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Unterstützer von General Abdel Fattah al Burhan geben sich siegessicher.

© afp

Machtkampf im Sudan: „Das Ganze könnte in einem Bürgerkrieg münden“

Im Sudan liefern sich Armee und Milizen-Streitkräfte heftige Gefechte mit Dutzenden Toten. Warum eskaliert die Gewalt und was droht dem afrikanischen Land. Ein Expertengespräch.

Herr Kurtz, Luftangriffe, Artilleriegefechte und Straßenschlachten mit vielen Toten: Im Sudan liefern sich paramilitärische Einheiten und die regierende Armee einen blutigen Machtkampf. Worum geht es?
Die offiziellen Streitkräfte des Landes liefern sich schwere Gefechte mit den sogenannten Schnellen Unterstützungskräften (Rapid Support Forces, RSF), die ebenfalls eine legale Armee sind. Beide haben bislang gemeinsam geherrscht, auch nach einem Putsch gegen die Übergangsregierung 2021.

Was hat beide auseinandergebracht?
In den vergangenen Monaten gab es schwierige Debatten darüber, wie die Macht wieder auf eine zivile Führung übergehen könnte. Dabei ging es auch darum, die Paramilitärs in die reguläre Armee zu integrieren, was womöglich den Verlust von Einfluss bedeuten würde. Dieser Streit ist jetzt eskaliert.

General Abdel Fattah al Burhan wird als Oberbefehlshaber und De-facto-Herrscher des Sudan von Mohamed Hamdan Daglo herausgefordert, dem Anführer der Rapid Support Forces. Wer ist der Milizen-Chef?
Hamdan Daglo, genannt Hemeti, befehligt die Rapid Support Forces seit 2013. Er kommt aus dem Westen des Sudan, aus der Region Darfur. Dort hat er Aufstände niedergeschlagen und ist mit extremer Gewalt gegen die Zivilbevölkerung vorgegangen.

Seine informelle Miliz wurde dann in die Rapid Support Forces überführt und damit legalisiert. Hamdan Daglo ist nicht nur einer der mächtigsten Generäle, sondern gehört auch zu Sudans wichtigsten Wirtschaftsgrößen. Die Familie des 48-Jährigen kontrolliert zum Beispiel die lukrative Goldverarbeitung.

Zwei Heerführer und zwei Streitkräfte beanspruchen die Macht für sich – welche Folgen hat das für die noch junge Demokratiebewegung?
Die wird zwischen diesen Kämpfen der beiden Armeen zerrieben. Die zivilen Parteien haben immer wieder versucht, zwischen den Streitkräften zu vermitteln. Aber die Gespräche sind gescheitert. Jetzt sprechen die Waffen.

General Abdel Fattah al Burhan (l) und der Kommandeur der Rapid Support Forces, Mohamed Hamdan Daglo (genannt Hemeti), sind zu erbitterten Feinden geworden.

© afp/Asharaf Shazly

Wenn überall geschossen wird, dann kann die die Demokratiebewegung schwerlich ihre Mittel einsetzen, zum Beispiel Streiks oder Demonstrationen. Jedoch zeigen die Gefechte deutlich, wie wichtig eine zivile Regierung wäre.

Daglo wird von Russland unterstützt. Auch Mitglieder der berüchtigten Wagner-Gruppe sind im Sudan aktiv. Welche Rolle spielt der Kreml?
Hemeti ist in der Tat der zentrale Ansprechpartner für Moskau. Das betrifft vor allem die Verarbeitung von Gold und den Goldschmuggel.

Unternehmen, die mit der Wagner-Gruppe in Verbindung stehen, haben Lizenzen, um das Edelmetall abzubauen. Ein guter Teil des Goldes landet in Russland, trotz der Sanktionen.

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Verfolgt Russland außer materiellen auch geostrategische Interessen?
Ja, Moskau will zum Beispiel am Roten Meer einen Militärstützpunkt errichten. Dafür haben sich die Rapid Support Forces stark gemacht. Das sudanesische Militär war anfangs deutlich skeptischer, hat aber vor einigen Wochen bei einem Besuch von Russlands Außenminister Lawrow Unterstützung signalisiert.

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Der Sudan wird seit Langem von Kriegen und Kämpfen erschüttert. Wie könnte er zur Ruhe kommen?
Ganz zentral ist, dass die Dominanz des Sicherheitssektors ein Ende findet. Seit der Unabhängigkeit des Sudan 1956 herrschten die meiste Zeit die Militärs. Und die trugen für die vielen Konflikte im Land die Verantwortung.

Doch um die Macht der Streitkräfte zu brechen, braucht es eine starke, vereinte Zivilbewegung. Die hat zwar an Mut gewonnen, ist aber nach wie vor uneins.

Könnten die aktuellen Kämpfe derart eskalieren, dass das Land völlig auseinanderbricht?
So weit ist es zum Glück noch nicht. Es besteht allerdings die große Gefahr, dass das Ganze in einem Bürgerkrieg mündet. Nämlich dann, wenn weitere bewaffnete ethnische oder religiöse Gruppen sich auf eine der beiden Seiten schlagen. Käme es dazu, könnte dies den Sudan zerreißen.

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