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Unterstützer der sudanesischen Armee auf einem ausgebrannten Panzer der RSF-Miliz.

© Bearbeitung: Tagesspiegel | picture alliance / newscom

Machtkampf im Sudan: Wird der Konflikt zum Flächenbrand in Afrika?

Die Gewalt im Sudan reißt nicht ab. Sollte sich der Machtkampf der zwei wichtigsten Generäle des Landes ausweiten, könnte das verheerende Folgen haben. Drei Experten analysieren die Lage.

Seit mehr als zehn Tagen erschüttern schwere Gefechte den Sudan. In dem nordostafrikanischen Staat kämpft die Armee der Regierung unter Staatsoberhaupt Abdel Fattah al Burhan gegen die Miliz seines Stellvertreters Mohammed Hamdan Dagalo. Hunderte Tote und Tausende Verletzte hat der Machtkampf der beiden Generäle bereits gefordert. In unserer Kolumne „3 auf 1“ bewerten Fachleute die Lage. (Alle Kolumnen von „3 auf 1“ finden Sie hier.)


Die Militärführer müssen schnell zu Einsicht kommen

Derzeit finden die Kämpfe im Sudan innerhalb des Sicherheitssektors statt. Sie konzentrieren sich auf die Hauptstadt Khartum und einige andere Städte Sudans, vor allem in Darfur.

Es besteht das Risiko, dass beide Konfliktparteien, die sudanesischen Streitkräfte und die Rapid Support Forces, andere bewaffnete Gruppen in die Gefechte hineinziehen. Eine breite Anti-Kriegs-Koalition von Parteien und Zivilgesellschaft im Sudan warnt außerdem davor, dass die islamistischen Kräfte, die sie für den Ausbruch der Gewalt verantwortlich machen, eine Militarisierung der Gesellschaft anstreben.

Es ist auch möglich, dass die Kämpfe in Sudan Instabilität in einigen Nachbarländern wie Tschad und Südsudan nach sich zieht, aber bisher ist es nicht dazu gekommen. Die Konfliktparteien haben enge Beziehungen zu Regierung und bewaffneten Gruppen in diesen Ländern. Je schneller die Militärführer erkennen, dass keiner von ihnen siegen kann, umso eher kann ein Flächenbrand im Sudan und der Region verhindert werden. 


Der Machtkampf ist rein innenpolitisch

In naher Zukunft wird der bewaffnete Konflikt im Sudan kein Flächenbrand werden. Der Machtkampf zwischen den Generälen Abdel Fattah al Burhan und Mohammed Hamdan Dagalo ist rein innenpolitisch und findet über die Köpfe der sudanesischen Bevölkerung hinweg statt.

Man kann damit grundsätzlich auch nicht von einem Bürgerkrieg sprechen. Derzeit gibt es noch eine realistische Chance, dass beide zurück zu Verhandlungen mit den zivilen und demokratischen Forces of Freedom and Change kehren können, um diesen Machtkampf beizulegen.

Faktoren, die theoretisch zu grenzüberschreitenden Konflikten führen könnten, sind ethnoreligiöse Spaltungen in der Peripherie des Landes und eingeschränkte Staatlichkeit außerhalb von Ballungsräumen. Diese Probleme gibt allerdings seit Jahrzehnten im Sudan.

Ethnoreligiösen Minderheiten im Sudan geht zudem mehr um Gerechtigkeit, kulturelle Anerkennung, politische und wirtschaftliche Teilhabe in Khartum, als um Sezession. Solange es Chancen auf eine Wiederaufnahme von innenpolitischen Verhandlungen gibt, sollte das Risiko eines Flächenbrandes nicht überschätzt werden. 


Die Welt muss wachsam bleiben

Jetzt, da die Evakuierungsflüge der reichen Industrieländer so gut wie abgeschlossen sind, wird die öffentliche Aufmerksamkeit für den Sudan allmählich schwinden.

Medien und Politik in Deutschland oder Europa werden sich wieder anderen Themen widmen, auch wenn das Morden ungehindert weitergeht. Afrikanische Opfer zählen nun mal wenig hierzulande.

Zwar kann niemand voraussagen, wie sich der blutige Machtkampf entwickelt. Eine Ausweitung des Konflikts bis zum Flächenbrand ist aber nicht auszuschließen. So könnten Separatisten etwa die Kriegswirren nutzen, um die Abspaltung voranzutreiben. Dann wäre schnell auch benachbarte Staaten betroffen.

Auch ist möglich, dass Staaten wie Russland in den Konflikt eingreifen, wenn sie ihre jeweiligen Interessen im Sudan bedroht sehen. Deshalb ist es wichtig, dass die Weltgemeinschaft weiter hinschaut – auch wenn die Evakuierung ausländischer Bürgerinnen und Bürger bald abgeschlossen ist.

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