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Büroflächen stehen immer häufiger leer.

© picture alliance / dpa / Roland Holschneider

Trend zum Homeoffice: Immer mehr Büros in Berlin stehen leer

Vermieter müssen sich neue Geschäftsmodelle überlegen. Der Leerstand von immer mehr Büros wirft aber noch weitere Fragen auf.

Büroflächen zu vermieten ist ein Selbstläufer? Das war einmal. Mit der Tendenz zum Homeoffice hat sich die Bedarfslage deutlich geändert. Heute klafft in Berlin eine Lücke zwischen unterschiedlichen Bürosegmenten. Es gibt weiterhin Büros, mit deren Vermietung hohe Mieten erzielt werden: In den sehr zentralen Lagen innerhalb des S-Bahnrings liegen die Quadratmetermieten weiterhin zwischen 30 und 35 Euro im Durchschnitt, im Neubau sind die Mieten seit dem vergangenen Jahr sogar leicht gestiegen. Die Spitzenmieten liegen bei mehr als 43 Euro. Diese Zahlen präsentierte Kemal Zeyveli, Geschäftsführer des Branchenanalysten Colliers in Berlin.

Anders sieht die Lage außerhalb des S-Bahnrings und bei Bestandsbauten aus, deren Ausstattung neueren energetischen Standards nicht mehr entspricht. Außerhalb des S-Bahnrings sank die Durchschnittsmiete auf etwa 21 Euro pro Quadratmeter; besonders stark ging sie dort auch bei Neubauprojekten zurück. „Der Gap zwischen den sehr guten Lagen und den Lagen außerhalb des S-Bahnrings vergrößert sich“, sagt Zeyveli.

Der Trend zum Homeoffice zeigt sich ganz deutlich daran, dass nun immer mehr Büroflächen leer stehen: Laut den Zahlen von Colliers waren es 2019 nur 1,2 Prozent der Berliner Büros, im ersten Quartal 2023 allerdings schon vier Prozent, Tendenz steigend. Für 2026 gehen die Analysten von einem Leerstand von knapp sechs Prozent aus. Auch eine neuere Untersuchung von Combine Consulting zeigt einen ähnlichen Trend: Demnach liege die Büroauslastung 2023 deutschlandweit nur noch bei rund 41 Prozent, allerdings mit unterschiedlichen Belegungsdichten an den verschiedenen Wochentagen: Montag und Freitag würden vielerorts als Homeoffice-Tage genutzt.

Der Gap zwischen den sehr guten Lagen und den Lagen außerhalb des S-Bahnrings vergrößert sich.

Kemal Zeyveli, Geschäftsführer von Colliers Berlin

Für Berlin bringt das einige Herausforderungen mit sich: Man sehe, „dass teilweise Flächen mit tausenden oder sogar zehntausenden Quadratmetern leer stehen“, berichtet Martin Ballweg, Geschäftsführer von Scaling Spaces, einem Unternehmen, das Untervermietungen solcher leerstehenden Flächen organisiert. Diese werden dann häufig als Flex-Offices oder Co-Workings-Spaces angeboten. An Flächen könne man grundsätzlich alles bespielen, ob Fabrikgebäude, Einkaufszentrum oder Neubau. Aber außerhalb des S-Bahnrings? Da hat auch sein Unternehmen keine Flächen im Portfolio.

Hotel statt Büro

Derweil hat die DIE AG als Projektentwickler sich bereits entschieden, zwei von drei Gebäuden des „Mizar-Gate-Offices“ in Neu Schönefeld, also in unmittelbarer Nachbarschaft zum BER, nun doch nicht wie ursprünglich geplant als reine Bürogebäude zu vermieten. Das eine Haus wird in ein Hotel verwandelt, das andere zum Appartmenthaus. „Darum sind wir jetzt erfreulicherweise bei einem Vermietungsstand von 90 Prozent“, sagt Felix Gold, Geschäftsführer der DIE AG.

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Prozent der Büroflächen stehen in Berlin aktuell offiziell leer.

Der zunehmende Leerstand bei Büroflächen wirft gerade angesichts des drängenden Wohnungsmangels in Berlin die Frage auf: Kann man nicht mehr von diesen frei werdenden Flächen in Wohnraum umwandeln? Martin Pallgen, Sprecher der Stadtentwicklungsverwaltung, reagiert auf Tagesspiegel-Anfrage zurückhaltend. Grundsätzlich gelte natürlich: Fast jede Nutzung sei besser als Leerstand. Aber: „Gewerberaum kann nicht „ohne weiteres“ zu Wohnraum umdeklariert werden.“ Dafür seien Verfahren nötig, Wohnen sei zudem nicht in allen Gebieten zulässig, wie zum Beispiel in Gewerbegebieten. Auch Brandschutzproblematiken seien zu berücksichtigen.

Pläne, solche Umdeklarierungsverfahren zu beschleunigen, liegen von der Seite des Senats aber offenbar nicht vor. Die Nachfrage, ob analog zum geplanten „Schneller-Bauen-Gesetz“ nicht auch ein „Schneller-Umdeklarieren-Gesetz“ sinnvoll sei, ließ die Senatsverwaltung bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Einen Trend würde aber auch ein solches Gesetz wohl nicht beheben: die heftige Konkurrenz um die Flächen in der Innenstadt. Laut DIE AG-Geschäftsführer Gold tendieren „Unternehmen, die gegen die Homeofficetendenz ankämpfen, dazu, sich mehr zu bewegen als vorher, um in attraktivere, modernere Flächen zu ziehen und ihren Mitarbeitern etwas zu bieten.“ Der Mietanteil pro Kopf sei auch bei Quadratmetermieten von 30 oder 40 Euro deutlich geringer als die Personalkosten.

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