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Einer der wandernden Schwertwale (küstennahe Gruppe) greift einen Seelöwen an.

© Josh McInnes, CC-BY 4.0

Wie Hochsee-Orcas Beute machen: Jagdtechniken der spezialisierten Räuber beobachtet

Wandernde Schwertwale sind dafür bekannt, dass sie Jagd auf Meeressäuger machen. Doch im offenen Meer ist das gar nicht so einfach.

Von Luisa Heyer, dpa

Im offenen Meer setzen wandernde Orcas neuen Analysen zufolge spezielle Jagdtechniken ein, um Meeressäuger zu erbeuten. Seelöwen würden meist von mehreren Orcas umzingelt, die das Beutetier rammten, berichtet ein Forschungsteam im Fachjournal „PLOS ONE“. Oft würden Seelöwen auch mit dem Schwanz geschlagen oder in die Luft geworfen.

Bei der Jagd nach Grauwal-Kälbern hingegen verfolgten die Orcas Walmutter und Kalb zunächst so lange, bis das Jungtier ermüde und sie es von der Mutter trennen könnten, hieß es. Gemeinschaftlich attackierten die Jäger dann das Kalb, wobei sie es meist von oben rammten und so daran hinderten, aufzutauchen und Luft zu holen. Die Kälber ertrinken dann. In einigen Fällen brächen die Orcas dem jeweiligen Jungtier auch gezielt den Kiefer. 

Orcas (Orcinus orca), auch Schwertwale genannt, kommen in Ozeanen auf der ganzen Welt vor, bilden aber getrennte Ökotypen mit eigener Sozialstruktur, speziellen Nahrungsvorlieben und abweichendem Jagdverhalten. Die wandernden (Englisch: transient) Schwertwale sind auf Meeressäugetiere als Beute spezialisiert. Sie werden auch Bigg’s Orcas genannt. Ihr nomadisches Verhalten wurde vom Schwertwal-Forschungspionier Michael Bigg beschrieben.

Sie sind die einzige Population, die sich auf Meeressäuger als Beute spezialisiert hat. Auch hier existieren zwei Gruppen: eine in flachen Küstengewässern (Inner-Coast-Orcas) und eine auf Hoher See lebende (Outer-Coast-Orcas).

An den Küsten lassen sich Meeressäuger wie Seelöwen in die Enge treiben. Im offenen Meer sei das nicht möglich, erläutern die Forschenden um Josh McInnes von der University of British Columbia in Vancouver. Sie trugen Daten aus Untersuchungen von Meeressäugern zwischen 2006 und 2018 und Whale-Watching-Touren zwischen 2014 und 2021 zusammen, um das Jagdverhalten von Orcas am Monterey Submarine Canyon in Kalifornien zu analysieren. Diese Schlucht zieht sich am Meeresboden über 150 Kilometer weit und teils mehr als 3000 Meter tief in den Pazifik hinaus.

In der Region leben viele Meeressäuger wie Delfine, Seelöwen, Seeotter und See-Elefanten. Bartenwale ziehen auf ihren Wanderungen vorbei. Orcas begegnet man dem Forschungsteam zufolge häufig im Frühjahr, wenn Grauwale von Mexiko, wo sie ihre Kälber gebären und aufziehen, nach Norden ziehen. 

Insgesamt wurden 87 erfolgreiche Beutezüge in die Analyse einbezogen. Bei der Jagd setzen Outer-Coast-Orcas demnach Jagdtechniken ein, die sich von denen anderer Schwertwale unterscheiden, fanden die Forschenden heraus. Hauptsächlich wurden Kalifornische Seelöwen, Grauwal-Kälber und Nördliche See-Elefanten erbeutet. Das Wissen darum, wie die jeweilige Beute erlegt werden muss, werde womöglich kulturell von Generation zu Generation weitergegeben, vermutet das Team um McInnes.

Kalifornische Seelöwen wurden den Beobachtungen zufolge überwiegend in der Gruppe gemeinsam gejagt, wobei die Jungtiere abseits blieben und die Männchen und Weibchen das Beutetier abwechselnd rammten. Zudem wurden Orcas beobachtet, die Seelöwen packten und in die Luft warfen. Die Jagd auf solche Beutetiere dauerte zwischen 18 Minuten und 1,5 Stunden, der Kadaver wurde jeweils aufgeteilt.

Jagdzüge auf Grauwalkälber wurden den Ergebnissen zufolge oft von einem Orca-Weibchen eingeleitet. Die Wale wurden von der Orca-Gruppe so lange getrieben, bis das Jungtier ermüdete. Dann versuchten die Jäger, es von der Mutter zu trennen, indem sie es an der Flosse wegzogen. Auch hier rammten die Angreifer ihre 900 bis 1000 Kilogramm schwere Beute dann immer wieder, zudem wurden die Kälber gebissen und unter Wasser gedrückt. Eine solche Jagd dauerte 1,6 bis 5,3 Stunden.

Weitaus kürzer währten meist die Jagden auf Nördliche See-Elefanten und Delfine. Bei letzteren versucht die Orca-Gruppe jeweils, einzelne Tiere aus der Schule zu separieren. Mehrfach wurden zudem vor allem junge Schwertwale dabei beobachtet, wie sie Seevögel fingen, mit ihnen spielten und sie dann schwer verletzt oder bereits tot zurückließen.

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