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Ein Männ hält ein kleines soganntes Baggy (durchsichtiger Zip-Beutel) mit gebrauchsfertigem Cannabis in der Hand.

© IMAGO/Gottfried Czepluch

Update

Fünf Kuriositäten im Cannabis-Gesetz: Muss jetzt ein Mindesthaltbarkeitsdatum auf jedes Gras-Tütchen?

Längst überfällig oder noch unausgegoren? Das neue Cannabis-Gesetz gilt seit dem 1. April – dabei wirft es noch viele Fragen auf. Wir haben die kuriosesten Knackpunkte gesammelt.

Seit dem 1. April ist das Gesetz zur Teil-Legalisierung von Cannabis in Kraft, das den Besitz und den Anbau von Cannabis (in Grenzen) ermöglicht.

Viele Konsumentinnen und Konsumenten haben lange auf diesem Moment hingefiebert. Behörden, Justiz und Expertenkreise kritisieren allerdings, dass die Cannabis-Legalisierung noch unausgegoren sei und es zu viele Unklarheiten gäbe. Wir haben die fünf kuriosesten offenen Fragen gesammelt.

1. Kleines Baggy mit großer Verpackungsbeilage?

Das Bundesgesundheitsministerium sieht „strenge Verpackungshinweise“ für Cannabis vor. So sollen Cannabis-Clubs der neutralen Verpackung (auch „Baggy“ genannt) künftig einen umfangreichen Informationszettel beilegen – mit Angaben zu Gewicht, Erntedatum, MHD, Sorte, THC- und CBD-Gehalt. Darüber hinaus sollen noch Hinweise zu möglichen Risiken beigelegt werden.

Das Cannabis-Gesetz ist nicht gut gemacht. Es wird viele Probleme bei der Umsetzung geben.

Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin Saarland

Wie diese Informationen in einen kleinen Zip-Beutel passen sollen oder ob sie separat gereicht werden dürfen, bleibt abzuwarten. Darüber hinaus ist unklar, ob das Mindesthaltbarkeitsdatum, in Anlehnung an die EU-Lebensmittelinformationsverordnung, auf der eigentlichen Verpackung stehen wird oder mit einem Etikett aufgebracht werden muss oder ob der Vermerk auf einem Beipackzettel ausreicht.

Keno Mennenga vom Cannabisclub-Dachverband sagte dem „Tagesspiegel“: „Das Mindesthaltbarkeitsdatum wird von unseren erfahren Growern nach der Ernte und Analysen festgelegt und auf den Ausgabebehältern vermerkt werden.“

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2. Kiffen verboten in Cannabis-Clubs

In einem Cannabis-Social-Club darf ab dem 1. Juli zwar legal Cannabis angebaut, nicht aber gekifft werden. Man kann bezweifeln, dass sich alle Mitglieder überall an diese Vorgabe halten und den erforderlichen Sichtweiten-Abstand zum Eingangsbereich beachten werden. 

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3. THC hinterm Steuer

Zum Start des Gesetzes im April ist der erlaubte THC-Grenzwert so niedrig, dass man nach dem Kiffen faktisch nicht autofahren darf – selbst wenn man theoretisch fahrtüchtig wäre. Ende März hat das Verkehrsministerium einen Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum vorgeschlagen, der von einer Expertengruppe aus Sachkundigen ermittelt wurde. Dieser sei „vom Risiko vergleichbar mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille“, so das Ministerium in einer Mitteilung. Die Behörde räumt ein, dass es sich um einen „konservativen Ansatz“ handele.

Ob die Vorschläge der Experten dann aber tatsächlich im Straßenverkehrsgesetz verankert werden, bestimmt der Gesetzgeber. Bis zu einer gesetzlichen Anpassung gilt weiterhin der aktuelle Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Dieser Wert sei jedoch so niedrig, dass er nur einen generellen Cannabiskonsum nachweise und nichts über die Fahrtüchtigkeit aussage, schreibt der ADAC unter Berufung auf Expertinnen und Experten.

4. Was tun bei Gärtner-Glück?

Pro volljähriger Person sind monatlich bis zu sieben Cannabis-Samen oder fünf Cannabis-Stecklinge für den privaten Anbau erlaubt. Dem Gesundheitsministerium zufolge dürfen allerdings „bis zu drei Cannabispflanzen gleichzeitig“ angebaut werden. Wo der konkrete Unterschied zwischen einem Steckling und einer Cannabispflanze besteht, bleibt unklar.

Im privaten Bereich (also am Wohnsitz) erlaubt das neue Gesetz darüber hinaus den Besitz von bis zu 50 Gramm getrocknetem Cannabis (Marihuana). Schon eine Cannabis-Pflanze kann bei einer durchschnittlichen Ernte aber bis zu 30 Gramm Marihuana abwerfen. Wie diese Rechnung aufgehen soll (wenn beispielsweise drei Cannabis-Pflanzen gleichzeitig wegen fehlender Zuwendung vertrocknen und damit automatisch zu Marihuana werden), wird derzeit rege in diversen Foren diskutiert.

5. Die Sache mit der Amnestieregelung bei Cannabis-Delikten

Frühere Cannabis-Delikte sollen im Rahmen des neuen Gesetzes künftig erlassen werden – das gilt auch für laufende Straf- und Ermittlungsverfahren, die nun vorzeitig beendet werden könnten.

Die Justiz hingegen blickt dieser Amnestieregelung weniger gelassen entgegen und befürchtet eine massive Überlastung der Gerichte. Allein in Berlin müssen laut Staatsanwaltschaft 3500 alte Cannabis-Delikte neu aufgerollt werden, um zu prüfen, ob vormaligen Tätern nun Amnestie gewährt werden muss – das sind „mehrere Tausend Akten“, sagte Justizsenatorin Badenberg. Der Deutsche Richterbund rechnet bundesweit mit mehr als 210.000 Altfällen, die nochmals gesichtet werden müssen. 

Hinweise zur Suchtberatung: Im Internet, per Telefon und vor Ort gibt es unterschiedliche Angebote. Die Caritas bietet kostenfreie Suchtberatung per Mail, Chat oder in Beratungsstellen an. Die „Sucht & Drogen Hotline“ (01806 313031) bietet telefonische Beratung, Hilfe und Informationen durch Fachleute aus der Drogen- und Suchthilfe (Kosten: 0,20 Euro pro Anruf aus dem deutschen Festnetz und aus dem Mobilfunknetz). Auch das „Nottelefon Sucht“ kann man anrufen (neun Cent pro Minute Festnetz/Mobil). Fast jede Stadt verfügt über unterschiedliche Beratungsstellen, zu denen man hingehen kann (Suche per Postleitzahl oder Ort).

Korrekturhinweis: Im Text stand, dass beim öffentlichen Kiffen ein Mindestabstand von 100 Metern zum Eingangsbereich eingehalten werden müsse. Tatsächlich geht es um mehr als 100 Meter und davon abgesehen gilt das Kriterium der Sichtweite. Der Artikel wurde am 5. April entsprechend geändert.

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