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Margarete Koppers, Generalstaatsanwältin von Berlin.

© dpa/Christophe Gateau

Anweisung für geringere Geldstrafen für Arme: Berlins Chefanklägerin meint es gut, verletzt aber Grenzen

Bei Bürgergeld-Empfängern sollen geringere Geldstrafen beantragt werden. Chefanklägerin Margarete Koppers hat ein berechtigtes Anliegen, doch Gewaltenteilung geht anders.

Ein Kommentar von Alexander Fröhlich

Es ist ein gut gemeintes Anliegen: Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers will die Geldstrafen für Menschen, die am Existenzminimum leben, auf ein Drittel senken. Gemeint sind jene, die Bürgergeld empfangen. Bislang galt bei Geldstrafen für sie ein Satz von 15 Euro pro Tag, bemessen an der Höhe ihrer Monatseinkünfte.

Koppers hat Staats- und Amtsanwälte angewiesen, künftig für solche Personen nur noch fünf Euro pro Tag zu beantragen.Ein Beispiel: Jemand wird zu 40 Tagessätzen verurteilt, weil er im Laden gestohlen oder wiederholt ohne Fahrschein gefahren ist. Bislang wäre eine Geldstrafe von 600 Euro fällig geworden, nach Koppers Vorgabe soll die Staatsanwaltschaft nur noch 200 Euro fordern.

Das Problem bei den Geldstrafen: Viele können diese nicht bezahlen, nicht einmal in Raten. Manche sind auch gar nicht mehr erreichbar und überfordert vom Leben, haben Drogen- oder Alkoholprobleme, sind arbeitslos, haben kein Obdach, können die Strafe auch nicht abarbeiten. Wer nicht zahlt, muss die Strafe im Gefängnis absitzen. So geht es pro Jahr Tausenden.

Koppers meint, selbst bei Ratenzahlung seien 15 Euro pro Tag zu einschneidend: Die Strafe treffe diese Personen härter als Menschen mit höheren Einkommen, können sie noch tiefer herabstürzen und das Problem verschärfen. Die Chefanklägerin meint: Die niedrigere Geldstrafe sei weiter eine spürbare Sanktion, könne aber leichter abbezahlt werden, um Ersatzhaft zu vermeiden. Schließlich spart der Staat: Ein Hafttag kostet in Berlin 226 Euro.

Aber gut gemeint ist nicht gut gemacht. Erstens: Die Gerichte müssen schon jetzt die Lebensumstände in jedem Einzelfall neu berücksichtigen. Richter bleiben schon jetzt unter 15 Euro pro Tag. Zweitens, und das ist gewichtiger: Koppers macht als Teil der Exekutive eine Vorgabe, die die Judikative in ihrer Unabhängigkeit einschränkt. Sie greift in Regeln eines Bundesgesetzes ein – und macht neue nur für Berlin. Sie macht Politik durch die Hintertür, wo der Bundesgesetzgeber gefragt wäre. Gewaltenteilung geht anders.

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