-Chefredakteurin

Damals gab es auf den letzten Metern ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und AfD. Alles lief hinaus auf die Frage: Bleibt Brandenburg demokratisch? Die Polarisierung nutzte der Woidke-SPD, sie gewann mit knapp drei Prozent Vorsprung. Darauf verweisen Sozialdemokraten auch heute wieder. Doch jetzt auf diesen Effekt zu setzen, ist gefährlich.

Das Risiko einer noch stärkeren Polarisierung steht im Raum

Die AfD liegt so weit vorn, dass es, könnte sie dies in ein Wahlergebnis umsetzen, nicht einmal mehr für das Drei-Parteien-Regierungsbündnis aus SPD, CDU und Grünen reichen würde. Die Linken oder die Freien Wähler müssten mit ihren acht bis sechs Prozent vierter Regierungspartner werden gegen die AfD.

Eine unbekannte Größe im Spiel: Die mögliche Wagenknecht-Linke, die Kräfteverhältnisse verschieben würde. Weg von der AfD? Oder weg von Linken und Freien Wählern? Das Risiko einer noch stärkeren Polarisierung steht im Raum.

Wird es den demokratischen Parteien gelingen, den Kontrast zwischen objektiver Lage – die Sozialdaten in Brandenburg sind gut wie nie – und dem verbreiteten subjektiven Empfinden, es gehe nur abwärts oder jedenfalls in die falsche Richtung, aufzulösen? Darauf wird es ankommen.

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Regierungschef Woidke positioniert sich, wann immer es geht, gegen abgehobene Ampelpolitik. Beim Wähler zündet das kaum. Eines von vielen Zeichen einer grassierenden Entfremdung von Gesellschaft und Politik, mit der das Vertrauen in die Demokratie, das Zutrauen zu demokratischen Parteien schwindet.

Die Nähe, die in Brandenburg besonders die dauerregierende Sozialdemokratie zu den Menschen hatte, verflüchtigt sich wie eine nicht gepflegte Freundschaft. Die demokratischen Parteien tun sich schwer, Zugang zur Bevölkerung zu finden. Die AfD hat viele Plätze besetzt – real und in der digitalen Welt.

Das wirkt. Laut Sonntagsfrage findet nur noch eine knappe Mehrheit der Brandenburger, dass sich die AfD nicht genug von rechtsextremen Positionen distanziert. Vor vier Jahren waren es noch 77 Prozent, knapp 20 Prozent mehr.

Was hilft jetzt? Auf jeden Fall nicht, sich wie die CDU in der Mark die Positionen der AfD teils zu eigen zu machen, wie Unterschriften für Grenzkontrollen zu sammeln. Das befördert nur die Normalisierung der AfD, die Umfrage belegt es.

Alle demokratischen Parteien in Brandenburg müssen weiterhin ausschließen, die AfD an einer Regierung zu beteiligen. Und sie müssen endlich Entschlossenheit zeigen, in ihrer Politik und im Umgang mit den Wählern. Mindestens so viel wie die AfD. Was für ein Brandenburg sie will, ist klar. Aber das Gegenbild ist vernebelt.

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