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Dieser seltsame Parasit Pilostyles aethiopica lebt in den Zweigen anderer Pflanzen und ist nur während der Blüte sichtbar. Früher dachte man, er sei eng mit Kürbissen und Begonien (Cucurbitales) verwandt, doch die Studie ergab, dass er zur Ordnung der Malpighiales gehört.

© Sidonie Bellot

Um Darwins „unlösbares Rätsel“ zu lösen: Forschende stellen Stammbaum von Blütenpflanzen vor

Mit 330.000 bekannten Arten bilden Blütenpflanzen eine riesige Gruppe. Ein neuer Stammbaum zeichnet nun ein neues Bild – das auch ungewöhnliche und ausgestorbene Vertreter umfasst.

Ein internationales Forscherteam hat die bisher umfassendste Genomanalyse der Pflanzenwelt erstellt. Die Untersuchung von bislang fast zehntausend Blütenpflanzen zeigt unter anderem, dass Kürbisse und Rosen eng verwandt sind.

Bisher gingen Experten davon aus, dass Kürbisse eher Verwandte von Buchen sind. Die Studie unter Federführung der Royal Botanic Gardens in Kew im Südwesten Londons ist in der Fachzeitschrift „Nature“ erschienen.

Langfristiges Ziel des Genomprojekts ist es, einen Stammbaum aller 330.000 bekannten Blütenpflanzen zu erstellen. In jahrelanger Arbeit wurde weltweit aus Pflanzenmaterial in Museen DNS des Zellkerns extrahiert und die Erbinformation ausgelesen.

 Ein Stammbaum des Lebens für Blütenpflanzen.

© Kew Science

Die untersuchten Pflanzenproben waren teilweise hunderte Jahre alt. Anhand dieser riesigen Datenmenge versuchten die Forscher dann, die evolutionären Verbindungen zwischen den Arten aufzuklären. Solche Informationen sind demnach auch bedeutsam für die züchterische Verbesserung von Nutzpflanzen.

Wir wenden KI an, um vorherzusagen, welche Pflanzenarten Chemikalien mit pharmazeutischem Potenzial gegen Malaria enthalten.

Melanie-Jayne Howes, Forscherin an den Royal Botanic Gardens

Die Forschungsgruppe hofft, dass die Ergebnisse zu einer genaueren Klassifikation des Pflanzenreichs führen, in dem Blütenpflanzen etwa 90 Prozent aller Landpflanzenarten ausmachen. So bietet der Stammbaum neue Einblicke in die Entstehung und Verwandtschaftsverhältnisse der untersuchten Arten. Zudem soll angesichts des Klimawandels und des Verlusts der biologischen Vielfalt der Artenschutz durch die Erkenntnisse gestärkt werden.

Neue medizinische Wirkstoffe?

Darüber hinaus könnten die Daten zur Entdeckung neuer medizinischer Wirkstoffe führen: als Grundlage für den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). „In Kew wenden wir KI an, um vorherzusagen, welche Pflanzenarten Chemikalien mit pharmazeutischem Potenzial gegen Malaria enthalten“, sagt Melanie-Jayne Howes von den Royal Botanic Gardens, die nicht an der Studie beteiligt war. 

Unter den gut 9500 analysierten Arten befinden sich 800 Blütenpflanzen, deren DNA bis dahin noch gar nicht sequenziert worden war – darunter etwa der Baum Alstonia spectabilis, den das Volk der Tetum in Indonesien und Osttimor zur Behandlung von Malaria nutzt.

Explosionsartige Entwicklung

Die neue Datensammlung, die frei im Internet verfügbar ist, soll auch dazu beitragen, das „unlösbare Rätsel“ zu lösen, als welches Charles Darwin die schnelle Entwicklung der Blütenpflanzen vor mehr als 140 Millionen Jahren bezeichnete: Über 80 Prozent der heute existierenden Hauptlinien der Blütenpflanzen entwickelten sich damals fast schon explosionsartig in kurzer Zeit.

Medusanthera laxiflora, Mitglied der Familie der Stemonuraceae. Dieser kleine tropische Baum mit bizarren stecknadelartigen Früchten wurde früher der Familie der Stechpalmen zugeordnet. Der neue Stammbaum hat seine Gattung und Familie einer ganz neuen Ordnung zugeordnet.

© Danilo Tandang

Es ist immer noch nicht vollständig klar, wie die Blütenpflanzen so schnell so dominant werden konnten. Um den Stammbaum zu kalibrieren, wurden auch 200 Pflanzenfossilien aus verschiedenen geologischen Zeiträumen analysiert.

Die Forschenden aus 138 Organisationen in 27 Ländern untersuchten außerdem ungewöhnliche Pflanzen, wie den seltsamen Pflanzenparasiten Pilostyles aethiopica, der nur während der Blüte sichtbar ist. Wurde bisher eine Verwandtschaft mit Kürbissen und Begonien vermutet, ergab die genetische Analyse, dass er mit den Wolfsmilchgewächsen verwandt ist, zu denen auch der Kautschukbaum (Hevea brasiliensis) gehört. 

Eine der ausgestorbenen Pflanzen im Stammbaum ist Hesperelaea palmeri, auch als Olivenbaum der Insel Guadalupe vor der mexikanischen Küste bekannt. Die Ursache für sein Verschwinden liegt in der Überweidung durch eingeschleppte Ziegen.  (dpa, AFP)

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