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Annalena Baerbock, Bundesministerin des Auswärtigen , Olaf Scholz, Bundeskanzler (Archivbild)

© Imago/Metodi Popow

Großkonzerne im Nacken: Das Kanzleramt hat die neue China-Strategie bewusst verwässert

Nach 83 Wochen hat sich die Bundesregierung endlich auf eine China-Strategie geeinigt. Aber hält sie, was sie verspricht?

Ein Kommentar von Viktoria Bräuner

Deutschland hat eine eigene China-Strategie, das war längst überfällig. Vorgestellt wurde sie von Außenministerin Annalena Baerbock – ausgerechnet beim Mercator-Institut für China-Studien (Merics).

Es ist ein begrüßenswert klares Zeichen an Staatschef Xi Jinping und die Kommunistische Partei: Die Regierung stellt sich damit hinter eine freie, kritische Wissenschaft. Der Berliner Think-Tank ist seit April 2021 von den Chinesen sanktioniert, die Experten und ihre Familien dürfen nicht mehr in die Volksrepublik reisen.

Allein diese Strafmaßnahme gegen ein unabhängiges Forschungsinstitut zeigt, welch harschen Kurs Peking fährt. Andere Beispiele sind die systematischen Menschenrechtsverletzungen in Tibet und Xinjiang, das Ende der Freiheitsrechte von Hongkong oder die militärischen Drohungen gegen die demokratische Inselrepublik Taiwan. Umso wichtiger ist die neue Strategie, die Deutschlands Haltung gegenüber China definieren soll.

Baerbock nannte die wichtigsten Punkte: Die Spannungen um Taiwan, den Abbau von Rohstoff-Abhängigkeiten, eine Diversifizierung der Wirtschaft, den gemeinsamen Kampf gegen die Klimakrise und eine Deckelung von Investitionsgarantien deutscher Firmen in der Volksrepublik.

„Jetzt kommt es darauf an, dass wir sie alle gemeinsam mit Leben füllen“, meinte Baerbock nach dem Kabinettsbeschluss. Genau das wird ihre größte Aufgabe sein.

Bei der Entstehung der China-Strategie waren die Interessen der Ampel hart aufeinander geprallt. Doch am Ende gibt das Kanzleramt – den Druck von Großkonzernen im Nacken – den Kurs vor und hat offenkundig die Strategie bewusst verwässert.

Es ist bezeichnend, dass die Außenministerin allein das Positionspapier bei Merics vorgestellt hat. Auch das ist ein Zeichen, aber ein falsches.

Peking wird aufmerksam registrieren, dass Bundeskanzler Olaf Scholz der Präsentation ferngeblieben ist und wird daraus den Schluss ziehen: Alles läuft in den deutsch-chinesischen Beziehungen weiter wie bisher.

Aber gerade das darf nicht sein. Und schon gar nicht, wenn man eine China-Strategie sein Eigen nennt.

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