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Die Spionagevorwürfe um den chinesischen Beobachtungsballon über den USA entwickeln sich zu einer schweren Belastung der ohnehin angeschlagenen Beziehungen.

© dpa/Brian Branch

Update

„Offensichtliche Überreaktion“ : USA schießen mutmaßlichen Spionageballon ab – China bestellt US-Geschäftsträger ein

Die USA haben einen mutmaßlichen chinesischen Spionageballon abgeschossen. China protestiert und hat nun den Geschäftsträger der US-Botschaft in Peking einbestellt.

| Update:

Aus Protest gegen den Abschuss eines mutmaßlichen chinesischen Spionageballons durch das US-Militär hat Chinas Außenministerium den Geschäftsträger der amerikanischen Botschaft in Peking einbestellt. Wie das Außenamt am Montag mitteilte, sagte Vizeaußenminister Xie Feng bei der Begegnung am Sonntag, das Eindringen des Ballons sei nur ein „Unfall“ gewesen, der durch „höhere Gewalt“ passiert sei. „Die Fakten sind klar und können nicht verdreht werden.“

Trotzdem hätten sich die USA „taub gestellt“ und darauf bestanden, „Gewalt gegen ein ziviles Luftschiff zu missbrauchen, das dabei war, den Luftraum der USA zu verlassen“. Es sei eine „offensichtliche Überreaktion“ gewesen und verletze „den Geist des Völkerrechts und internationale Normen“, wurde der Vizeaußenminister zitiert.

Die USA hätten damit die Bemühungen und Fortschritte auf beiden Seiten, die Beziehungen seit dem Treffen von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden im November zu stabilisieren, „ernsthaft beeinträchtigt und beschädigt“, sagte Xie Feng nach diesen Angaben.

Die chinesische Regierung werde die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen und behalte sich das Recht auf notwendige Reaktionen vor. In einem indirekten Hinweis, der wohl auf etwaige zivile Eigentümer des Ballons schließen lassen sollte, hieß es in der Mitteilung ferner, die Regierung wolle „die legitimen Rechte und Interessen chinesischer Unternehmen“ wahren.

USA bezichtigen China der Spionage

Das US-Militär hat nach tagelanger Beobachtung einen mutmaßlichen chinesischen Spionageballon abgeschossen. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bestätigte am Samstag (Ortszeit), US-Kampfjets hätten auf Anweisung von US-Präsident Joe Biden „den von der Volksrepublik China gestarteten und ihr gehörenden Überwachungsballon“ vor der Atlantikküste von South Carolina zum Absturz gebracht.

Die USA bezichtigten China der Spionage mit dem Ballon. Peking protestierte am Sonntag gegen die „offensichtliche Überreaktion“ und wies die Vorwürfe erneut zurück. Kolumbien informierte unterdessen über das Eindringen eines Objekts mit „ähnlichen Eigenschaften wie ein Ballon“ in seinem Luftraum.

Biden erklärte am Samstag vor Reportern, er habe den Befehl zum Abschuss des Ballons über den USA schon vor mehreren Tagen erteilt.

Er habe bereits am Mittwoch, als er über den Ballon informiert worden sei, angeordnet, das Flugobjekt „so schnell wie möglich“ abzuschießen. Ein Risiko für die Menschen am Boden sollte ausgeschlossen werden. Daher sei entschieden worden, das Flugobjekt erst über dem Meer aber innerhalb des US-Hoheitsgebiets abzuschießen.

Der Abschuss des Ballons über Land wäre aufgrund der Größe und Höhe des Ballons und seiner Last zu gefährlich gewesen, teilte Verteidigungsminister Austin mit.

China habe mit dem Ballon versucht, strategische Standorte auf dem US-Festland zu überwachen, betonte er. Er sprach von einer „inakzeptablen Verletzung“ der Souveränität der USA. Mehrere Republikaner, darunter der frühere US-Präsident Donald Trump, hatten gefordert, den Ballon abzuschießen.

China reagiert empört

Die chinesische Regierung äußerte ihre „starke Unzufriedenheit“ über den Einsatz von Gewalt durch die USA gegen ein „ziviles, unbemanntes Luftschiff“. Es sei eine „ernste Verletzung“ internationaler Praktiken.

China behalte sich das Recht auf „notwendige Reaktionen“ vor, sagte ein Außenamtssprecher in Peking. China habe die USA wiederholt informiert, dass der Ballon zivilen Zwecken diene und „durch höhere Gewalt“ über die USA geflogen sei, „was völlig zufällig war“. Das Pentagon habe selbst gesagt, der Ballon stelle keine Gefahr für das Militär und Menschen am Boden dar.

Nach dem Abschuss sagte ein hoher Vertreter des Pentagons, dass die Bergung des Ballons nun in vollem Gange sei. „Wie lange es dauern wird, steht noch nicht fest“, sagte er.

Das US-Militär hatte einen chinesischen Spionageballon über dem Norden der USA gesichtet, bevor es ihn am Samstag über dem Atlantik abschoss.

© pa/The Billings Gazette/AP/Larry Mayer

Die Trümmer befänden sich in relativ flachem Wasser, was die Bergung „ziemlich einfach“ machen würde. Der Ballon sei schon seit einiger Zeit beobachtet und verfolgt worden. Er sei bereits am 28. Januar über Alaska aufgetaucht, am 30. Januar über Kanada und am 31. Januar über dem US-Bundesstaat Idaho.

Während seines Überflugs hätten die USA unmittelbar Schritte unternommen, um die Sammlung sensibler Informationen durch den Ballon zu verhindern und dessen nachrichtendienstlichen Wert für China zu verringern, hieß es weiter.

Der Ballon habe zu keiner Zeit eine Gefahr für die zivile Luftfahrt in den USA dargestellt. Von der Bergung der Geräte an Bord erhoffen sich die USA nähere Informationen über die Mission. Den nachrichtendienstlichen Schaden schätze man als eher gering ein, hieß es.

US-Außenminister sagt Reise ab

Das Pentagon hatte bereits am Donnerstagabend die Sichtung des Ballons publik gemacht. Unter anderem war dieser im US-Bundesstaat Montana nahe einer US-Luftwaffenbasis gesichtet worden, wo mit Atomsprengköpfen bestückte Interkontinentalraketen lagern.

Am Samstag berichteten Augenzeugen, sie hätten den Ballon im östlichen US-Bundesstaat North Carolina gesichtet. Auf TV-Bildern und in Videos von Augenzeugen war zu sehen, wie der weiße Ballon am Samstagnachmittag in der Luft getroffen wurde und abstürzte.

US-Außenminister Blinken hatte als Reaktion auf den Vorfall seinen eigentlich für Sonntag erwarteten Besuch in Peking abgesagt. Er hatte das Eindringen des Ballons in den US-Luftraum am Freitag als „inakzeptabel“ und „unverantwortlich“ bezeichnet.

China sprach dagegen von einem Forschungsballon, der durch „höhere Gewalt“ vom Kurs abgekommen sei. Nachdem der Vorfall zunächst in ungewohnt defensiver Weise „bedauert“ worden war, ging ein chinesischer Außenamtssprecher in die Offensive: „Einige Politiker und Medien in den USA haben die Situation ausgenutzt, um China anzugreifen und in Verruf zu bringen.“

Es wäre der erste Besuch eines US-Außenministers in China seit 2018 gewesen. (dpa)

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