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Halsbandsittiche in Gesellschaft.

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Tagesrückspiegel – Heute vor 609 Jahren: Bayerns Ludwig und die Fehde im Namen des Papageis

Sittichgesellschaft. Auf diesen Namen muss man erstmal kommen für einen Verein, in dem Geflügel ziemlich bedeutungslos ist.

Eine Kolumne von Richard Friebe

Warum, wenn schon im 15. Jahrhundert in Bayern ein Ludwig VII regierte, im 19. ein Ludwig II zum berühmtesten Ludwig von Bayern werden konnte, wäre mal eine nette Quizfrage. Die Antwort würde lauten: Die frühen Ludwige waren Herzöge, der Märchenkönig aber ein König, von den nicht ganz identischen Territorien ganz zu schweigen.

Papageien-Parodie

Die nächste Frage könnte dann lauten: Was ist die Sittichgesellschaft? Antwort: ein politisch-militärisches Bündnis gegen jenen Ludwig VII., genannt „der Gebartete“. Gegründet wurde sie heute vor 609 Jahren, am 17. April 1414, von Ludwigs Cousin Heinrich dem Reichen und ein paar anderen Fürsten aus der Gegend. Letztlich endete Ludwig, allerdings schon hochbetagt, als Gefangener einer aus der Sittichgesellschaft hervorgegangenen Allianz. Er starb, obwohl er sich wohl hätte freikaufen können, dies aber aus Stolz ablehnte, 1447 in Haft in Burghausen.

Natürlich bleiben auch dann viele Fragen. Eine ist die nach dem Grund für die exotisch-ornithologische Namensgebung des Bündnisses. Antwort: Man weiß es nicht. Vermutet wird, dass sie eine Parodie auf Ludwigs Wappenvogel ist. Der hatte den St.-Oswalds-Raben gewählt, Symbol eines Heiligen, der auch nicht gerade aus der Gegend, sondern aus dem angelsächsischen Northumbria stammte.

Sittiche jedenfalls waren in Europa schon in der Antike und dann wieder etwa ab dem 11. Jahrhundert recht weit verbreitete Vögel. Sie wurden in Volieren als Luxusobjekte gehalten, vor allem der Halsbandsittich. Der gehört zur Familie der Altweltpapageien, von denen wohl schon in der Bronzezeit erstmals Tiere domestiziert wurden.

Moderne deutsche Sittichgesellschaften

Im eigentlich für andere Betätigungen bekannten Kamasutra ist als eine von 64 Fähigkeiten, die ein Mann beherrschen sollte, aufgeführt: einem Halsbandsittich das Sprechen beibringen.

Ex-Exoten: Zwei Halsbandsittiche (Psittacula krameri) auf einem deutschen Gartenhaus.

© imago/blickwinkel / imago/blickwinkel

Auch im wohl ersten Naturkundebuch in deutscher Sprache, Konrad von Megenbergs „Buch der Natur“ (etwa 1350) kommt er sogar vielfach vor, ebenso in der Kunst des Spätmittelalters und der Renaissance, etwa bei Albrecht Dürer.

Und wie es kommen musste: Inzwischen brütet und überlebt der wärmeliebende Vogel in den wärmeren Gefilden Deutschlands auch draußen. Solche ökologischen Sittichgesellschaften mögen vor allem Platanen und fliegen auf Nahrungssuche in Schwärmen gerne zu Obstplantagen.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der Kolumne auf der Kolumnenseite des Tagesspiegel.

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