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Drei Unternehmen in Deutschland dürfen bereits Cannabis anbauen dürfen – allerdings bisher nur für den medizinischen Gebrauch.

© Tagesspiegel/Nassim Rad

Der Markt mit dem Marihuana: So profitieren Unternehmen von der Cannabis-Legalisierung

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat heute das Eckpapier zur Legalisierung von Cannabis vorgestellt. Nicht erst seitdem ist klar: Die Branche wächst.

Cannabis-Unternehmen können sich auf goldene Zeiten freuen, das zumindest prophezeit Probition Partners, eine Beratungsfirma für die internationale Cannabis-Industrie:

Laut ihrem Bericht aus dem April dieses Jahres sollen 2022 rund 100.000 zusätzliche Patienten zum ersten Mal Zugang zu medizinischen Cannabisprodukten in Europa haben, wodurch sich die Gesamtzahl der Patienten auf 341.595 erhöhen werde.

Prohibition Partners prognostiziert außerdem, dass der Umsatz mit Cannabis als Genussmittel in Europa bis 2026 1,5 Milliarden Euro erreichen könnte – sofern es zu einer raschen und vollständigen Umsetzung der Legalisierung als Genussmittel in Deutschland komme.

Ein Berliner Start-Up für Medizinalcannabis sammelte 100 Millionen Euro ein

Um sich auf diese Entwicklung vorzubereiten, hat ein Berliner Start-up, das Medizinalcannabis importiert, neue Investor:innen an Bord geholt: 100 Millionen Euro hat das 2018 gegründete Unternehmen Sanity Group inzwischen insgesamt eingesammelt. Mit 120 Mitarbeiter:innen ist die Sanity Group eine der größten Firmen in der deutschen Szene.

Für das frische Kapital gibt es konkrete Pläne: Das Produktportfolio soll zum einen mit verschreibungspflichtigem Medizinalcannabis ausgebaut werden. Außerdem will das Unternehmen auch im Geschäft mit Cannabis für den Freizeitkonsum aufstocken.

705 Tonnen
könnte der Cannabis-Bedarf in Deutschland jährlich betragen

Aus gutem Grund: Berechnungen des Wirtschaftswissenschaftlers Justus Haucap von der Universität Düsseldorf zufolge könnte der gesamte Bedarf jährlich zwischen 180 und 705 Tonnen betragen. Aktuell zirkulieren etwa neun Tonnen Medizinalcannabis auf dem Markt, hinzu kommt der Schwarzmarkt.

Punkte wie ein generelles Werbeverbot, kein Versandhandel und fehlende Importmöglichkeiten aus anderen Ländern sind aus unserer Sicht nicht sinnvoll

Finn Hänsel, Gründer und CEO der Sanity Group

Vollauf zufrieden ist die Sanity Group mit dem gerade veröffentlichten Eckpapier der Bundesregierung nicht: „Punkte wie ein generelles Werbeverbot, kein Versandhandel und fehlende Importmöglichkeiten aus anderen Ländern sind aus unserer Sicht nicht sinnvoll, gerade im Hinblick auf die Bekämpfung des illegalen Markts und um den Marktbedarf zu decken“, sagt Finn Hänsel, Gründer und CEO der Sanity Group.

Die einzigen drei Firmen, die in Deutschland die Lizenz haben, Cannabis legal anzubauen, Aurora, Tilray und Demecan, bekommen bislang im Schnitt 2,20 Euro vom Bund, genauer: dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Die gesamte Produktion soll nach Deutschland verlagert werden

Die kommenden Investitionen der Branche hingen jetzt von der Reaktion der EU-Kommission ab sagt Jürgen Neumeyer, Geschäftsführer des Branchenverbandes Cannabis e.V., dem Tagesspiegel.

„Wie es aussieht, muss die gesamte Produktionskette des Genussmittelcannabis in Deutschland erfolgen. Dafür stehen wir in den Startlöchern, aber wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen.“ Kein Import mehr, ist das überhaupt machbar?

Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen

Jürgen Neumeyer, Geschäftsführer des Branchenverbandes Cannabis e.V.

Zumindest auf die Schnelle dürfte es schwierig werden: Im zweiten Quartal 2020 wurden 2619 Kilo Cannabis für den Vertrieb als Blüten an die Apotheken aus Ländern wie Kanada, Spanien und den Niederlanden importiert. Demgegenüber stehen nur 650 Kilo Blüten aus deutscher Ernte pro Quartal.

Dirk Heitepriem von der Firma Aurora zeigt sich am Telefon zuversichtlich, was die plötzliche Herstellung des Stoffs Made in Germany betrifft, betont aber auch, dass viel Geld daran hinge: „Bislang dürfen wir eine Tonne pro Jahr anbauen, von der ersten Entscheidung zum ersten Spatenstich bis zum getesteten fertigen Produkt brauchen wir rund zwei Jahre. Allein für die neue Anlage ist sicher die Investition eines dreistelligen Millionenbetrags fällig.“

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