zum Hauptinhalt
Es sollte viel mehr Dachbegrünung geben, fordern Naturschutzverbände.

© imago images/Joko

Novelle der Berliner Bauordnung: Naturschützer fordern bei Neubau verpflichtend Nistkästen und Maßnahmen gegen Vogelschlag

Die Novelle der Bauordnung stößt bei Naturschutzverbänden auf heftige Kritik. Sie vermissen verpflichtende Maßnahmen zum Natur- und Artenschutz.

Das Futurium, dieses Veranstaltungs- und Ausstellungszentrum, liegt wie ein überdimensionales Raumschiff mit gigantischen Glasflächen am Spreebogen. Die Fassaden sind beeindruckend, für Vögel allerdings, die dagegen knallen, eine tödliche Falle. Und deshalb, sagt Manfred Schubert, habe das Futurum für „sehr viel Geld“ die Glasfassaden vogelfreundlicher gestalten müssen.

Doch einen Großteil dieser Ausgaben, sagt der Geschäftsführer der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN), hätte man sich sparen können, wenn dieser Vogelschutz von vornherein beim Bau berücksichtigt worden wäre. Doch dazu hätte die Maßnahme verpflichtend sein müssen.

Naturschützer vermissen im Bauordnung-Entwurf wichtige Elemente

Weil es diese Pflicht aber nicht gibt, und weil im neuen Entwurf der Berliner Bauordnung der gesamte Natur- und Artenschutz aus Sicht von Naturschützern nicht berücksichtigt wird, haben Naturschutzverbände am Donnerstag öffentlich Alarm geschlagen. Naturschutzbund Berlin (Nabu), der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und BLN forderten in einer gemeinsamen Pressekonferenz umfassende Änderungen, bevor das Abgeordnetenhaus über die Novelle abstimmt.

„Es ist sehr enttäuschend, dass der Natur- und Artenschutz in der neuen Novelle der Bauordnung nicht berücksichtigt wurde“, sagte Dirk Schäuble, Referent für Natur- und Artenschutz beim BUND. Er und seine Kollegen kritisierten, dass in dem aktuellen Entwurf zwei Paragrafen zum Naturschutz gestrichen wurden, welche die alte Regierung noch aufgeführt hatte.

Anhörung im Bauausschuss am Montag

Am Montag gibt es im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses eine Anhörung zu der Novelle, die Naturschützer sind allerdings nicht eingeladen.

Dachbegrünung ist ein wahres Wunderwerk zur Verbesserung des Klimas.

Juliana Schlaberg, Naturschutzferentin des Naturschutzbunds

Konkret fordern die Verbände, dass die Dachbegrünung schon ab 30 Quadratmeter flacher Dachfläche verpflichtend vorgeschrieben werden soll. Im aktuellen Entwurf gilt sie erst ab 100 Quadratmetern. Juliana Schlaberg, die Naturschutzreferentin des Nabu, erklärte: „Durch Dachbegrünung wird CO₂ gebunden, aus der Luft werden Schadstoffe gefiltert, sie bietet einen Lebensraum für Vögel und Insekten und fördert die Biodiversität. Dachbegrünung ist ein wahres Wunderwerk zur Verbesserung des Klimas.“

Schutzmaßnahmen für Vögel sollten beim Bau verpflichtend sein

Auch den Schutz der Vögel vor der tödlichen Glasfalle möchten die Naturschützer viel stärker in der Bauordnung dokumentiert sehen. „Fünf bis zehn Prozent aller Vögel in Europa kommen durch den Vogelschlag an Gebäuden ums Leben“, erläuterte Manfred Schubert. Genaue Zahlen gibt es nicht, die Experten können nur schätzen.

Aber für Schubert und seine Kollegen ist klar, wie man die Zahl dramatisch verringern könnte. „Man könnte den Einsatz von speziellen Glasformen oder aufgeklebten Schutzhüllen verpflichtend vorschreiben.“ Als „größtes Problem in der Region“ sieht Schubert dabei den Großflughafen BER mit seinen riesigen Fassaden. Dort seien nur wenige Teile der Glasfenster vogelfreundlich gestaltet worden.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Auch die Beleuchtung an Gebäuden sollte verpflichtend vögel- und insektenfreundlich gestaltet werden. „Beim Bau sollte von vornherein die Beleuchtung entsprechend artenschutzfreundlich einbezogen werden“, sagte Schubert. Es gebe bestimmte Farben, die dem Naturschutz entsprächen, zudem sollte das Licht nach unten abstrahlen.

Viele Bauherren beachteten das Bundesnaturschutzgesetz nicht

Im Bundesnaturschutzgesetz, sagte Dirk Schäuble, seien zwar Regelungen für eine vogelfreundliche Beleuchtung aufgeführt, jedoch seien sie „nicht gut genug“. Zudem wüssten viele Bauherren gar nicht, dass es diese Paragrafen gebe. Und wenn sie nachträglich darauf aufmerksam gemacht würden, dann kostete die Nachrüstung viel Geld. Ausgaben, die man sich durch eine klare Regelung in der Berliner Bauordnung sparen könne.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Auch Niststätten für Vögel und Fledermäuse sollten bei Neubauten verpflichtend festgelegt werden. „Die Bestände an Vögeln und Fledermäusen sind durch fehlende Brutmöglichkeiten gefährdet“, sagte Juliana Schlaberg. Deshalb müsse man ihnen diese Nistmöglichkeiten zur Verfügung stellen.

Schottergärten sollten rechtssicher verboten werden

Das Thema Schottergärten treibt die Naturschützer ebenfalls um. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung weist zwar immer wieder darauf hin, dass diese ökologischen Totflächen verboten seien, doch das Gesetz, sagte Juliana Schlaberg „ist zu schwammig formuliert“. Nämlich nicht rechtssicher, deshalb bekämen Besitzer dieser Gärten in bestimmten Fällen Recht.

Wenn es um das Ganze geht, dann wird die Naturschutzreferentin des Nabu grundsätzlich: „Wir können uns nicht leisten, dass wir ewig darüber nachdenken.“

Senatsverwaltung weist Vorwürfe zurück

Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, sagte zu den Vorwürfen der Naturschützer: „Das Bauordnungsrecht soll seinen Teil zur Verbesserung des Stadtklimas und zur Erreichung der Berliner Klimaschutzziele beitragen. Die Änderungen der Bauordnung berücksichtigen diese Entwicklungen unter anderem durch Anforderungen an die Dachbegrünung.“

Die Bauordnung dient der Gefahrenabwehr, nicht der Regelung von Nistkästen.

Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung

Die aktuelle Vorlage entspreche weitgehend den Vorlagen aus den Jahren 2021 und 2022. Ein paar Änderungen gegenüber den vorherigen Entwürfen seien vorgenommen worden.

„Nicht jedes Fachrecht muss in der Bauordnung noch einmal abgebildet werden“, sagte Pallgen. „Die Bauordnung dient der Gefahrenabwehr, nicht der Regelung von Nistkästen. Arten- und Naturschutz – das schließt alle Forderungen von Lichtschutz über Nistkästen bis Vogelschlag mit ein – sollte deshalb in den entsprechenden Fachgesetzen geregelt werden.“

Bei der Begrünung von Dachflächen und Grundstücken sei eine einfache und neue Regelung vorgesehen. Eine rechtssichere Verbotsmöglichkeit von Schottergärten sei bereits jetzt geregelt, nach welchem die nicht überbauten Flächen „wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und zu begrünen oder zu bepflanzen“ sind. Pallgen: „Heisst übersetzt: Schottergärten sind bereits jetzt verboten.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false